DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Gedenktafel für Kim Malthe-Bruun
Standort: Foyer der Lichtenbergschule (LuO), Ludwigshöhstraße 105

Gedenktafel für Kim Malthe Bruun (2014)
Gedenktafel für Kim Malthe Bruun in der Lichtenbergschule (2014)

Kim Malthe-Bruun (8. Juli 1923 Fort Saskatchewan, Kanada - 6. April 1945 Kopenhagen, Dänemark) war ein Schiffsjunge und Leichtmatrose und Mitglied der dänischen Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten. Malthe-Bruun kam im Alter von sechs Jahren nach Dänemark und wohnte in Kopenhagen. Hier schloss er sich während des Zweiten Weltkrieges einer Gruppe des Dänischen Widerstands an und wurde schließlich wegen unerlaubten Waffenhandels und aufgrund der Verschleppung eines Zollbootes zum Tod durch Erschießen verurteilt. Er wurde am 6. April des letzten Kriegsjahres hingerichtet.

Malthe-Bruuns Gefühle und Handlungen während seiner Zeit des Widerstands sowie nach der Verurteilung sind durch zahlreiche anrührende Briefe an Mutter und Freundin und Tagebuchaufzeichnungen dokumentiert, die nach 1945 in mehrere Sprachen übersetzt wurden und in Buchausgaben erschienen.

Zitat aus: www.julim-journal.de (Ute Wolters) April 2007:

Wie schwer sich deutsche Rezensenten mit Geschichten aus dem dänischen Widerstand taten, zeigt die scharfe Ablehnung des ersten Buches, das zu diesem Thema in deutscher Übersetzung erschienen ist. Die TAGEBUCHAUFZEICHNUNGEN UND BRIEFE DES KIM MALTHE-BRUUN wurden bei ihrem ersten Erscheinen 1949 als tendenziös und einseitig abgelehnt. 1966 von der Evangelischen Verlagsanstalt wieder herausgebracht, erschien eine Wiederauflage erst 1985 bei Hanser. Kim war ein junger Matrose, der wenige Monate im dänischen Widerstand gegen die Nazis kämpfte, im Dezember 1944 verhaftet und vier Wochen vor Kriegsende hingerichtet wurde. Die erste Ausgabe des Buches wurde 1949 in der Zeitschrift der deutschen Volksbibliothekare zwar besprochen, aber als ungeeignet abgelehnt:

"Da Kim die Deutschen nur in der Gestalt der Gestapoleute und charakterloser, willfähriger Individuen kennengelernt hat, so ist für ihn der Deutsche der Inbegriff des Schlechten und Gemeinen. In der übrigen Welt..." – wen meint der Autor hier bloß? – "...ist man schon längst von der mechanischen Gleichsetzung des deutschen Volkes mit Hitler und seinen Verbrechen abgekommen. Die Tatsache einer starken deutschen Widerstandsfront gegen Hitler wird allgemein anerkannt. Durch seine einseitigen und ungerechten Werturteile über den deutschen Menschen erfüllt das vorliegende Buch nicht die Aufgabe, der wirklichen Verständigung zwischen den Völkern zu dienen..." (Zitat aus dem Anhang des von der Mutter Vibeke Malthe-Bruun herausgegeben Buches.)


Die Lichtenbergschule (LuO) in Darmstadt ehrt Kim seit der Einweihung des Neubaus am 15. September 1966 mit einer Gedenktafel im Foyer der Schule. Der Magistrat der Stadt Darmstadt hatte im Frühjahr 1965 einen engeren Wettbewerb zur Gestaltung einer Wand in der Eingangshalle ausgeschrieben. Der Darmstädter Maler und Grafiker Bernd Krimmel erhielt den Zuschlag. Die Tafel besteht aus zwei Schiefertafeln links und rechts mit einem Bronzerelief in der Mitte. Die Gesamtgröße ist 5,2 x 3,0 m. Rechts neben dieser Tafel
befindet sich eine Erläuterungstafel von 30 x 40 cm.

Die Festschrift zur Einweihung des Neubaus der Lichtenbergschule von 1966 führt zu der Gedenktafel folgendes aus. Der Name wird hier und in allen Artikeln der Schulzeitung "Podium" (z.B. [10]) mit "Broon" angegeben. Der Grund für die falsche Schreibweise des Namens ist vermutlich ein Missverständnis oder Übertragungsfehler, da die Texttafeln des Denkmals erst nach der Einweihung angebracht wurden:

"Durch zwei Türen mit Windfang gelangt man ins Foyer, wo sich auf der rechten Seite die Hausmeisterloge befindet, während auf der linken Wand ein Relief von Bernd Krimmel angebracht wird. Das Bronzerelief, eingebettet in eine Schieferwand, enthält einen Abschnitt aus dem Abschiedsbrief des Matrosen Kim Malte Broon, geb. 18. Juli 1923, erschossen als Widerstandskämpfer am 6. April bei Kopenhagen:

Dann sind auch die Kinder da, die mir in der letzten Zeit so nahestanden. Mein Herz klopft vor Freude in Gedanken an sie, und ich hoffe, dass sie zu Männern heranwachsen werden, die anderes und tieferes sehen als nur ihren Weg. Ich hoffe, dass sich ihre Seele frei entwickeln kann und nie unter einseitigen Einfluss stehen wird".

Das Gedenken an einen Widerstandskämpfer im Jahr 1966 war rückblickend in dieser Zeit nicht alltäglich - galten doch Widerstandskämpfer lange Zeit eher als "Vaterlandsverräter". Leider konnte auch ein Gespräch mit der Schulleitung keine Erkenntnis über den Hintergrund der Entscheidung für ein Gedenken an Malthe-Bruun nicht klären.

Heute scheint der pädagogische und politische Impuls, der damals mit dem Gedenken an den jungen Widerstandskämpfer Kim Malthe-Bruun wohl verknüpft war, keine Bedeutung im Schulalltag mehr zu spielen. Dies ist der Eindruck des Rechercheurs, der während der Ferien von einem Lehrer, befragt nach Informationen über die Gedenkplatte, zur Antwort erhielt "die kenne ich nicht, ich bin für IT zuständig".

Auch der Schöpfer dieses Wandbildes stellt enttäuscht fest: "Der Mahn-Charakter des Wandbildes ist längst verblichen. Der pädagogische Aufruf im Entree der Schule ist verhallt". Seine älteste Tochter, sein Sohn und Enkelsohn hätten in der Lichtenbergschule ihr Abitur abgelegt. Während ihrer Schulzeit sei Kim Malthe-Bruun niemals Thema gewesen.

Auch in einem Gespräch der Autoren mit dem stellvertretenden Schulleiter wurde die Einschätzung, dass diese Gedenktafel heute (leider) keine Bedeutung mehr für den Schulalltag habe, nicht widersprochen.

Gedenktafel für Kim Malthe Bruun (2014)
Erläuterungstafel neben dem großen Wandbild (2014)
Gedenktafel für Kim Malthe Bruun (2014)
Detail in der Mitte des Bronzereliefs (2014)























Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10], Fotos: Autoren

 

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