DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Geheime Staatspolizei Darmstadt - Staatspolizeistelle Darmstadt
Die "Geheime Staatspolizei" (Abk.: Gestapo) hat als selbständiger Zweig der Staatsverwaltung die Aufgabe, alle für
die Staatssicherheit und für die Einheit und Gesundheit des Volkskörpers gefährliche Bestrebungen und Handlungen,
besonders Hoch- und Landesverrat, Spionage, Verhetzung und seelische Vergiftung des Volkes, Sprengstoff- und
Waffenmißbrauch sowie strafbare Angriffe gegen Partei und Staat, zu erforschen, zu überwachen und zu bekämpfen und
die Träger solcher Bestrebungen, möglichst bevor sie Schaden anrichten konnten, unschädlich zu machen, soweit nicht
die Organe der ordentlichen Rechtspflege zuständig sind. Um die illegale und getarnte Tätigkeit der Gegner des
Nationalsozialismus feststellen zu können, ist eine umfassende Beobachtung aller Lebensgebiete und eine tiefe
Einsicht in die Bedeutung besonders der geistigen Zeiterscheinungen erforderlich. Die G. arbeitet daher weitgehend
mit den Dienststellen der
NSDAP, besonders mit dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS
zusammen. Die G. wurde 1933 länderweise unter je einem politischen Polizeikommandeur errichtet. Nunmehr untersteht
sie einheitlich dem Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern und gehört innerhalb seines
Geschäftsbereichs zum Hauptamt "Sicherheitspolizei". Die Aufgaben der G. werden wahrgenommen durch das Geheime
Staatspolizeiamt in Berlin als fachlicher Zentralbehörde für das ganze Reich und durch die Staatspolizeileit- und
Staatspolizeistellen, die jeweils für den Bezirk eines Landes, einer Regierung oder einer Kreishauptmannschaft
eingerichtet sind. ... Die Kreis- und Ortspolizeibehörden haben den zuständigen Staatspolizeistellen über alle
wichtigen polizeilichen Vorgänge und Beobachtungen zu berichten. Sie sind ferner verpflichtet, den Ersuchen der
Staatspolizeistellen Folge zu leisten. Verfügungen in Angelegenheiten der G. unterliegen nicht der Nachprüfung
durch die Verwaltungsgerichte; sie werden nur auf dem eigenen Dienstaufsichtswege nachgeprüft.
Lit.: Heydrich, Wandlungen unseres Kampfes, 1935; W. Best (in "Deutsches Verwaltungsrecht", hrsg. von Hans Frank,
1937).
-
- Neues Palais am Wilhelminenplatz 1,
Dienstsitz der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Darmstadt [4]
Mit diesem Zitat aus Meyers Lexikon [5]
aus dem Jahr 1938 ist die Aufgabe der Geheimen Staatspolizei umfassend und eindeutig als Unterdrückungs- und
Verfolgungsorganisation beschrieben.
Die meisten Mitarbeiter der Gestapo rekrutierten sich aus der Politischen Polizei der Weimarer Republik, die vor
allem Linke verfolgte (Siehe auch: Justiz und
Rechtliche Ahndung politischer Morde in der Weimarer Republik)
Bereits 1923 wurden bei den verschiedenen hessischen Polizeidirektionen sogenannte Nachrichten-Abteilungen
eingerichtet, bei denen es sich um politische Kommissariate handelte.
In Darmstadt wurde diese Abteilung während der Weimarer Republik zur Landeskriminalzentrale für Hessen
weiterentwickelt und dem Hessischen Innenministerium unterstellt. 1930 wurde sie dann in das Landeskriminalpolizeiamt
umgewandelt.
Der Grundstein für die spätere Gestapo in Hessen wurde von dem am 6. März 1933 durch den NSDAP-Reichskommissar
eingesetzten "Sonderkommissar für das hessische Polizeiwesen" Dr. Werner Best gelegt
Er hatte mit dieser Ernennung Weisungsbefugnis für die gesamte Polizei und war in der Folgezeit einer der
Hauptverantwortlichen für die Verhaftungen und Misshandlungen von politischen Gegnern und Angehörigen der
jüdischen Bevölkerung.
