DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Heeresmunitionsanstalt (Heeres-MUNA) Auf dem Gelände der heutigen Major-Karl-Plagge-Kaserne (bis 2006 Frankenstein-Kaserne) und darüber hinaus bis hin zur Kirchtannensiedlung lag in der NS-Zeit - seit 1937 - oder bereits in der Weimarer Republik (?) eine sogenannte Heeres-Munitionsanstalt (Heeres-MUNA). Noch heute befinden sich auf dem Kasernengelände Betonbunker und oberirdische Bauten aus dieser Zeit (siehe Foto).
Bunker der Heeres-MUNA auf dem Gelände der heutigen Plagge-Kaserne (2012)
Bunker der Heeres-MUNA auf dem Gelände der heutigen Plagge-Kaserne (2012)
In Heeresmunitionsanstalten wurde Munition hergestellt und vertrieben. Während des Zweiten Weltkrieges waren dort auch ca. 300 Kriegsgefangene, vermutlich aus Belgien, als Zwangsarbeiter eingesetzt. In einem Schreiben des Vorstands der Gefangenenlager Rodgau - Dieburg vom 13. April 1942 heißt es:

"Am Dienstag, den 8.4.1942 habe ich 200 Zuchthausgefangene an die Munitionsanstalt Darmstadt-Eberstadt abgegeben. .".

Aus einem Lageplan (Datum 26.5.1944 Namenskürzel unleserlich) der "Heeres Munitionsanstalt Darmstadt, betr. bauliche Luftschutzmaßnahmen" mit dem Maßstab 1:5000 geht hervor, dass dort u. a. im Keller des Verwaltungsgebäudes Sanitär und Gasentgiftungsräume, LS-Räume für 100 Personen, im Kantinenkeller LS-Räume für 50 Personen, 18 Holzbunker ohne Abdeckung für 930 Personen, 4 Holzbunker mit Abdeckung für 400 Personen (im Wohngebiet) und 2 Betonbunker für 120 Personen, Holzbunker Splittergräben mit und ohne Abdeckung vorhanden waren. Das Gelände hatte eine Ausdehnung von schätzungsweise 3.100 m Länge und 800 m Tiefe. Laut Plan lag die Heeres-MUNA direkt an der "Reichsstraße Heidelberg-Darmstadt". In unmittelbarer Nähe der Heeres-MUNA Richtung Kirchtannensiedlung sind heute noch Betonverankerungen früherer Flag-Stellungen zu sehen (schmaler Waldpfad hinter Nußbaumalle 25). Das Areal heißt Escholldüne und wird auch "Eselskopp" genannt. Schilder der Naturschutzbehörde und des Forstamtes warnen vor Betreten des abgesperrten Gebietes, da sich dort noch Munition befinden könnte.

Aufgaben von Munitionsanstalten (1935)
Aufgaben von Munitionsanstalten (Dokument von 1935) [6]
In einem Faltblatt der Naturfreunde Pfungstadt, zu dessen Gemarkung das Gelände gehört, heißt es u. a.: Auch in Pfungstadt haben die Nazis ihre Spuren hinterlassen, obwohl unmittelbar in Pfungstadt kein ausgesprochenes Lager war. Aber auf der Ostseite der Bahnstrecke Darmstadt-Heidelberg waren eine Große Munitionsfabrik (MUNA) und ein Lager, in denen Strafgefangene und KZ-Insassen ausgebeutet wurden. Auf dem Friedhof in Pfungstadt erinnert ein Mahnmal an 19 Zwangsarbeiter, die hier sterben mussten. In dieser Stadt sind zwischen 1939 und 1945 512 Zwangsarbeiter namentlich bekannt.

Der Lageplan unten vermittelt einen kleinen Eindruck über die Munitionsanstalt.
Über die Aufgaben von Munitionsanstalten gibt nebenstehendes Dokument Aufschluss.

Am 22. März 1945 galt ein letzter massiver Bombenangriff den weitgehend unterirdischen Anlagen der MUNA. Sie wurden fast vollständig zerstört. Ein Lageplan von 1946 belegt, dass dort die Fa. Montig (Montagebau Industrie GmbH Darmstadt) ein Betriebsgelände unterhielt. Das Darmstädter Echo berichtete 1957 "von Vorarbeiten für das Millionenprojekt eines großen und modernen Depots der neuen deutschen Streitkräfte auf dem Gelände der früheren Munitionsanstalt von Da-Eberstadt .". Im Mai des Jahres berichtete das Darmstädter Echo von Munitionsfunden in gesprengten Bunkern, etwa 1.000 Granatzündern, 13 Panzerfaustrohren, 13 Panzerfaustköpfen und 300 Rauchkörpern.
Lageplan von vor 1945
Lageplan von vor 1945 [4]


Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10], Abbildungen: Autoren (Foto Bunker), [4], [6]

 

zurück zur Übersicht