DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Weltkrieg in Darmstadt 1914 bis 1918
Am 1. August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, weil am 28. Juni 1914 in
Sarajewo Franz Ferdinand, der Thronfolger der österreichisch-ungarischen
Doppelmonarchie, von einem jungen "Terroristen" erschossen wurde. So
oder so ähnlich dürfte die Antwort Vieler auf eine entsprechende Frage
lauten. Aber
1. "bricht" ein Krieg nie einfach aus, er wird gemacht und
2. was hat der Mord im fernen Sarajewo mit dem Kriegsbeginn durch Deutschland zu tun?
Dies
war nur der äußere Anlass. In Deutschland hatte sich schon lange eine
Stimmung entwickelt, auf dem europäischen Kontinent eine
Vormachtstellung zu erringen. Die Militärs betrieben eine energische
Aufrüstung. In den Jahren nach 1910 wurde unter ihnen ein
"Präventivkrieg" diskutiert. Mehr kann in diesem Rahmen nicht
diskutiert werden - aber es gibt aufklärende Literatur.
Der
aufsteigende Nationalismus begünstigte eine steigende
Kriegsbereitschaft, auch die Sozialdemokraten wollten keine
"vaterlandslosen Gesellen" sein und stimmten Kriegskrediten zu.
Und so "brach" der Erste Weltkrieg aus, der fast neun Millionen Soldaten, darunter über
- zwei Millionen aus Deutschland, fast
- 1,5 Millionen aus Österreich-Ungarn, über
- 1,8 Millionen aus Russland, annähernd
- 460.000 aus Italien, über
- 1,3 Millionen aus Frankreich, rund
- 750.000 aus Großbritannien
und ca. 8 Millionen zivile Opfer forderte.
Hinzu kamen etwa 78.000 Tote aus den französischen und 180.000 Tote aus den britischen Kolonien.
Die USA verloren nach ihrem Kriegseintritt im April 1917 rund 117.000 Mann in Europa.
Die
Propaganda vermittelte der Bevölkerung auch, dass die deutschen
Soldaten fröhlich in den Krieg zogen und dokumentierte dies mit den
entsprechenden Fotoaufnahmen.
Wie es in Darmstadt zu dieser Zeit aussieht, wissen wir nur bruchstückhaft. Die
Berichterstattung im Darmstädter Tagblatt ist sehr aufschlussreich. Die
nachfolgenden Meldungen sollen zeigen, wie auf örtlicher Ebene die
Bevölkerung durch öffentliche Berichterstattung auf den Krieg
eingestellt bzw. vorbereitet wurde.
So werben im Juni 1914
große Anzeigen und mehrere Artikel für das "Darmstädter Kriegerfest",
das vom 18. bis 20. Juli von den
-
- Darmstädter Kriegerfest
Vereinigten Kriegervereinen Darmstadts
ausgerichtet wird.
7. Juni:
Werbung für ein "Grosses Militär-Massenkonzert" am 7. Juli im Städtischen Saalbau.
13. Juli:
das Residenztheater führt zum letzten Male das Stück "Die Katastrophe
d. österreichischen Erzherzog-Paares in Sarajewo" mit dem Hinweis "Von
der Polizei nach Besichtigung zur Vorführung zugelassen", auf.
17. Juli:
eine Anzeige weist darauf hin, dass im "Hugenschütz´ Felsenkeller" in
der Dieburger Straße jeden Dienstag und Freitag große Militärkonzerte
stattfinden.
18. Juli:
in der Brauerei "Hessischer Hof" findet ein "Großes Militärkonzert" statt.
Werbung für ein "Patriotisches Festkonzert", das am 19. August auf der Ludwigshöhe stattfinden soll.
19. Juli:
Werbung für ein "Grosses Militär-Konzert - Patriotischer Abend" im
Allee-Restaurant (Rummelbräu), Allee 61 am gleichen Abend.
25. Juli:
Bekanntmachung betreffend "Die Prüfung der Bewerber um die Berechtigung
zum einjährig-freiwilligen Militärdienst im Herbst 1914" fordert "die
jungen Leute, welche beabsichtigen, sich der im Herbst 1914
stattfindenden Prüfung zu unterziehen" auf, ihre Gesuche spätestens bis
zum 1. August 1914 einzureichen.
Hinweis auf
ein "Schießen mit scharfer Munition … auf dem Schießplatz bei Messel"
des XVIII. Armeekorps. Diese Schießerei fand bereits ab dem
2. Juli statt.
26. Juli:
auf der Ludwigshöhe findet erneut ein "Militärkonzert" statt.
27./28. Juli:
Schießübungen mit scharfer Munition auf dem Truppenübungsplatz Darmstadt.
30. Juli:
auf der Titelseite veröffentlicht das Tagblatt unter der Überschrift
"Der Krieg" das Manifest des Kaisers von Österreich, Franz Josef,
datiert vom 28. Juli.
31. Juli:
auf
der Titelseite erscheint ein weiterer ganzseitiger Beitrag unter der
Überschrift "Der Krieg. Deutschlands Friedensliebe".
1. August:
lautet die Schlagzeile "Der österreichisch-serbische Krieg. Allgemeine
Mobilmachung in Rußland - Deutschland im Kriegszustand".
2. August:
unter "Das Wichtigste vom Tage" heißt es: Der Kaiser hat gestern die
Mobilmachung angeordnet. Und in einem weiteren Artikel wird über "Die
Vorgeschichte des deutschen Ultimatums" ausführlich berichtet.
Eine Seite weiter wendet sich Oberbürgermeister Dr. Glässing an die
Bevölkerung in Stadt und Land. Er stimmt sie auf den bevorstehenden
Krieg ein.
Wiederum eine Seite weiter wird
in großen Buchstaben die deutsche Mobilmachung verkündet. "Das Großh.
Hessische Staatsministerium teilt soeben mit, daß die Mobilmachung
befohlen ist. Der 2. August (Sonntag) ist der erste Mobilmachungstag".
Vorstand des Damen-Turnvereins weist seine Mitglieder, die
Mädchengruppen der Turngemeinden, Wandervögel, Pfadfinderinnen usw.
darauf hin, dass das Vaterland in Gefahr ist. "Die Frauen, insbesondere
die Jugend, darf nicht zurückstehen! Sie muß wie die Männer
herbeieilen, um ihre Pflicht zu erfüllen. …"
Bürgermeister Mueller stellt für die "Bezirksverwaltung Darmstadt
Jungdeutschland" fest: "Unsere Jugend kann noch nicht gegen den Feind
ins Feld ziehen. Aber das Vaterland braucht auch sie, wenn die große
Stunde gekommen ist. …"
das Tagblatt
veröffentlicht eine Bekanntmachung vom 1. August, dass "durch Anordnung
des kommandierenden Generals des XVIII. Armeekorps" die Bestimmungen
über die Sonntagsruhe für den morgigen Tag (2. August 1914) aufgehoben
seien. Ordnung muß ja schließlich sein!
die "freiwillige Sanitätshauptkolonne vom Roten Kreuz" ruft: "Männer und
Jünglinge Darmstadts, die Ihr nicht der Reserve oder der Landwehr
angehört, jetzt ist die Zeit gekommen, dem Vaterland freiwillig große
Dienste leisten können".
der Hessische
Landesverein vom Roten Kreuz veröffentlicht "angesichts der über unser
liebes deutsches Vaterland hereingebrochenen Kriegsnot" einen Aufruf
"mit der herzlichen Bitte um Förderung seiner Zwecke". Der Aufruf
erscheint unverändert nochmals am 4. August.
3. August:
Auch die Freimaurerloge will nicht Abseits stehen. Ein Prof. Dr. Gaul
lädt daher die Mitglieder "mit ihren erwachsenen Angehörigen beiderlei
Geschlechts, sowie die Mitglieder der Caritas…zu einer dringlichen
Besprechung…" für Montag in das Logengebäude ein.
die Ausstellungsleitung der Künstlerkolonie gibt bekannt, dass die
Ausstellung bis auf weiteres geschlossen bleibt.
-
- Szene in Darmstadt 1914
Oberbürgermeister Glässing verurteilt in einer Bekanntmachung die
Weigerung mancher Geschäftsleute, "Papiergeld im Zahlungsverkehr
anzunehmen" und richtet "an die Vorstände aller Haushaltungen und an
unsere Hausfrauen die Bitte, die Geschäftsleute in entsprechender Weise
bei Abwicklung des Verkehrs aufzuklären und zur Beseitigung von irrigen
Meinungen beizutragen".
Die "Genossenschaft
freiwilliger Krankenpfleger im Kriege Kreisverband Darmstadt" verkündet
die Einrichtung von Kursen zur Ausbildung von Krankenpflegern.
Besonders werden die "militärfreien Akademiker" zur Beteiligung
aufgerufen. Aber auch Nichtakademiker seien willkommen.
3./4. August:
OB Dr. Glässing fordert alle im Bezirk der Stadt Darmstadt wohnhaften
Militärpflichtigen auf, sich alsbald und bis längstens Mittwoch, den 4.
August, im Stadthaus (Rheinstraße 16-18) zur Stammrolle anzumelden. Die
Aufforderung gilt für alle diejenigen, über deren Militärpflicht zur
Zeit noch keine endgültige Entscheidung vorliegt.
"Der Zivilvorsitzende der Ersatzkommission des Aushebungsbezirks
Darmstadt, Dr. Reinhart", bringt allen Militärpflichtigen zur Kenntnis,
"daß nach der nunmehr erfolgten Mobilmachung des Heeres alle
Zurückstellungen ihre Gültigkeit verloren und die Militärpflichtigen
sich unter Vorlage ihres Losungs- und Berechtigungsscheins sofort bei
der Ortsbehörde ihres Wohnorts zur Stammrolle zu melden haben".
4. August:
Aufruf des Hessischen Jagdklubs Darmstadt und der Privaten
Schützengesellschaft Darmstadt an alle Jäger und Schützen: "Es werden
noch zuverlässige Männer gesucht, die bereit sind, den
Sicherheitsdienst an den Bahnen usw. zu übernehmen. Leute, die mit der
Führung der Waffe vertraut sind, eignen sich besonders zu diesem
Dienst". Sie dienten dadurch dem Vaterlande.
die Hessische Eisenbahn A.-G. weist darauf hin, dass der Fahrplan der
Elektrischen Straßenbahn anlässlich der Mobilmachung nicht aufrecht
erhalten werden kann.
Die Israelitische
Religionsgemeinde Darmstadt ruft "anlässlich des Ausrückens unserer
Truppen ins Feld in unserer Synagoge (Hauptsynagoge) Friedrichstraße 2 "zu einem allgemeinen Bittgottesdienst" auf.
OB Glässing bereitet die Darmstädter Bevölkerung auf "Einquartierungen
in größerem Umfange" vor. "Die Stadt Darmstadt zeigt das Bild eines von
Patriotismus, Opferwilligkeit, Stolz und Begeisterung getragenen
Gemeinwesens. Ich bin überzeugt, daß die Bevölkerung in Erfüllung
meiner Bitte alles tun wird, um den Landesverteidigern, die hier das
erste Quartier nehmen und der Ruhe dringend bedürfen, ein Heim zu
bieten."
das Tagblatt veröffentlicht erst
jetzt das "Gesetz gegen den Verrat militärischer Geheimnisse", das
bereits am 3. Juni 1914 beschlossen wurde.
- Aufruf an Jünglinge und Mädchen, sich für die Ernte zu melden.
-
Hinweis, dass die Legitimationskarten, die die Arbeiterzentrale den
ausländischen Saisonarbeitern ausstellt, als genügender Ausweis
anzuerkennen ist.
- diejenigen Militärpflichtigen, welche 7 und
mehr Semester Medizin studiert und die noch nicht mit der Waffe gedient
haben, …, werden aufgefordert, sich "auf dem Bureau des
Bezirkskommandos I dahier, Neue Niederstraße 18, … zu melden". Diese
Aufforderung erschien auch bereits am 2. und 3. August.
- Ebenso
werden alle "nicht mehr dienstpflichtigen Offiziere,
Sanitäts-Offiziere, Veterinär-Offiziere, Beamten, Unteroffiziere und
Kraftwagenführer, die im Frieden keine Mobilmachungsbestimmung erhalten
haben und sich noch körperlich rüstig fühlen … gebeten, sich sofort
freiwillig zum Wiedereintritt in das Heer … zu melden".
- "Bekanntmachung betreffend das Verbot von Veröffentlichungen über
Truppen- oder Schiffsbewegungen und Verteidigungsmittel vom 31. Juli
1914"
- Aufruf des Apothekervereins im Großherzogtum Hessen an
alle "militärfreie approbierte oder unapprobierte Apotheker, die zu …
Stellvertretung für einberufene Apotheker bereit sind", sich zu melden.
-
Die Vereinigten Kriegervereine Darmstadt ersuchen "alle Kameraden, die
irgend abkömmlich und noch in der Lage sind, ein Gewehr zu tragen, sich
für den Bahnschutzdienst zur Verfügung zu stellen".
- Die Großherzogliche Direktion der Eleonorenschule fordert "Deutsche Mädchen heran zum Dienst für unser Vaterland".
-
Der Geheime Schulrat Dr. Mangold vom Großh. Ludwig-Georgs-Gymnasium
stellt fest, dass er mit Freude und Stolz gehört habe, "daß sich alle
unsere Oberprimaner, die dienstfähig sind, dem Vaterlande mit der Waffe
dienen wollen und daß manche jüngere Schüler sich bereits in anderer
Weise in den Dienst des Ganzen gestellt haben."
Ein ähnlicher Aufruf erfolgt vom Geh. Schulrat Dr. Otto der Großherzoglichen Direktion der Viktoriaschule.
-
Der Hessische Landes-Verein vom Roten Kreuz richtet an die
Automobilbesitzer den Aufruf, Automobile zur Beförderung des
Krankenpflegepersonals zur Verfügung zu stellen.
- Die
Frauenhilfe im Krieg 1914 appelliert "An die Mütter Darmstadts! …,
deren Männer ins Feld müssen und die tagsüber oder stundenweise dem
Erwerb nachgehen müssen, … ihre Kinder im Alter von 2-14 Jahren
tagsüber oder stundenweise in die Schule Rundeturmstraße zu schicken."
-
Die Schweinemetzger Darmstadts setzen die Einwohnerschaft Darmstadt
davon in Kenntnis, dass "infolge der Mobilmachung …ein großer Teil
unserer Metzgermeister und Metzgergesellen zu den Fahnen einberufen"
wurden und es daher den hiesigen Metzgern nicht mehr möglich ist, "ihre
geehrten Kunden auf Bestellung fragen zu lassen oder denselben Fleisch-
und Wurstwaren in die Wohnung zu schicken."
- Das
Großherzogliche Kreisamt Darmstadt weist auf Einschränkungen bei der
Abgabe von Benzin und Benzol sowie auf die zum militärischen
Nachrichtendienst benutzten Brieftauben hin. Sie tragen "die ihnen
anvertrauten Depeschen in Aluminiumhülsen, die an den Schwanzfedern
oder an den Ständern befestigt sind." Treffe eine Taube mit Depesche in
einem fremden Taubenschlag ein, so sei sie "ohne Berührung der an ihr
befindlichen Depesche unverzüglich der Großherzoglichen Bürgermeisterei
zu übergeben"
Was geschah weiter in Darmstadt?
In
Darmstadt wurden russische und französische Straßennamen entfernt.
Restaurantbesitzer und Geschäftsleute entfernten alles Fremdländische
aus ihren Firmenschildern.
Doch neben der Begeisterung gab es
auch große Unsicherheit und Widerstand gegen den Krieg. Im Vorfeld der
Mobilmachung fand in Darmstadt eine Protestkundgebung der SPD am Abend
des 30. Juli statt. Jedoch betonte der Darmstädter
Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Quessel (1872-1931) auf der
Kundgebung, dass der sozialdemokratische Soldat seine Pflicht erfüllen
werde.
Die Ortsgruppe Darmstadt der Deutschen
Friedensgesellschaft rief in einem öffentlichen Telegramm zur Erhaltung
des Friedens auf.
Nach dem Kriegsbeginn wurden auch in
Darmstadt schnell die negativen Folgen sichtbar:
Nahrungsmittelknappheit, Preissteigerungen und Arbeitslosigkeit. Trotz
eines öffentlichen Appells von Oberbürgermeister Glässing, keine
Hamsterkäufe zu tätigen bzw. keine künstlichen Preissteigerungen
durchzuführen, stiegen die Lebensmittelpreise.
Im Oktober 1914
gab es bereits 2300 Arbeitslose in Darmstadt. Der Fahrplan der
Eisenbahn wurde an die Kriegsbedingungen angepasst. Zeitungen wurden,
aufgrund von Papiermangel, immer dünner. Schulen wurden geschlossen,
ältere Schüler konnten nur noch ein Notabitur ablegen. Es kam zu
hastigen Eheschließungen vor der Einberufung. Frauen übernahmen die
Tätigkeiten der abwesenden Männer, was die Geschlechterrollen aufbrach.
Viele Kleinkinder wurden fremdversorgt. In Folge dieser Entwicklung
nahmen soziale Spannungen und Kriminalität zu. Aufgrund fehlender
Koordination arbeiteten die Stadtverwaltung, das Rote Kreuz, die
Kirchen, die Frauenhilfe und die Vereine aneinander vorbei.
Oberbürgermeister Glässing veranlasste deshalb die Gründung des
städtischen Hauptausschuss für die Kriegsfürsorge, um die öffentliche
Fürsorge besser zu organisieren.
In dieser Situation wuchsen
Misstrauen und Hysterie in der Bevölkerung. Die Menschen wähnten sich
von russischen und französischen Spionen umgeben. Es wurden Gerüchte
über feindliche Luftschiffe über der Stadt und Waffenlieferungen an den
Feind verbreitet. Vermeintliche Spione wurden durch die Darmstädter
Straßen gejagt. Das Militär rief die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren
und keine Gerüchte zu verbreiten.
Über die in Darmstadt
internierten Kriegsgefangenen wurde verbreitet, sie erhielten eine
bessere Versorgung als die einheimische Bevölkerung. Um die Stimmung zu
beruhigen, wurde die gesamte Darmstädter Presse zu einer Besichtigung
des Gefangenenlagers eingeladen.
Auch Darmstadt verlor durch den
Krieg viele Menschen. "Insgesamt sind in den vier Kriegsjahren über
2.000 Darmstädter "gefallen", während Arheilgen 216, Eberstadt 227
Kriegstote zu beklagen hatte", heißt es im 1980 erschienenen
Standardwerk "Darmstadts Geschichte".
An
die Toten des Ersten Weltkrieges erinnern ca. 20 Denkmäler im
öffentlichen Stadtbild und auf Friedhöfen. Eine vollständige Liste
aller Denkmäler und
Gedenkstätten in Darmstadt mit militärischem und
nationalsozialistischem Hintergrund findet sich hier.
Wie
endete der 1. Weltkrieg in Darmstadt?
Hierzu hatte der frühere
Darmstädter Oberbürgermeister Rudolf Mueller am 27. Dezember 1921 eine
Niederschrift angefertigt.
"Das Stellv. Generalkommando XVIII. A.
K. hatte die Stadtverwaltungen ... seines Bezirks auf den Nachmittag
des 7. November in das Kriegsamt des Stellv. Generalkommando nach
Frankfurt a. M. zu einer Besprechung über die Lage eingeladen. ... Ich
konnte aus Darmstadt berichten, daß sich dort bedrohliche Anzeichen
bisher nicht ergeben hätten. "
Am Tag darauf, dem 8. November,
habe er dem Oberbürgermeister Dr. Glässing und danach in einer Sitzung
mit Vertretern aller Parteien über diese Zusammenkunft in Frankfurt
berichtet. In der anschließenden Aussprache, an der auch "die Vertreter
der Gewerkschaften, und zwar die Herren Delp, Knoblauch und Stork, auf
Anfrage die Erklärung abgegeben hatten, daß ihnen bisher von Unruhen in
der Arbeiterschaft nichts bekannt sei, sie aber gegebenenfalls sich
dafür glaubten einsetzen zu können, eine aufkommende Bewegung in ruhige
Bahnen zu halten, hatte man allgemein das Gefühl der Erleichterung."
Auf
Frage an den Stadtkommandanten und Kommandeur des Truppenübungsplatzes
v. Randow, was er davon halte, zeigte sich, daß auch er von
militärischer Seite keine Auflehnung erwartete. Seine Einschätzung
beruhe auch auf einer Befragung seiner Offiziere.
So ging die Sitzung in der Erwartung zu Ende "daß es gelingen werde, das Schlimmste von der Stadt abzuwenden".
Kurz
vor dem Auseinandergehen sei jedoch von Randow vom Truppenübungsplatz
angerufen worden. Die ganze Lagerstraße sei mit Truppen angefüllt,
deren Abgesandte den General zu sprechen wünschten.
Abends um
9 Uhr wurde Mueller informiert, dass mehrere Bataillone mit Gewehren und
scharfer Munition den Marsch nach Darmstadt angetreten hätten.
Am
9. November begab sich Mueller "durch das revolutionäre Gewühl in den
Straßen" in das Stadthaus. Inzwischen hätte sich der Arbeiter- und
Soldatenrat im Kammergebäude konstituiert. "Zwischen der Stadt und dem
Arbeiter- und Soldatenrate kam es zu einer Verständigung des Inhalts,
daß jegliche Eingriffe in die Geschäfte der Stadtverwaltung,
insbesondere der Lebensmittelversorgung, unterblieben. Nennenswerte
Erschwerungen des Verwaltungsbetriebes sind dann auch in der Folge
nicht zu verzeichnen gewesen" - endet Mueller.
Derweil "dankte" in Berlin Wilhelm II ab, und die Republik wurde ausgerufen!
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