DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Rote Kapelle
Rote Kapelle war der Name, den die Gestapo einer deutschen Widerstandsgruppe gab, die in der
Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland Nachrichten
von Berlin nach Moskau funkte.
Sie war Teil eines
weitverzweigten Netzes von meist kommunistischen Widerstandsgruppen in
Deutschland und den besetzten Gebieten Westeuropas - vor allem in
Holland, Belgien und Frankreich. Einer der wichtigsten Agenten funkte
jahrelang aus der "neutralen" Schweiz.
Die Berliner
Gruppe hatte sich bald nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933
gebildet. Die Kommunisten, von den Nationalsozialisten als Brandstifter
beschuldigt, wurden von da an brutal verfolgt und konnten ihre Arbeit
nur im Untergrund fortsetzen.
Die deutsche Gruppe,
die nicht ausschließlich aus Kommunisten, sondern aus Menschen
unterschiedlicher sozialer und politischer Milieus bestand, wurde
später auch als Harnack-Schulze-Boysen-Gruppe
bezeichnet, benannt nach den Leitern der Gruppe, Arvid Harnack, einem
Beamten im Reichswirtschaftsministerium, und Harro Schulze-Boysen,
einem Luftwaffenoffizier im Reichluftfahrtsministerium. Zu der
deutschen Gruppe, die über hundert Personen umfasste, gehörten
Regierungsbeamte, Professoren, Arbeiter und Künstler, außerdem
Angestellte und Beamte in Ministerien und Dienststellen der deutschen
Wehrmacht.
Die Gruppe gab nicht nur Meldungen über
militärische und politische Vorgänge nach Moskau weiter. Die
sowjetische Führung erfuhr Einzelheiten aus der deutschen
Flugzeugproduktion, Daten über Truppenbewegungen und Angaben über
Angriffsvorbereitungen an den Ostgrenzen des Deutschen Reiches. So
wurde die sowjetische Führung am 17. August 1941 darüber informiert,
dass Deutschlands Vorbereitungen für einen Krieg gegen die Sowjetunion
abgeschlossen seien und mit einem Angriff jederzeit gerechnet werden
müsse. Diese Information stammte unter anderem von
Schulze-Boysen. Leider wurde sie als Desinformation gewertet. Wenige
Tage später fielen die deutschen Truppen in die Sowjetunion ein.
Es
ging aber auch um Hilfe für Verfolgte und Fluchthilfe, um Unterstützung
von Zwangsarbeitern mit Lebensmitteln, Dokumentation von
nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, Fühlungnahme zu anderen
Hitlergegner und vieles andere mehr.
Über diese
Agententätigkeit war nur ein kleiner innerer Kreis der
Harnack-Schulze-Boysen-Gruppe informiert; der äußere Kreis der
Organisation befasste sich mit der Widerstandsarbeit in Deutschland. Im
Herbst 1942 wurde die deutsche Gruppe der Roten Kapelle durch zwei von
der Gestapo verhaftete sowjetische Agenten verraten. In diesem
Zusammenhang wurden über 120 Personen verhaftet, 92 vor dem
Reichskriegsgericht und dem Volksgerichtshof angeklagt, 49 von ihnen,
darunter 19 Frauen, wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Der
Roten Kapelle gehörten auch die in Darmstadt geborenen Arvid Harnack,
und Elisabeth Schumacher
an. An Arvid Harnack erinnert bis heute kein Platz, keine Straße oder
öffentliches Gebäude. An Elisabeth Schumacher erinnert seit 12.
Februar 2003 eine kleine Straße in der Heimstättensiedlung.
Waldemar Lentz haben wir
in unserer 1. Auflage (Print-Ausgabe aus dem Jahr 2000) leider auch als
Mitglied der Roten Kapelle aufgeführt. Fälschlicherweise haben wir die
Erwähnung von Lentz in einem Beitrag von Heinz Schäfer [1]
- er schreibt
eindeutig "Lentz war trotz seiner Inhaftierung nicht in der
Widerstandsbewegung tätig" - als Mitglied der Roten Kapelle missverstanden. Im
Gegenteil, Waldemar Lentz war in der NS-Bewegung verwurzelt.
Q:
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