DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Roeder, Manfred (6.2.1929 Berlin - 30.7.2014 Neukirchen) war ein deutscher, international vernetzter Rechtsextremist, der 1976 vor dem Darmstädter Landgericht angeklagt und verurteilt wurde.

Roeder wurde in Berlin geboren, der Vater war ein späterer SA-Obersturmführer. Der Vater schickte seinen Sohn auf eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt in Plön. Auch in Hessen gab es eine solche Anstalt in Diez an der Lahn. Später besuchte er eine der SS unterstehende Heimschule.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand er in Berlin die Reifeprüfung und studierte zunächst Germanistik und Philosophie, später Rechtswissenschaften. 1967 erhielt er die Zulassung als Rechtsanwalt in Berlin.

1965 bereits war der der CDU beigetreten, 1969 zog der Rechtsanwalt nach Bensheim an der Bergstraße. 1970 verließ er die CDU wieder.

1973 veröffentlichte er im rechtslastigen "Kritik-Verlag" eine Broschüre mit dem Titel "Die Auschwitz-Lüge". Das Vorwort zu dieser Broschüre war Anlass für die Darmstädter Staatsanwaltschaft, eine Anklageschrift gegen ihn zu verfassen. Im Verfassungsschutzbericht von 1973 findet dies Erwähnung:

Rechtsanwalt Manfred Roeder, Bensheim, "Deutsche Bürgerinitiative", Verfasser zahlreicher Flugblätter und des Vorwortes zur Schrift "Die Auschwitzlüge"

Der deutsche Verfassungsschutz (VS) hatte Roeder weiterhin unter Beobachtung. In den jährlichen vom Bundesministerium des Innern veröffentlichten Verfassungsschutzberichten wurde Roeder vielfach und wiederholt erwähnt. Hier wenige Beispiele:

In einer von dem Darmstädter Journalisten Moritz Neumann verfassten Broschüre [1] heißt es über den 1976 vom Darmstädter Landgericht eröffneten Prozess:

"Donnerstag, 19. Februar 1976. 9 Uhr. Manfred Roeder, angeklagt unter dem Vorwurf der Volksverhetzung, betritt den Saal 14 im Parterre des Landgerichtsgebäudes. Im vollbesetzten Zuschauerraum wird Beifall laut, dem Angeklagten werden Blumen überreicht. Das Publikum zischt, als der Staatsanwalt den Verhandlungsraum betritt, verharrt in Spannung, als das Gericht erscheint."

Zum Hintergrund gehört aber, dass die zuständige 4. Strafkammer die Anklage gar nicht zugelassen hatte. Erst die Einschaltung des Oberlandesgerichts Frankfurt führte dann zur Anklage.

"Manfred Roeder hat bewußt zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt, um eine feindselige Haltung gegenüber den Juden zu erzeugen. Sein Vorwort zu der 'Ausschwitz-Lüge' ist objektiv geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, ist ein Angriff auf die Menschenwürde jedes einzelnen jüdischen Mitbürgers ..." stellte der Staatsanwalt fest und forderte ein Jahr Haft ohne Bewährung. Vor dem Gericht hatten sich Unterstützer und Gegner Roeders versammelt. Am Nachmittag des 23. Februar 1976 lautete der Urteilsspruch wegen Volksverhetzung auf sieben Monate auf Bewährung und 3.000 DM Geldstrafe. Nach der Urteilsverkündung griffen Anhänger Roeders den Leiter des Schlossrevier, Hauptkommissar Wolfgang Berst, den Darmstädtern als "Papa Berst" bekannt, mit Schlägen an.

Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft als auch Roeder Revision in Karlsruhe ein. Im April 1976 erhielt er ein Berufsverbot als Anwalt. Roeder stand in den Folgejahren wiederholt vor Gericht, und auch der Verfassungsschutz hatte ihn weiterhin in Visier:

Die von der Justiz, sicherlich nach sorgfältiger Prüfung, festgestellte "günstige Sozialprognose" führte zu erneuten Erwähnungen in den VS-Berichten von 1991, 1992 und 1993. In dem Bericht von 1993 wird er als "ehemaliger Rechtsterrorist" bezeichnet. Allerdings verbreite er weiter "nationalistische, antisemitische und fremdenfeindliche Parolen."

1995 wird die von ihm gegründete Deutsche Bürgerinitiative "nur noch als kleine Gruppe" klassifiziert, die "wenige politische Aktivitäten" entfalte.

Im VS-Bericht von 1996 wird berichtet, dass er in Erfurt am 9. Juni Tafeln der Wanderausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" mit den Worten "Lüge" und "Hetze" besprüht habe und vom Amtsgericht Erfurt zu 4.500 DM Geldstrafe verurteilt worden sei. Der Bericht von 1997 erwähnt lediglich zwei Veranstaltungen im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Wehrmachtsausstellung in Marburg.

Doch dann überschrieb die Süddeutsche Zeitung vom 8. Dezember 1997 einen Artikel mit "Die Streitkräfte erneut im Zwielicht: Empörung über Neonazi-Rede bei Bundeswehr - Mehrmals verurteilter Rechtsextremist Roeder hielt 1995 in der Hamburger Führungsakademie einen Vortrag - Verteidigungsministerium spricht von 'unglaublichem Vorgang' / Grüne fordern parlamentarisches Nachspiel" und löste damit eine monatelange Diskussion über eine mögliche Nähe der Bundeswehr zur nationalsozialistischen Ideologie aus.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte am 9. Dezember 1997:"Schwerer Schaden für die Bundeswehr" - Rühe leitet Disziplinarmaßnahmen ein - General vorläufig von seinen Aufgaben entbunden / SPD beantragt Aktuelle Stunde / Der Fall Roeder". Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung werte Rühe "die Einladung des Neonazis Roeder nicht als Zeichen von Sympathie".

Das Darmstädter Echo fragte am 9. Dezember 1997 "Die Bundeswehr - ein braunes Sammelbecken?"

Die Diskussion ging weiter, ein Untersuchungsausschuss wurde eingerichtet und die Tageszeitung (TAZ) berichtete am 12. Dezember 1997:

"Rühe rutscht weiter in den braunen Sumpf - Neues im Fall Roeder: Kontakte mit der Bundeswehr schon 1993. Sein Verein galt zeitweise als gemeinnützig. Mehrere Behauptungen von Minister Rühe widerlegt"

Die TAZ vom 10. Dezember 1997 zitierte den Verteidigungsminister, "wonach die verantwortlichen Offiziere 1995 vom Werdegang Roeders nicht gewußt hätten".

Zur Erinnerung: Die Führungsakademie der Bundeswehr ist die Ausbildungsinstitution für die höchsten militärischen Ämter der Bundeswehr. Über Roeder hat das Bundesamt für Verfassungsschutz über Jahrzehnte in ihren Veröffentlichungen berichtet - wie vollständig auch immer. Und das Führungspersonal der Kaderschule gibt sich unwissend!

Am 29. April 1998 berichtete die Frankfurter Rundschau, dass Kontakte Roeders zur Bundeswehr den Geheimdiensten schon 1990 bekannt gewesen seien, doch seien die Hinweise zunächst unbeachtet geblieben.

Zur Bundestagswahl 1998 kandidierte er für die NPD im Wahlkreis Strahlsund-Rügen-Grimmen, wo er 2,1 Prozent erreichte.

Weitere Anklagen und Verurteilungen erfolgten fast im Jahresrhythmus, zuletzt im Jahr 2010.


Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6]

 

zurück zur Übersicht