DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Katzmann, Fritz (6.5.1906 Langendreer/Bochum - 19.9.1957 Darmstadt)  war SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei. Er war Sohn eines Bergarbeiters und begann nach Besuch der Volksschule eine Ausbildung zum Tischler. Der SA gehörte Katzmann ab 1927 oder 1928 an und 1928 trat er auch in die NSDAP (Mitgliedsnummer 98.528) und 1930 in die SS (SS-Nr. 3.065) ein.

Von 1928 bis 1933 war Katzmann arbeitslos.  Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten war er von Anfang April 1933 bis Anfang April 1934 Ratsherr in Duisburg. Er kandidierte auf dem Wahlvorschlag der NSDAP auf Platznummer 643 bei der Wahl zum Deutschen Reichstag am 12. November 1933, zog aber nicht in den nationalsozialistischen Reichstag ein. Ab 1934 war Katzmann hauptamtlicher SS-Führer. Von Mitte August 1936 bis Mitte August 1942 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Berlin. In der gleichen Zeit gehörte er als Beisitzer dem Volksgerichtshof an. Im März 1938 wurde er Kommandeur des SS-Abschnitt VI in Breslau und im November 1938 zum SS-Oberführer befördert.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war er von 1939 bis 1941 SS- und Polizeiführer im Distrikt Radom (Polen). Die Ernennung zum SS-Brigadeführer erfolgte im Juni 1941. Danach war er bis zum 20. April 1943 SS- und Polizeiführer von Galizien mit Sitz in Lemberg (Lwow). Während seines Kommandos in Galizien war er maßgeblich am Holocaust beteiligt. Die Beförderung zum Generalmajor der Polizei erfolgte am 26. September 1941, die Ernennung zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei am 30. Januar 1943. Im April 1943 wurde er Höherer SS- und Polizeiführer Weichsel (Danzig-Westpreußen). Siegfried Wolf [2] schreibt in seinem Beitrag „Durchgangsstr.IV“ u. a.:

Ein Straßensystem von außerordentlicher strategischer Bedeutung war in der Zeit von 1941 bis 1944 die Magistrale, die von Berlin - Lviv über Ternopil, Vinnycja, Dnipropetrovsk, Stalino (Donezk) bis nach Rostov am Don führte - in der Wehrmachtsterminologie "Durchgangsstraße IV", "Rollbahn Süd" oder "Straße der SS" genannt. Identisch mit der via regia dürfte die Streckenführung nur teilweise sein; war doch die Trassenführung vom Frontverlauf abhängig. ... Für die Juden wurde die Straße zum Experimentierfeld der "Endlösung", es galt die "Vernichtung durch Arbeit". So meinte der Höhere Polizei-und SS-Führer in Galizien, Fritz Katzmann, es sei völlig gleichgültig, ob auf jedem Kilometer tausend oder zehntausend Juden bleiben…. Die - von Katzmann erwünschte - Sterblichkeit war außerordentlich hoch. Sandkühler gelangte zu der Berechnung, dass die Mortalität in den Zwangsarbeitslagern Galiziens wesentlich höher lag als in den "offiziellen" Konzentrationslagern.

Der Historiker Jochen Böhler schreibt in der FAZ vom 2. Oktober 2017:

"SS-Gruppenführer Friedrich Katzmann ließ im Raum Lemberg 1942 etwa 300.000 Juden in regelrechten Hetzjagden aufspüren und ermorden. ... Trotz der außerordentlichen Belastung, die jeder einzelne Polizeiangehöriger während dieser Aktionen durchzumachen hatte, ist die Stimmung und der Geist der Männer vom ersten bis zum letzten Tage außerordentlich gut und lobenswert gewesen".

In einem Bericht von Katzmann vom 30.6.1943 heißt es:

"Der Distrikt Galizien ist damit, bis auf die Juden, die sich in den unter Kontrolle des SS- und Polizeiführers  stehenden Lagern befinden, judenfrei. Nur durch persönliches Pflichtbewusstsein jedes einzelnen Führers und Mannes ist es gelungen, dieser Pest in kürzester Frist Herr zu werden".

Am 1. Juli 1944 wurde er zum Generalleutnant der Waffen-SS befördert.

Nach 1945 lebte Katzmann unentdeckt unter dem Namen Bruno Albrecht in Darmstadt. Erst 1957, als Katzmann als Bruno Albrecht ins Darmstädter Alicehospital eingeliefert wurde und gestorben war, kam seine wahre Identität heraus.

Der Spiegel schreibt 1998 [3]:

"Während viele ihre Strafe bis zum letzten Tag absaßen, blieben fast alle ihre in den Westen zurückgekehrten Vorgesetzten ungeschoren. Der SS-Gruppenführer und General der Polizei Fritz Katzmann tauchte als Bruno Albrecht in die Illegalität ab. Er soll für den Tod von 400.000 galizischen Juden verantwortlich sein."


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