DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Lentz, Waldemar
(2.12.1909 Darmstadt - 8.6.1985 Königswinter) zog mit seinen
Eltern am 25.9.1911 nach Berlin, wo er 1928 das Abitur ablegte und
anschließend an der Konsularakademie in Wien und danach Volkswirtschaft
studierte. Zum Dr. rer. pol. wurde er 1934 in Wien promoviert. Beim
Wiener Lebensmittel- und Kaffeekonzern Julius Meinl übte er ab 1935
eine kaufmännische Tätigkeit aus, danach wurde er von 1936 bis 1939
Auslandskorrespondent des nationalsozialistischen Hetzblattes
"Völkischer Beobachter" in Warschau und Rom. Wegen unerwünschter
außenpolitischer Prognosen wurde er abberufen und kündigte seinerseits
fristlos am Tage des Kriegsbeginns 1939.
1939/1940
ist er Leiter der Abteilung Drahtloser Dienst beim Großdeutschen
Rundfunk, machte hier Bekanntschaft mit dem als Schriftleiter
angestellten Günther Weisenborn, pflegte den Kontakt gemeinsam mit
seiner Frau Grita zum Ehepaar Weisenborn in dessen Wohnung am
Wittenbergplatz und lernte hierbei auch das Ehepaar Schulze-Boysen
kennen, wurde jedoch nicht in den Widerstand einbezogen.
Zu
einem seiner Mitarbeiter gehörte auch Johannes Haas-Heye, der Bruder
von Libertas Haas-Heye, der späteren Ehefrau von Harro Schulze-Boysen,
der zum Widerstandskreis der Roten
Kapelle gehörte.
Am 6. Mai 1942 wurde
Lentz zur Wehrmacht einberufen und dort ab Oktober als Entzifferer in
der Funkabwehr des OKH am Berliner Matthäikirchplatz eingesetzt. Hier
entwickelten sich berufliche Kontakte zu Horst Heilmann, einem weiteren
Widerständler der Roten Kapelle.
Zusammen mit
Heilmann wurde Lentz am 5.9.1942 in der Dienststelle verhaftet und in
die Gestapo-Zentrale Prinz-Albrecht-Straße eingeliefert. Am 20.10.
bereits wieder entlassen kehrte er zur Funkabwehr zurück. Ab September
1943 wurde er beim Sonderkommando "Rote Kapelle" in Paris eingesetzt.
Das
Kriegsende erlebte Lentz in Oberitalien, gerät am 31.5. in englische
Kriegsgefangenschaft, aus der er Weihnachten 1945 floh. Danach baute er
in Italien eine Industrieberatung für den Konzern Filotechnica auf und
kehrte 1950 in die Bundesrepublik zurück, wo er als Journalist für
Zeitungen und auch für den Süddeutschen Rundfunk und den Südwestfunk
arbeitete. Ab 1961 arbeitete er als diplomatischer Korrespondent der
Deutschen Welle und lebte zuletzt in Königswinter. Lentz war Vater
dreier Kinder.
Es ist nicht bekannt, ob sich Lentz
vor Gericht verantworten musste.
Waldemar Lentz
hatten die Autoren in ihrer Print-Ausgabe
im Jahr 2000 leider auch als Mitglied der Roten Kapelle
aufgeführt. Fälschlicherweise hatten sie die Erwähnung von Lentz in
einem Beitrag von Heinz Schäfer [1] - er schreibt eindeutig "Lentz
war
trotz seiner Inhaftierung nicht in der Widerstandsbewegung tätig" - als
Mitglied der Roten Kapelle
missverstanden. Im Gegenteil, Waldemar Lentz war in der NS-Bewegung
verwurzelt.
Q:
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