DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Entartete Kunst Mit dieser rassistischen Bezeichnung versahen die Nationalsozialisten Kunstwerke von Malern, Bildhauern, aber auch Musikern, die ihrer Vorstellung nicht entsprachen. Bereits am 24. Februar 1920 verkündete Adolf Hitler im Parteiprogramm der "Deutschen Arbeiter-Partei": "Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Einfluß auf unser Volksleben ausübt."
Deckblatt des Ausstellungskatakogs zur Deutschen Frühjahrsausstellung 1934
Deckblatt des Ausstellungskatalogs
zur "Deutschen Frühjahrsausstellung 1934" [3]


Deckblatt des Ausstellungskatakogs zur Kunstschau Deutsche Meister 1935
Deckblatt des Ausstellungskatalogs
zur "Kunstschau Deutsche Meister 1935" [4]

Jede künstlerische Darstellung des Menschen hatte der nordischen Rassenlehre zu entsprechen. Ein Wegbereiter dieser Rassenlehre war der Weimarer Architekt und Schriftsteller Prof. Dr. Paul Schultze-Naumburg (10.6.1869 - 19.5.1949), der in Wort und Bild Werke der modernen Kunst mit schrecklichen menschlichen Krankheiten zusammenstellte. Expressionistisch orientierte Künstler wie zum Beispiel Franz Marc, Otto Dix, Oskar Kokoschka u. a. galten als "bolschewistisch", "jüdisch", "krank", "entartet".

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurde diese Kunstauffassung radikal umgesetzt.

Im Vorwort zum Katalog der "Deutschen Frühjahrsausstellung" 1934" (siehe Abbildung) auf der Mathildenhöhe, veranstaltet vom "Kampfbund für deutsche Kultur" der Ortsgruppe Darmstadt, brachte der Darmstädter Kulturpolitiker Adolf Beyer die Geisteshaltung der Nationalsozialisten auf den Punkt:

Er habe seine Aufgabe darin gesehen, seiner "Vaterstadt eine Kunstschau zu bieten, die dem Wunsche des Führers entspricht, daß die deutsche Kunst das Volk wieder beglücken möge".

Weiter schreibt er:

"Ein fremdrassiges Händlertum, gänzlich verbildete Literaten und Kunstschwätzer suchten jede Äußerung völkischer deutscher Art zu unterdrücken und verhöhnten diejenigen als rückständig, die ihrem gesunden deutschen Sinn gemäß schufen und es ablehnten, jene fortwährend wechselnden Moden und Manieren mitzumachen, die ebenso in Paris und Berlin, wie in Prag oder Moskau daheim waren."

An der Ausstellung 1934 waren diese Darmstädter Künstler mit ihren Werken vertreten.

Zur Darmstädter "Kunstschau Deutsche Meister 1935" (siehe Abbildung), ebenfalls auf der Mathildenhöhe, bemerkte Beyer:

"Gewiß sind unsere Ausstellungen seit der Regierungsübernahme durch den Führer Adolf Hitler besser geworden, die offenbaren Unflätigkeiten, Zerrbilder, Darstellungen von Dirnen und Proleten, sowie expressionistische Stümpereien sind von ihnen verschwunden, aber wir beobachten doch auch allenthalben, daß Gestalten, die sich verzerrt im Hintergrund gehalten hatten, wieder an die Plätze zu stellen versuchen, die sie in der Systemzeit innehatten."

Auch an dieser Ausstellung 1935 beteiligte sich eine große Zahl Darmstädter Künstler.

In der Kunsthalle Darmstadt am Steubenplatz fand die Propagandazwecken dienende Ausstellung "Gesunde Frau - gesundes Volk" (Januar 1934) statt.

Ab Mitte Juni 1936 fand in den Räumen der Kunsthalle die angeblich sehr gut besuchte Wanderausstellung "Entartete Kunst" statt, für die in der Darmstädter Wochenschau in einem vierseitigen Artikel geworben wurde. Darin wird Hitler mit der Aussage zitiert, dass "der Führer wünscht, daß jeder Deutsche sie besucht". Sie enthielt Werke von Künstlern, die bereits 1933 mit Berufs- und Ausstellungsverboten belegt, ins Exil vertrieben, in den Selbstmord getrieben oder in Konzentrationslagern ermordet wurden. Die Werke der verfemten Künstler wie Ernst Barlach, Max Pechstein, Max Ernst, George Grosz, Paul Klee und Karl Schmidt-Rottluff wurden aus allen Museum verbannt, teilweise vernichtet, auf dem internationalen Kunstmarkt verkauft oder in großen Ausstellungen mit entsprechenden diffamierenden Kommentaren gezeigt. Gezeigt wurden 650 Kunstwerke, die aus 32 Museen in Deutschland konfisziert worden waren.

Handzettel zur Ausstellung in München 1937
"Für Jugendliche verboten"
Handzettel als Werbung für die Ausstellung "Entartete Kunst" in München [15]
Während man die Schau als Wanderausstellung in Deutschland und Österreich zeigte, wurden weitere 17.000 Werke aus über 100 Museen beschlagnahmt und größtenteils auf dem internationalen Kunstmarkt verkauft. Durch diese Aktionen sollte die moderne Kunst in Deutschland beseitigt werden.

Auch aus dem Darmstädter Landesmuseum wurden 82 Werke von Künstlern wie Ernst Barlach, Max Beckmann, Lovis Corinth, George Grosz, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Franz Marc, Emil Nolde, Max Pechstein (1881-1955), und des Darmstädter Paul Thesing entfernt. Die Gesamtliste der entfernten Werke aus dem Landesmuseum finden Sie hier.

Knieß zitiert in seiner Dissertation ein Schreiben von Adolf Beyer vom 17.7.1936 an den Präsidenten des Hessischen Kunstvereins Emmerling, in dem dieser Ölbilder der Städtischen Kunstsammlung von

August Babberger (1885-1936),
Josef Eberz (1880-1940),
Jakob Kahn (5.12.1899 Darmstadt - 22.6.1923 Darmstadt),
Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938 durch Freitod),
Kai Heinrich Nebel (1888-1953),
Max Pechstein (1881-1955) und
Alexander Posch (21.6.1890 Schönberg a. d. Bergstraße - 2.8.1950 Darmstadt)

als entartet bezeichnet.

In Darmstadt fanden weitere NS-Kunst-Ausstellungen 1940 und 1941 statt. Die teilnehmenden Künstler sind in diesen Listen aufgeführt.

Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14], Abbildungen: [3] [4] [15]

 

zurück zur Übersicht