Leuschner kam, als Sohn des Ofensetzers Wilhelm Leuschner und dessen Ehefrau Marie Leuschner (geb.
Dehler) in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, 1909 als Holzbildhauer
nach Darmstadt, wo er sich der Gewerkschaftsbewegung anschloss. Hier
wurde er Bezirksleiter des Zentralvereins der deutschen Bildhauer. Im
Wintersemester studierte Leuschner an der Akademie der bildenden Künste
in Nürnberg. Er wurde Mitglied der SPD. 1911 heiratete er Elisabeth
Batz. Von 1916 bis 1918 nahm Leuschner am Ersten Weltkrieg teil.
Im Jahr 1919 zog er für die SPD als Stadtverordneter in das Darmstädter
Stadtparlament ein. Vorsitzender des Zusammenschlusses der Darmstädter
Gewerkschaften wurde er 1919 und 1924 Mitglied des Hessischen Landtags.
Von 1926 bis 1928 war er Bezirkssekretär des Allgemeinen
Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in Hessen und Hessen-Nassau. 1928
wurde er unter Staatspräsident Bernhard Adelung Innenminister in Hessen. Dieses
Amt hatte er bis Mitte März 1933 inne. 1929 holte er Carlo Mierendorff
als Pressesprecher ins Innenministerium. Er trat unter anderem mit
Plänen zum Autobahnbau hervor. Das am 16. Juli 1926 im Freistaat Bayern
verabschiedete "Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und
Arbeitsscheuen" wurde für Leuschner zur Vorlage für das von ihm im
Landtag des Volksstaates Hessen vorgelegte und am 3. April 1929
verabschiedete "Gesetz zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens", ein
unübersehbares Zeichen des Antiziganismus und weitverbreiteten
rassistischen Denkens schon in der Weimarer Zeit. Auch nach
Erkenntnissen des Politologen Herbert Heuß ist das Hessische
Zigeunergesetz" eng mit dem Namen Leuschner verknüpft, da mit diesem
Gesetz 1929 Darmstadt ausdrücklich zur "Nachrichtenzentralstelle für
Zigeuner und Landfahrer für Hessen" bestimmt wurde. Damit wurde lange
vor 1933 mit der lückenlosen Sondererfassung und Kontrolle der Sinti
und Roma in Hessen begonnen.
Im Jahr 1931 veröffentlichte er die
Boxheimer Dokumente, in denen der hessische Landtagsabgeordnete Werner Best,
Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter Partei
(NSDAP), Pläne zur Errichtung einer nationalsozialistischen Herrschaft
niedergelegt hatte. Die Boxheimer Dokumente ließen die beabsichtigte
Errichtung eines Terrorregimes deutlich erkennen, sie zeigten an, dass
der Legalitätskurs der Nationalsozialisten bloße Fassade war. Vor allem
aber profilierte sich Leuschner damit als entschiedener Gegner des
Nationalsozialismus.
1932 war Leuschner zum stellvertretenden
Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftbundes vom
Bundesvorstand ernannt worden und der ADGB entsendete ihn in den
Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts (IAA). Am 2. Juni 1933
wurde Leuschner für vier Tage inhaftiert und dabei misshandelt. Nach
seiner Freilassung zwangen ihn die Nationalsozialisten, zusammen mit
Robert Ley, dem Führer der Deutschen Arbeitsfront (DAF), die Sitzungen
des IAA in Genf zu besuchen. Als bekannter Führer der inzwischen
aufgelösten Freien Gewerkschaften sollte er die Anerkennung der
Deutschen Arbeitsfront als Gewerkschaft erreichen. Da er jedoch von der
Unterdrückung der Arbeiterbewegung berichtete, wurde er nach seiner
Rückkehr verhaftet.
Von 1933 bis 1934 wurde Leuschner in
"Schutzhaft" genommen. Stationen faschistischer Repression waren u.a.
das Zuchthaus bei Butzbach, das KZ Lichtenburg bei Torgau und das KZ
Bürgermoor bei Papenburg. Nach seiner Entlassung war er als
Kleinfabrikant in Berlin tätig, musste sich jedoch anfangs täglich bei
der Polizei im Zuge der politischen Überwachung melden. Er nahm
Kontakte mit sozialdemokratischen, kommunistischen und christlichen
Gewerkschaftsführern und auch zur Widerstandsbewegung Kreisauer Kreis
auf, um gemeinsamen Widerstand zu organisieren. Da seine Firma
kriegswichtige Patente zur Aluminiumverarbeitung besaß, traf er ab 1939
auch zahlreiche Mitglieder des militärischen Widerstands. Er war in
einem demokratischen Nachriegsdeutschland als Vizekanzler vorgesehen.
Nach dem missglückten Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 wurde Leuschner
verhaftet und gemeinsam mit Carl-Friedrich Goerdeler, Josef Wirmer,
Ulrich von Hassel und Paul Lejeune-Jung am 8. September 1944 vom
Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 in
Berlin-Plötzensee hingerichtet.
In Darmstadt wird vielfältig an Leuschner erinnert: