DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Hartung, Gustav (30.1.1887 Bartenstein/Ostpreußen - 14.2.1946 Heidelberg) wurde unter dem Namen Gustav Ludwig May als Sohn eines Theaterdirektors geboren und begann seine Karriere bei Max Reinhardt in Berlin. Als einer unter 30 Bewerbern fiel 1920 die Wahl für den Intendanten des Darmstädter Landestheaters auf Hartung. Vorangegangen war von 1914 bis 1920 ein Engagement am Frankfurter Schauspielhaus. Während Hartungs neuer Stil am Landestheater ihm Anerkennung bei der überregionalen Kunstprominenz verschaffte,
Gustav Hartung, Foto im Staatstheater
Gustav Hartung, Foto im Staatstheater
mobilisierten die deutschnational-christlichen Lokalzeitungen und Landtagsparteien ein Kesseltreiben gegen ihn, das ihn veranlasste, 1924 nach Köln zu wechseln. Trotz wütender Proteste vom Zentrum bis zur NSDAP wechselte er 1931 noch einmal nach Darmstadt. Seine produktive Arbeit endete jedoch am 13. März 1933, als ihm der neu gewählte Hessische Staatspräsident Ferdinand Werner mitteilen ließ, dass er aufgrund "seiner politischen Vergangenheit" für den neuen Staat "nicht tragbar" sei. Hartung mußte fliehen und betrat zwei Tage später Schweizer Boden, wo er in Basel und Zürich inszenierte. Als Goebbels 1934 in Heidelberg die Festspiele eröffnete, warnte Hartung in einem Offenen Brief seine Künstler-Kollegen in Deutschland: "Wer sich vor Mördern und Mordgesellen verbeugt, glorifiziert den Mord und macht ihn zum Vorbild". Dies verstärkte den Hass der Nazis auf Hartung und führte durch Druck der Deutschen Botschaft auf die Schweiz zur Annullierung der 1934 erfolgten Wahl zum Berner Theaterintendanten. Auch einen 1937 abgeschlossenen Vertrag als Oberspielleiter in Basel ließ man wegen Drucks aus Deutschland auslaufen, so dass er sich als Schauspiellehrer durchschlagen mußte. Herzkrank geworden verließ er im Oktober 1945 die Schweiz, um in Heidelberg die Leitung der Kammerspiele zu übernehmen und starb bereits vier Monate später. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Heidelberger Bergfriedhof. Hartung galt als einer der wichtigsten Vertreter des expressionistischen Theaters.

Seit Januar 2004 wird der ehemalige jüdische Intendant im Staatstheater Darmstadt gewürdigt. Sein Portrait wurde in der Bilderreihe ehemaliger Intendanten und Oberspielleiter aufgehängt. Hierfür hatte sich der Darmstädter Geschichtsverein um Christof Jetter lange Zeit eingesetzt. Die Bedeutung der Darmstädter Erinnerungskultur macht folgender Absatz in einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 28. Januar 2004 deutlich:

"Die Ehrung von Gustav Hartung dauerte am Montagabend nur wenige Minuten. Benz und Umberg enthüllten eine schwarz-weiße Reproduktion eines Zeitungsfotos, ließen sich dabei fotografieren, und kurz danach ging es im Programm weiter. Mitglieder des Ensembles präsentierten unter dem Motto The Lady meets the Frankfurter eine gelungene Mischung aus My Fair Lady und der Rocky Horror Show. Christof Jetter bedauert, dass Hartung auf dem Neujahrsempfang so wenig Zeit eingeräumt wurde."

Hartung wird außerdem auf einer Gedenktafel im heutigen Staatstheater gedacht.

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