DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Beyer, Adolf
(19.8.1869 Darmstadt - 19.7.1953 Darmstadt) stammte aus einem sozialen Umfeld, das
geprägt war von der künstlerischen Tätigkeit seiner Eltern. Sein Vater
war der Darmstädter Theatermaler Carl Beyer, der die Talente seines
Sohnes erkannte und sie förderte. Beyer besuchte die Kunstakademien in
Karlsruhe und München. Zusammen mit Ludwig
Habich betrieb er eine von
ihm 1901 begründete Kunstschule und war seit 1907 an den
Großherzoglichen Lehrateliers für angewandte Kunst tätig. Im Jahr 1911
wurde ihm hierfür der Titel Professor verliehen. Beyer fühlte sich
schon in den 20er Jahren der faschistischen Bewegung, sprich den
Nationalsozialisten, verbunden. So zeigte er 1923 den Maler Otto Dix
wegen dessen Gemälde "Salon II" des Verbreitens unzüchtiger
Darstellungen an. Diese Anzeige wurde vom Landgericht Darmstadt und
auch der lokalen Kunstszene als Angriff auf die Kunstfreiheit zurück
gewiesen. 1931 malte er in der Zeit des Verbotes der NSDAP ein
großformatiges Ölgemälde, das Adolf Hitler in kämpferisch-heroischer
Pose darstellte. Er gab seinem Werk den Titel: "Der Führer in der
Kampfzeit". Im Zuge der faschistischen Machtergreifung wurde dieses von
der Hessischen Landesregierung erworben und erhielt im
Staatsministerium einen "Ehrenplatz".
Beyer war bekennendes Mitglied der NSDAP. Eine Stadtverordnetenliste führte den in der
Annastraße 61 wohnhaften Adolf Beyer als
-
- Vorwort im Austellungskatalog
(Klicken zum Vergrößern [4])
Ratsherrenmitglied seit 1933 auf. Von Anfang an hatte er seinen Sitz im faschistisch
gleichgeschalteten Darmstädter Rathaus. Als 1934 die "Deutsche
Frühjahrsausstellung" und 1935 die "Darmstädter Kunstschau deutscher
Meister" stattfand (siehe Entartete Kunst),
war Adolf Beyer derjenige, der als Verantwortlicher dem
völkisch-nationalen Kunstverständnis des NS-Regimes eine breite
Öffentlichkeit verschaffte. Der faschistische Oberbürgermeister
Wamboldt in Darmstadt würdigte Beyer im Rahmen des ihm 1934 verliehenen
Kulturpreises der Stadt Darmstadt als jemanden, der sich "... nach der
nationalsozialistischen Machtergreifung...rückhaltlos zur Erfüllung der
kunst- und kulturpolitischen Aufgaben der Stadt zur Verfügung gestellt
hat" [3].
Im Rahmen von
Eröffnungsreden verschiedener Kunstausstellungen, u.a. auch auf
der Mathildenhöhe, brachte er sein Verhältnis zur NS-Diktatur
immer wieder zum Ausdruck. Er sprach davon, dass er eine Kunstschau
bieten will, die dem "Wunsch des Führers" entspräche und in der zum
Ausdruck kommen sollte, "... dass kein anderes Volk der Welt uns
künstlerisch überlegen ist." In einem polemischen Vorwort im
Ausstellungskatalog der "Deutschen Frühjahrsausstellung", die von März
bis September 1934 auf der Mathildenhöhe stattfand, ließ sich Adolf
Beyer über den "... in der ganzen Kunstgeschichte beispiellosen
Niedergang" aus. - Die "Herrschaft des Minderwertigen" hätte den
Deutschen eingeredet, "es gäbe keine deutsche Kunst mehr". Auch
benannte er die Schuldigen dieser Entwicklung: "... fremdrassiges
Händlertum, gänzlich verbildete Literaten und Kunstschwätzer." Als
"Zeichen des Verfalls, trauriges Treiben und Schreckenskammern"
bezeichnete er u.a. die Nationalgalerie in Berlin, die mit der
Anschaffung von "gehobenen Vertretern einer rohen Unkunst", wie Van
Gogh, Renoir, Manet etc. diesen Raum verschaffe und gleichzeitig die
finanziellen Mittel zur Förderung völkisch-nationaler Kunst unsinnig
verschlingen würde. Den von den Nationalsozialisten 1939 gestifteten
Kulturpreis der Stadt Darmstadt erhielt er 1943 verliehen.
Seine Einstellung in der Zeit des Nationalsozialismus wurde nach 1945
zunächst nicht hinterfragt. Seit dem 12. Dezember 1973 gibt es in
Darmstadt-Arheilgen einen Beyerweg. Die Frage, ob einem solchen Sohn der Stadt Darmstadt die Ehre einer
Straßenbenennung zu Teil werden sollte, wird etwa seit dem Jahr 2011
kontrovers diskutiert. 2013 hat die Stadt Darmstadt entschieden, den Beyerweg
nicht nach Adolf Beyer, sondern nach dessen Vater Carl Beyer zu
benennen. So muss praktischerweise nur der Textzusatz am Straßenschild
angepasst werden.
Beyer war seit 1904 mit der Malerin Anna Beyer (gestorben 1922)
verheiratet. Nach ihr, die auch als Malerin tätig war, ist seit 2001
der Anna-Beyer-Weg benannt.
Q:
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Faksimile:
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