Ende der 1920er Jahre hatte die Gauleitung ihren Sitz im sogenannten Braunen Haus, einer Liegenschaft der Familie Neuschäffer in der Bismarckstraße 11. Die Kreisleitung hatte ihren Sitz in der Hügelstraße 15.
Im überwiegend vom Bürger- und Beamtentum geprägten Darmstadt hatte es die
NSDAP leichter als in anderen Städten des Deutschen Reiches, Anhänger
zu gewinnen. Bei fast allen Wahlen zwischen 1924 und 1933 lag der
Stimmenanteil der NSDAP - wie aus den Aufstellungen zu ersehen ist - in
Darmstadt deutlich über dem Reichsdurchschnitt.
Begünstigt
wurde dieser rasche Anstieg durch den gleichzeitigen Niedergang der einst so
starken Deutschen Volkspartei (DVP), der Deutschen Demokratischen
Partei (DDP) und der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Vor allem
die DVP, die in Darmstadt ihre Hochburg besaß und 1928 noch fast 30
Prozent der Wähler in Darmstadt hinter sich hatte, schrumpfte bei der
Landtagswahl im November 1931 auf 4,9 Prozent fast bis zur
Bedeutungslosigkeit.
Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise
und
dem Anwachsen der nationalsozialistischen Bewegung nahm auch
der
NS-Terror zu. Ludwig Engel, der spätere Oberbürgermeister von
Darmstadt, wies in diesem Zusammenhang auf die Haltung des damaligen
Hessischen Innenministers Wilhelm
Leuschner hin:
"Am 16. November
1930 warnte er mit besonders scharfen Worten auf dem damaligen
Paradeplatz, dem heutigen Friedensplatz, in Darmstadt vor der
faschistischen Gefahr und rief zum entschlossenen Kampf gegen die
Gewaltmethoden der Nazis auf."
Wie andernorts stellte sich
auch in
Darmstadt schon am 30. Januar 1933 heraus, dass diese Warnung nicht
unbegründet war. Der Groß-Gerauer SA-Führer Moos berichtete über das
Stören und Verhindern von Veranstaltungen gegnerischer Parteien und
Organisationen:
"Eine Abwechslung im SA-Dienst bedeutete es,
wenn es
galt, eine Veranstaltung zu sprengen oder zu stören. Daß derartige
Unternehmen natürlich auf den heftigsten Widerstand der Gegner stießen,
ist selbstverständlich."
Die NSDAP veranstaltete am
Abend des 4.
März 1933 noch einmal einen großen Aufmarsch auf dem Marienplatz, wo
die versammelte Menschenmenge der Rundfunkrede Hitlers zuhört. In
Griesheim und Ober-Ramstadt wurden mehrere Menschen schwer bzw. tödlich
verletzt, als Angehörige der SA und SS Schießereien vom Zaun brachen.
Der SA-Mann Moos beschrieb die Situation folgendermaßen:
"In
der
Nacht vom 4. auf den 5. März beherrscht die SA in ganz Hessen die
Straße. Wo sich der Gegner zeigt, wird er nach Hause gejagt. Fühlbar
begreift es das Gesindel, daß seine Stunde geschlagen hat, und wo
früher bei Zusammenstößen die wehrlose SA die Erde mit ihrem Blut
benetzte, schafft sie heute auf eigene Faust Ruhe. Mutlos sehen die
Roten dem Wahltag entgegen. Ihre Führer sind geflohen. Was werden die
Nazis mit ihnen anfangen?"
In Darmstadt selbst
hatten die Nazis
zwar ihr Wahlziel, die 50 Prozent-Marke, erreicht, waren aber in den
Teilen der Stadt, in denen vorwiegend Arbeiterschaft wohnte, schwächer
als das gemeinsame Stimmenpotential der Arbeiterparteien geblieben.
Nach
den Reichstagswahlen wurden sämtliche noch nicht unter faschistischer
Herrschaft stehenden Länder (Hessen war immer noch offiziell
SPD-regiert) innerhalb kürzester Zeit von der NS-geführten
Reichsregierung gleichgeschaltet.
In Darmstadt begann der 6.
März in
den frühen Morgenstunden mit der Hissung der Hakenkreuzfahne auf dem
Landtagsgebäude (heutiger Standort der Sparkasse Darmstadt am
Luisenplatz) und der gleichzeitigen Verbrennung der
schwarz-rot-goldenen Fahne durch die SA. Im Verlauf des Tages wurden
von SA- und Stahlhelm-Trupps auf fast allen öffentlichen Gebäuden, am
Nachmittag mit Genehmigung des hessischen Staatspräsidenten Adelung
auch auf dem Innenministerium, Hakenkreuze bzw. die schwarz-weiß-rote
(die Farben des Kaiserreiches) und die hessische Fahne angebracht.
