DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Sprenger, Jakob
(24.7.1884 Oberhausen/Pfalz - 7.5.1945 bei Kössen/Tirol) war bis zu seinem Selbstmord 1945 mächtiger NSDAP-Gauleiter in Hessen-Nassau.
Sprenger wurde als Sohn
eines Landwirts geboren. Das Handbuch des Reichstages 1938 gibt als
Konfession evangelisch an. Nach dem Besuch von Volksschule und
Progymnasium von 1890-1901 in Bergzabern begann er zunächst 1901/1902
im 18. Bayer. Infanterie-Rement als Einjährig-Freiwilliger und dann
1902 eine Ausbildung zum Verwaltungsdienst bei der Kaiserlichen
Reichspost. Nach Stationen bei der Reichspost in Mannheim und Hamburg
kam er 1912 nach Frankfurt, wo er bis 1932 - unterbrochen durch den
Ersten Weltkrieg, wo er seit 1916 als Leutnant diente - beim Postamt 13
in Frankfurt-Bockenheim arbeitete. Mitglied der NSDAP wurde er 1922.
Nach dem am 23. November 1923 erfolgten NSDAP-Verbot schloss er sich
der im Januar 1924 gegründeten Deutschen Partei (DP) an, die sich als
Auffangbecken für die nunmehr politisch-organisatorisch "heimatlos"
gewordenen Nationalsozialisten verstand. Für die im Mai 1924
angesetzten Reichstags- und Kommunalwahlen schloss sich die in
Frankfurt von ihm geführte DP mit anderen völkisch-nationalistischen
Gruppierungen zum Völkisch-Sozialen Block (VSB) zusammen, um Stimmen
aus dem rechten Lager zu bündeln. Bei den Kommunalwahlen am 4. Mai 1924
errang der VSB vier Mandate. Eines davon übernahm Ende April 1925 Jakob
Sprenger, der seit der Auflösung der DP im Juni 1924 zu den führenden
Mitgliedern der Frankfurter "Nationalsozialistischen Freiheitspartei"
(NSFP) zählte und im Stadtparlament vor allem durch sein teilweise
unparlamentarisches Verhalten auffiel. Nachdem die NSDAP am 27. Januar
1925 wiedergegründet worden war, traten die Frankfurter
VSB-Stadtverordneten in die NSDAP über.
Sprenger
erhielt am 14. August 1925 die Mitgliedsnummer 17009. In der Folgezeit
konzentrierte er sich mehr auf sein politisches Engagement als auf
seinen Beruf, den er 1932 schließlich zugunsten eines besoldeten
Parteiamtes aufgab. Als Anerkennung für seine herausragenden Leistungen
für die Frankfurter NSDAP ernannte Hitler am 1. März 1927 Sprenger zum
Gauleiter des Gaues Hessen-Nassau (-Süd). Damit war Sprenger in den
Kreis der so genannten "Vizekönige des Dritten Reiches" aufgestiegen,
als die die Gauleiter galten. Sitz der Gauleitung des Gaues
Hessen-Nassau (-Süd) war Frankfurt am Main. Als Adresse Sprengers - ob
als Privat- oder Dienstadresse ist unklar - gibt das Reichstagshandbuch
in Frankfurt den Kettenhofweg 129 an. Am 19. Dezember 1929 wurde
Sprenger zusätzlich zum unbesoldeten Mitglied des Frankfurter
Magistrats ernannt und am 14. September 1930 in den Reichstag gewählt
und am 5. Mai 1933 - nach der Gleichschaltung der Länder - auch
Reichsstatthalter in Hessen. Im Jahr 1930 war er Mitbegründer der
NS-Tageszeitungen "Frankfurter Volksblatt" und "Nassauer Volksblatt".
Um
den Jahreswechsel 1932/33 wurde Sprengers Zuständigkeit als Gauleiter
auch auf den bis dahin völlig unstrukturierten Nachbargau
Hessen-Darmstadt ausgedehnt. Das "Jakob-Sprenger-Haus“ in Darmstadt
befand sich am Rheintor, dem ehemaligen Main-Neckar-Bahnhof (heutige
Adresse in Darmstadt: Steubenplatz / Am Alten Bahnhof). Die Sprenger
nachgeordnete Landesregierung in Darmstadt bestand ab dem 16. Mai 1933
aus dem Ministerpräsidenten Dr. Werner und Staatssekretär Philipp Jung.
Ministerpräsident Werner und Landtagspräsident Dr. Werner Best
(Boxheimer Dokumente), die sich dem Abbau der Eigenstaatlichkeit
Hessens widersetzt hatten, wurden am 18. September 1933 durch Sprenger
entlassen. Sprengers großer Einfluss auf Partei und staatliche wie
kommunale Stellen in seinem Gau sorgte auch dafür, dass für die
Frankfurter Region wichtige und für Sprenger prestigeträchtige
Wirtschaftsprojekte vorangetrieben wurden wie z. B. der Bau der 1935
für den Verkehr freigegebenen Autobahn
zwischen Frankfurt, Darmstadt und Mannheim oder die
Errichtung des 1936 eingeweihten Flughafens Rhein-Main. Am 20. März
1935 übernahm Sprenger als "Führer der Landesregierung in Hessen" auch
formal die Leitung der Landesverwaltung. Die Bezeichnung "Volksstaat
Hessen" wurde nicht mehr verwendet. Reichsstatthalter Sprenger
verkündete am 5. Januar 1937 den Anschluss von Arheilgen und Eberstadt
an Darmstadt zum 1. April 1937. Ende Oktober 1936 wurde die
Gauamtsleitung der NS-Volkswohlfahrt nach Darmstadt verlegt und nach
der Einweihung des Jakob-Sprenger-Hauses am 2. Oktober 1937 dort
untergebracht.
Auf Sprengers Weisung
verfügte die Gestapo am 9. Juni 1939 die sofortige Entlassung des am
Elisabethenstift tätigen Pfarrers Philipp Otto Lenz. Dessen Vorgänger
Theodor Hickel hatte schon am 1. Juli 1934 unter politischem
Druck auf sein Amt verzichtet. Ende Juni wurde auch die Oberin
abgesetzt und ausgewiesen. Im Stifts-Pfarrhaus wurde eine
NS-Schwesternschule eingerichtet. Im Tagebuch von Goebbels findet sich
unter dem 27. Januar 1939 der Eintrag: "Er ist ein richtiger alter
Nazi". Durch die Ernennung zum Reichsverteidigungskommissar am 1.
September 1939 und der Übernahme des Oberpräsidentenamts für die neu
geschaffene preußische Provinz Hessen-Nassau im Jahr 1944 nahm sein
Einfluss auf die politische Ausgestaltung der Region weiter zu.
Sprenger
floh mit seiner Frau vor den anrückenden Alliierten nach Kössen in
Tirol. Seine Leiche und die seiner Frau wurden am 19. Mai 1945 in einem
unmittelbar an den Ort angrenzenden Auwald von einer einheimischen Frau
entdeckt. Beide Toten wurden sofort am Fundort vergraben. Eine am 17.
Juli 1945 von der US-amerikanischen Militärbehörde veranlasste
Exhumierung ergab, daß der ehemalige Gauleiter Jakob Sprenger am 7. Mai
1945 an den Folgen einer Vergiftung (vermutlich Zyankali) gestorben
war. Es wurde anschließend von den Militärs eine Umbettung auf den Ortsfriedhof von Kössen angeordnet.
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