DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Dengler, Georg Albert
( 10.6.1904 Ehningen - ?) wurde als Sohn eines Eisenbahnbeamten
geboren, besuchte die Volksschule, ging mit 18 Jahren zur
Schutzpolizei, wurde dort Hauptwachtmeister und trat nach 12jährigem
Dienst im Jahr 1935 zur Kriminalpolizei über. Am 1. Mai 1937 wurde er
Mitglied der NSDAP. 1939
wurde er als Kriminalassistent zur Geheimen
Staatspolizei in Stuttgart abgeordnet und 1940 zur
Staatspolizeistelle
nach Darmstadt versetzt. Im Herbst 1944 wurde er Kriminalsekretär und
damit SS-Untersturmführer.
Bis Frühjahr 1942 war
er im
"Judenreferat" tätig, dem damals Kriminalsekretär Böhm vorstand. Er war
auch für das Kirchenreferat zuständig. Ab 15.1.1943 übernahm er als
Nachfolger von Böhm die Leitung des Judenreferates. Mitarbeiter in
diesem Referat waren u. a. die Beamten Raaf und Stadtmann. Zu seinen
Aufgaben gehörte die Verfolgung der in privilegierter Mischehe lebender
Juden, die bisher zwar ständig "behelligt" wurden, aber noch relativ
unangefochten leben konnten. Die übrigen jüdischen Bürger waren bereits
deportiert.
Das Schwurgericht Darmstadt hatte
Dengler am
2.11.1949 von der Anklage, sich in den Jahren 1943 bis 1945 fortgesetzt
handelnd der schweren Freiheitsberaubung im Amt, insbesondere im Falle
des Oberlandesgerichtsrats Dr. Mayer schuldig gemacht zu haben,
freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen dieses Urteil
Revision eingelegt, worauf das Oberlandesgericht am 25.2.1950 die Sache
an das Schwurgericht Darmstadt zurück verwiesen hatte.
Was
wurde Dengler konkret vorgeworfen?
Dengler
wurde zur Last gelegt, "im
Jahre 1943 als Beamter und Sachbearbeiter im
Judendezernat der Staatspolizeistelle in Darmstadt in 12 Fällen,
darunter auch im Falle des Oberlandesgerichtsrates Dr.
Ernst Mayer,
jüdische
Partner in Mischehen vorsätzlich und widerrechtlich ihrer Freiheit
beraubt zu haben, wobei in allen Fällen die Freiheitsentziehung über
eine Woche gedauert und in 9 Fällen den Tod der Betroffenen zur Folge
gehabt haben soll."
Als Zeugen traten
unter anderen auf:
die Witwe des ehemaligen Hessischen Innenminister Heinrich Fulda, deren
Mann zunächst im Gefängnis saß und später im KZ Auschwitz ermordet
wurde.
Dr. Mayer,
dessen Vater, der
Oberlandesgerichtsrat Dr. Mayer
verfolgt und am 19.6.1943 im Arbeits-
und Erziehungslager Frankfurt-Heddernheim umkam.
Fanny und Otto Wolfskehl, deren Vater, der ehemalige
Regierungsbaumeister a. D. Eduard Wolfskehl (geboren am 20.8.1874 in
Darmstadt) im Lager Frankfurt-Heddernheim am12.6.1943 umkam.
Max Wolf, dessen Vater Max Wolf, der als Prokurist einer
Ölgroßhandlung, die anläßlich des Pogroms 1938 geschlossen wurde,
verfolgt wurde.
In dem neuen Verfahren hatte die
Staatsanwaltschaft zehn Jahre Zuchthaus beantragt. Der Dengler
verteidigende Rechtsanwalt Jöckel forderte die Geschworenen auf, sich
von der politischen Beurteilung der Verbrechen frei zu machen. "Die
moralische und menschliche Schuld des Angeklagten ist nicht wieder gut
zu machen. ... " formulierte der Verteidiger.
Das
Landgericht Darmstadt hat am 14. Juni 1950 unter den Richtern
bzw. dem Staatsanwalt
LGD Hahn
LGR
Hartmann
St Dengler
StA Keller
für
Recht erkannt:
"Der
Angeklagte ist schuldig der Beihilfe zur Freiheitsberaubung im Amt mit
Freiheitsentziehung über eine Woche und Todesfolge in sechs Fällen und
der Beihilfe zur Freiheitsberaubung im Amt mit Freiheitsentziehung über
eine Woche in einem Fall, sämtliche Fälle in Tateinheit mit Beihilfe
zur Verfolgung Unschuldiger ... . Er wird daher zu sechs Jahren
Zuchthaus verurteilt. ... Auf die Strafe werden elf Monate
Untersuchungshaft angerechnet. Dem Angeklagten werden die bürgerlichen
Ehrenrechte auf drei Jahre aberkannt."
Dengler
wurde von den Juden in Darmstadt und Mainz während der Nazizeit
allgemein als "der
Henker von Darmstadt" bezeichnet, schreibt das
Darmstädter Echo am 1.7.1950.
Im Spruchkammerverfahren
wurde er in erster Instanz in die Gruppe I eingegliedert und erhielt 3
Jahre Arbeitslager.
(siehe auch Robert Mohr)
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