Noch
am selben Abend wurde die hessische Staatsregierung de facto
entmachtet, als NS-Reichsinnenminister Frick den hessischen
Staatspräsidenten Adelung
in einem Telegramm anwies, gemäß § 2 der
Verordnung zum "Schutze von Volk und Staat", Befugnisse der obersten
Landesbehörde, soweit zur Erhaltung öffentlicher Sicherheit und Ordnung
notwendig, auf den als hessischen Staatskommissar eingesetzten
NSDAP-Landtagsabgeordneten Dr. Heinrich Müller zu übertragen.
Adelung
wies daraufhin die höchsten Polizeibeamten im Innenministerium an, die
Befehlsgewalt an Dr. Heinrich Müller zu übergeben. In Begleitung des
Gauleiters Sprenger,
einiger Sachwalter der NSDAP und SA-Leuten
besetzte Müller das Innenministerium und entwaffnete die sich dort
aufhaltenden Polizeieinheiten. Unmittelbar danach wurden das
Gewerkschaftshaus in der Bismarckstraße 19 sowie die Wohnungen Adelungs
und Leuschners besetzt. Gleichzeitig berief Müller den Mitverfasser der
Boxheimer Dokumente, Dr.
Werner Best, zum "Sonderkommissar für das
hessische Polizeiwesen". Außerdem setzte Müller Hilfspolizei ein, "die
aus den hinter der Reichsregierung stehenden Verbänden" entnommen
worden war.
In den folgenden Tagen, insbesondere in der Nacht
zum
10. März, wurden unter Leitung des Landeskriminalamts und unter Einsatz
der mit einer roten Armbinde versehenen Hilfspolizei
Massendurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei Organisationen wie der
SPD, der KPD, des Reichsbanners und ähnlicher Verbände vorgenommen. Die
ersten Verhafteten wurden entweder in das Polizeipräsidium in der
Hügelstraße oder in das "Braune Haus" in der Rheinstraße 48 gebracht
und verhört. Ebenso waren linksgerichtete Beamte von den Maßnahmen
betroffen. In einer Meldung des Hessischen Volksfreundes heißt
es dazu:
"U.a.
wurde am Mittwochvormittag auch der Gauleiter des hessischen
Reichsbanners, Lehrer Rosar, von SA-Leuten zum Braunen Haus geführt,
dort nach Mitteilungen von Augenzeugen mißhandelt und dann mit einem
Hakenkreuzfähnchen, das man ihm in die Hand zwang, durch die
Hauptstraße geschleppt. Nach einer Beschwerde beim Inhaber der
Polizeigewalt wurde diesem Willkürakt bald ein Ende bereitet. Rosar
wurde in Schutzhaft genommen."
Gleichzeitig mit der faktischen
Machtergreifung verstärkte die NSDAP ihre Bemühungen, die noch im Amt
befindliche Regierung Adelung-Kirnberger abzulösen. Bei der am 13. März
angesetzten Wahl zum Hessischen Staatspräsidenten sicherte man sich die
Stimmen der bürgerlichen Parteien für den eigenen Kandidaten Prof. Dr.
Werner. Adelung
hatte sich schon vorher von seiner Fraktion erbeten,
sich der Stimme enthalten zu dürfen, um ein "Unentschieden" oder seine
eigene Wiederwahl zu vermeiden. Da schon ein SPD-Abgeordneter und
sämtliche KPD-Abgeordnete verhaftet waren, stand der Wahl Werners
nichts mehr entgegen.
In derselben Sitzung wurde bei
Stimmenthaltung
der SPD ein Ermächtigungsgesetz verabschiedet, das der neugewählten
Nazi-Regierung fast uneingeschränkte Vollmachten erteilte:
"Die
Regierung wird ermächtigt, alle Maßnahmen im Rahmen der Verfassung zu
treffen, die sie im Hinblick auf die Not von Volk und Land, sowohl zur
Sicherung von Personen und Eigentum, als auch auf finanzrechtlichem,
wirtschaftlichem und sozialem Gebiet für erforderlich und dringend
erachtet".