Am 28. März 1933 schuf Best eine ihm direkt unterstellte Behörde. Die amtliche Bezeichnung lautete
"Staatskommissar für das Polizeiwesen in Hessen (Zentralpolizeistelle)" und übernahm folgende, bisher in die
Zuständigkeit des Landeskriminalpolizeiamtes fallende Aufgaben:
- Bekämpfung staatsfeindlicher, insbesondere marxistischer Bestrebungen.
- Bekämpfung landesverräterischer Bestrebungen jeder Art (Spionageabwehr, Werksspionageabwehr), ferner Bekämpfung
der Werbung zur Fremdenlegion und polizeiliche Überwachung zurückgekehrter Fremdenlegionäre.
- Nachrichtendienst über politische Vorgänge.
- Überwachung der Ausländer, unbeschadet der Zuständigkeit der örtlichen Polizeibehörden.
- Überwachung der in Hessen erscheinenden Presse in politischer Beziehung.
- Auskunftserteilung über politische Zuverlässigkeit der Bewerber bei Einstellungen in die Reichswehr und
Polizei.
Somit war in Hessen, wenn auch nicht unter der Bezeichnung "Geheime Staatspolizei", als erstem Land des Deutschen
Reiches die politische Polizei unter Führung der SS aus der allgemeinen Polizeiverwaltung ausgeklammert und die
Grundlage für die spätere Gestapo geschaffen worden.
Am 12. Juni 1933 erhielt die Zentralpolizeistelle auf Anordnung Bests die Bezeichnung "Hessisches Staatspolizeiamt
Darmstadt". Im Sommer 1934 wurde das in der Wilhelm-Glässing-Straße 21 befindliche Staatspolizeiamt aus der
wirtschaftlichen Verwaltung der hessischen Polizei herausgenommen, erhielt einen eigenen Etat im Landeshaushalt und
wurde im Frühjahr 1935 in "Geheimes Staatspolizeiamt Darmstadt" umbenannt.
Im Juni 1936 fasste man die Gestapo-Ämter und die Kriminalpolizei zur Sicherheitspolizei zusammen. Das Geheime
Staatspolizeiamt Darmstadt wurde in "Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Darmstadt" umbenannt und bekam die
Zuständigkeit für ganz Hessen und Weisungsbefugnis für die vier Außenstellen in Gießen, Offenbach, Mainz und Worms.
Nach der Bombardierung Darmstadts im September 1944 wurde der Dienstsitz, der sich ab
1940 im Neuen Palais, Wilhelminenplatz 1, befand (siehe Abbildung unten), nach Bensheim, Adolf-Hitler-Straße 52 verlegt mit provisorischer
Außendienststelle in Darmstadt, Dieburger Straße 80.
Leiter der Darmstädter Gestapo waren:
- Schulze, Richard, Dr. rer. pol., Kriminalrat / Regierungsrat (Juli 1933 - Oktober 1937), zugleich Leiter der
Polizeiabteilung des Staatsministeriums bzw. der Landesregierung. Nach 1945
Internierungslager Darmstadt.
- Müller, Willy, Regierungsrat (November 1937 - August 1939)
- Herbst, Friedrich, Regierungsassessor (September - Dezember 1939)
- Achamer-Pifrader, Dr. Humbert, Regierungsrat / Oberregierungsrat (Dezember 1939 - Juni 1940), SS-Standartenführer
und Oberst der Polizei
- Fentz, Günter, Regierungsassessor / Regierungsrat (Juni 1940 - September 1942), SS-Hauptsturmführer
- Mohr, Robert, Regierungsrat (Juli 1942 - Februar/März 1944), SS-Sturmbannführer, 1943 angeordnet zur
Stapoleitstelle Magdeburg. Nach 1945 Internierungslager Darmstadt.
