DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Harnack, Arvid (24.5.1901 Darmstadt - 22.12.1942 Berlin-Plötzensee) war Sohn des an der Technischen Hochschule Darmstadt lehrenden Professors für Literaturgeschichte Otto Harnack. Nach dem Abitur wurde er Mitglied eines Freikorps. Im Jahr 1923 legte er nach dem Jurastudium in Jena, Graz und Hamburg das Erste Staatsexamen ab und promovierte 1924 in Jura. Von 1926 bis 1928 studierte Harnack als Rockefeller-Stipendiat Nationalökonomie in Madison (Wisconsin/USA).

Nach einem volkswirtschaftlichen Studium promovierte er 1930 zum Dr. phil. mit einer Dissertation zum Thema "Die vormarxistische Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten".

Urteil gegen Harnack und Schumacher
Urteil gegen Arvid Harnack vom 19. Dezember 1942 unter Vorsitz des Richters Alexander Kraell [6]
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Gemeinsam mit Friedrich Lenz, dem Begründer der Gießener Schule der Nationalökonomie gründete er 1931 die "Arbeitsgemeinschaft zum Studium der sowjetischen Planwirtschaft" (Arplan). Für Deutschland sah er eine wichtige Rolle als geistige und wirtschaftliche Brücke zwischen Ost und West. 1932 leitete er als Erster Sekretär der "Arplan" eine Studienreise in die Sowjetunion, an der zahlreiche führende Wissenschaftler teilnahmen.

Nach der Machtübertragung an Hitler musste die "Arplan" aufgelöst werden und Harnack erhielt eine Anstellung als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Reichswirtschaftsministerium in Berlin. In dieser Zeit sammelte sich um Harnack und seine Frau eine Gruppe Oppositioneller, die mögliche politische und ökonomische Entwicklungen nach dem Sturz des Naziregimes diskutierten. Im Jahr 1935 erhielt er eine feste Anstellung im Reichswirtschaftsministerium und war als Dozent für Außenpolitik an der Berliner Universität tätig. Ein Jahr später nahm Harnack vertrauliche Kontakte zur sowjetischen und amerikanischen Botschaft auf, um die politische und wirtschaftliche Lage Deutschlands darzustellen. Um als regimetreuer Mitarbeiter zu erscheinen, wurde er 1937 Mitglied der NSDAP.

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges arbeitete die Gruppe um Harnack mit dem Kreis um Harro Schulze-Boysen zusammen. Sie verhalfen einigen vom NS-Regime Verfolgten zur Flucht, verteilten illegale Flugschriften und hielten Funkkontakt mit der Sowjetunion. Diese Gruppe wurde später als Rote Kapelle und als Spionageorganisation im Dienste der Sowjetunion bezeichnet.

Ab 1940 hatte Harnack Kontakt mit der kommunistischen Berliner Widerstandsgruppe um Walter Husemann (1909-1943). Weiter beteiligte er sich an der illegalen Zeitschrift "Die innere Front. Kampfblatt für ein neues freies Deutschland". Kurz vor dem Angriff auf die Sowjetunion lieferten Harnack und Schulze-Boysen wichtige Informationen über die geplante Offensive an die Sowjetunion. Im Jahr 1942 - inzwischen Oberregierungsrat - wurde im Untergrund seine Studie "Das national-sozialistische Stadium des Monopolkapitals" verbreitet.

Am 14. Juli 1942 wurden Harnack und Schulze-Boysen von der Abwehr enttarnt und seitdem überwacht. Am 7. September wurde schließlich das Ehepaar Harnack verhaftet. Am 19. Dezember verurteilte das Reichskriegsgericht Harnack (zusammen mit Elisabeth Schumacher und anderen) nach einem viertägigen Prozess zum Tode (siehe Gerichtsurteil). Nach Folterungen durch die Gestapo wurde Arvid Harnack am 22. Dezember in Berlin-Plötzensee durch den Strang hingerichtet. Seine Frau wurde zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Hitler hob das Urteil wenig später auf. Eine weitere Gerichtsverhandlung endete mit der Verkündung der Todesstrafe. Sie wurde am 16. Januar 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Gedenktafel Arvid Harnack
Gedenktafel in Erinnerung an Arvid Harnack in der Hochstraße 68 (2012)

In Darmstadt, Harnacks Geburtsort, weist keine Straße oder Platz auf diesen Widerstandskämpfer hin. Auch das Stadtlexikon [5] aus dem Jahr 2006 würdigt ihn mit keinem eigenen Beitrag. Unter dem Stichwort "Nationalsozialismus" findet er kurze Erwähnung, auch, dass an seinem Geburtshaus in der Hochstraße 68 in Darmstadt seit dem Jahr 2002 eine Gedenktafel angebracht ist.


Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6], Abbildungen: [6], Autoren

 

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