Aufgrund dieses Gesetzes erließ das hessische
Gesamtministerium am 20. März eine Verordnung, die es ihr ermöglichte,
Bürgermeister und Beigeordnete nach Gutdünken zu entlassen und
einzusetzen. In Darmstadt wurden daraufhin am 30. März
Oberbürgermeister Rudolf Müller und Bürgermeister Delp und am 11. April
Bürgermeister Ritzert abgesetzt.
Das am 31. März verkündete
"Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich"
schrieb die Neubildung der Länder-, Provinzial- und Kommunalparlamente
entsprechend den Reichstagswahlergebnissen vom 5. März vor, wobei die
kommunistischen Mandate ersatzlos gestrichen wurden.
Mit dem
"Zweiten Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" vom 7.
April kam der hessische Gauleiter der NSDAP, Jakob Sprenger, an die
Spitze des Volksstaates Hessen und hatte in seiner Tätigkeit die "vom
Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik" zu beachten.
Nach
der Umbildung der Hessischen Staatsregierung durch Sprenger am 15. Mai
trat am folgenden Tag der neugebildete Landtag das erste Mal zusammen.
Die SPD-Fraktion nahm aus Angst vor Repressalien und Verhaftungen an
der Sitzung nicht teil.
In Darmstadt war am Tage vorher,
erstmalig
nach der Neuverteilung der Mandate, der Stadtrat zusammengetreten. Eine
Woche davor hatte die SPD-Fraktion noch an einer interfraktionellen
Sitzung teilgenommen, in der die Zusammensetzung der Ausschüsse
vereinbart wurde. Trotz der erneuten Besetzung des Gewerkschaftshauses
am 2. Mai und dem endgültigen Verbot für den "Hessischen Volksfreund"
als einer der letzten sozialdemokratischen Zeitungen Deutschlands,
hoffte man noch auf eine "Zusammenarbeit". Doch angesichts der
zahlreichen als Zuhörer aufgetretenen SA- und SS-Leute erschienen acht
der neun SPD-Abgeordneten nicht, sondern erklärten ihren Rücktritt.
Nach der einstimmigen Neubesetzung der städtischen Vertreter bei der
Stadtsparkasse und der HEAG sowie einiger Straßenumbenennungen, wie
z.B. des Luisenplatzes in Adolf-Hitler-Platz, schloss die Sitzung "mit
einem dreifachen 'Sieg Heil' auf den Reichspräsidenten, den
Reichskanzler und das deutsche Volk". Mit der Wahl von Dr. Heinrich
Müller zum Oberbürgermeister am 27. Juli und dem zu diesem Zeitpunkt
schon vollzogenen Anschluß von Abgeordneten der bürgerlichen Parteien
war die Machtergreifung der NSDAP in Hessen abgeschlossen.
NSDAP-Reichstagsabgeordnete
Darmstadt und mit Darmstadt-Bezug
Die
hier
dokumentierte Liste enthält die Reichstagsabgeordneten der
NSDAP
des Wahlkreises Darmstadt oder mit Darmstadt-Bezug von 1933-1945.
NSDAP-Stadtverordnete
bzw. NSDAP-Ratsherren
Im
Adressbuch des Jahres 1934 sind 35 Stadtratsmitglieder (die NSDAP war
die einzige zugelassene Partei) aufgeführt. Die hier dokumentierte
Liste enthält alle "Ratsherren" von 1933 bis 1945.
NSDAP-Oberbürgermeister
und Beigeordnete (Stadträte)
Die hier
dokumentierte Liste enthält die NSDAP-Oberbürgermeister und
Beigeordneten von 1933 bis1945.
Träger
des Goldenen Parteiabzeichens
Die
hier
dokumentierte Liste aus dem Jahr 1938 enthält die Namen der
Darmstädter, die mit dem Goldenen Parteiabzeichen ausgezeichnet
wurden.
Hauptamtliche
Mitarbeiter und Funktionsträger der NSDAP
Die
hier
dokumentierte Liste enthält alle Namen der hauptamtlichen
Mitarbeiter der NSDAP und deren Funktionäre soweit sie in den
Adressbüchern der Jahre 1933 bis 1945 enthalten sind, sowie aus anderen
angegebenen Quellen.
NSDAP-Dienststellen und ihre Unterorganisationen
Die hier dokumentierte Liste enthält alle Adressen von NSDAP-Dienststellen
und ihrer Unterorganisationen, soweit sie in den Adressbüchern der
Jahre 1933 bis 1945 enthalten sind sowie aus anderen angegebenen
Quellen.
Vermischtes
Hier sind verschiedene Ereignisse und Dokumente hinterlegt.
Q:
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7], Abbildung: Autoren