- Girke, Fritz, Regierungsrat (Mai - Dezember 1944), SS-Sturmbannführer
-
- Befehl von Heinz Hellenbroich (siehe Namensliste in diesem Artikel)
zum Erhängen eines polnischen
Zwangsarbeiters im Jahr 1944 [5]
Weitere zum Teil leitende Mitarbeiter der Darmstädter Dienststelle (in der Zeit von 1933 bis 1945) waren:
- Aretz, Werner, Kriminalkommissar
- Augustin, Dietrich, Kriminalobersekretär, Friedrichstraße 9 (1935), nach 1945
Internierungslager Darmstadt
- Benkwitz, Gerhard, Polizeiinspektor, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Blöckl, Josef, Kriminalsekretär
- Böhm, Bruno, Kriminalobersekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Burkhardsmaier, Kriminalsekretär
- Buß, Arthur, Regierungsrat, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Dengler, Albert, Kriminalsekretär
- Eichenauer, Friedrich, Kriminalkommissar, Schlageterstraße 99 (1935)
- Eigenbrodt, Georg, Kriminalsekretär, Wedekindweg 14 (1935)
- Endl, Anton, Kriminalsekretär, Bessunger Straße 188 (1935)
- Feldmann, Erich, Kriminalkommissar
- Flath, Ludwig, Kriminalobersekretär, Schlageterstraße 81 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Frisch, Andreas, Kriminalsekretär
- Fuchs, Paul, Kriminalrat und SS-Hauptsturmführer
- Gerth, Kriminalkommissar
- Haferkorn, Karl, Kriminalobersekretär, Heidelberger Straße 43 (1935)
- Hellenbroich, Heinz, Kriminalrat und SS-Sturmbannführer
- Herbst, Regierungsrat und SS-Sturmbannführer
- Hoffmann, Alexander, Kriminalobersekretär, Peter-Frieß-Straße 14, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Hollinger, Karl, Kriminalkommissar und SS-Untersturmführer
- Hübner, Kriminalkommissar
- Kallus, Karl, Kriminalsekretär, Jahnstraße 76 (1935)
- Klein, Hermann, Kriminalsekretär
- Klüh, Eduard, Kriminalinspektor und SS-Obersturmführer, Gutenbergstraße 42 (1935)
- Krämer, Hans, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Krebs, Dietrich, Kriminalobersekretär, Heidelberger Straße 88 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Korell, Karl, Kriminalobersekretär, Schlageterstraße 39 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Lebherz, Gottfried, Kriminalobersekretär, Kiesstraße 70 (1935)
- Leideritz, Peter, Kriminalkommissar
- Machule, Dr., Regierungsrat und SS-Sturmbannführer
- Mahr, Horst, Regierungsassessor
- Meier, Gustav, Kriminalrat
- Majewski, Erich Alexander von, Kriminalsekretär, Neckarstraße 14 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Meyer, Dr. Erich, Kriminalrat
- Mink, Karl, Kriminalsekretär, Parcusstraße 19 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Müller, Wilhelm, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Neugebauer, Rolf, Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer
- Neumann, Johannes, Kriminalsekretär
- Peters, Karl Friedrich, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Pfeiff, Friedrich, Kriminalsekretär, Elisabethenstraße 43 (1935)
- Raaf, Michael, Kriminalsekretär
- Radtke, Emil, Kriminalsekretär, Moosbergstraße 94 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Retzer, Josef, Kriminalsekretär
- Salewsky, Karl, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Schartl, Kriminalsekretär
- Schindler, Friedrich, Kriminalsekretär, Schlageterstraße 103 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Schmitz, Heinrich, Kriminalrat und SS-Hauptsturmführer
- Schneider, Wilhelm, Oberregierungsrat und SS-Obersturmbannführer
- Schneiker, Ludwig, Kriminalsekretär, Bessunger Straße 109 (1935)
- Schwinn, Peter, Polizeirat, Kaupstraße 5, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Seiler, Kriminalrat
- Spiegel, Xaver, Kriminalsekretär
- Spörer, Kriminalsekretär
- Stendal, Richard, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Treß, Karl, Kriminalobersekretär
- Unmacht, Karl, Kriminalsekretär, nach 1945 Internierungslager Darmstadt
- Wagner, Kriminalkommissar
- Walthes, Georg, Kriminalsekretär, Gießener Straße 9 (1935)
- Wangemann, Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer
- Weber, Ludwig, Kriminalobersekretär, Nieder-Ramstädter-Straße 56 (1935)
- Weger, Adolf, Kriminalkommissar
- Weintz, Regierungsrat und SS-Sturmbannführer
- Weis, Friedrich, Kriminalkommissar, Frankfurter Straße 62 (1935), nach 1945 Internierungslager Darmstadt
Neben der Staatspolizeistelle Darmstadt existierte ab 1935 eine SD-Außenstelle Darmstadt im Eugen-Bracht-Weg 6.
(Siehe: NSDAP-Dienststellen und ihrer Unterorganisationen in Darmstadt nach 1933)
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[8], Abbildung:
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