DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Berliner, Ernst
(15.9.1880 Berlin - 28.10.1957 Auerbach/Bergstraße) war ein deutscher
Naturwissenschaftler, der auf Grund seiner jüdischen Herkunft politisch
verfolgt wurde.
Nach dem Abitur am Berliner
Humboldt-Gymnasium im Jahr 1901 studierte er an der Technischen
Hochschule Berlin-Charlottenburg Maschinenbau bis 1904 und anschließend
bis 1908 an der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin
Naturwissenschaften. Es schloss sich eine wissenschaftliche Tätigkeit
am Zoologischen Institut der Universität und am Robert-Koch-Institut in
Berlin an. Am 8. Mai 1909 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Arbeit
zu "Flagellatenstudien".
Von 1909 bis 1912 war er Assistent und später Abteilungsleiter an der
Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Berlin.
1911 berichtete er über eine Infektionskrankheit von Mehlmottenraupen
in der Zeitschrift für Getreidewesen und veröffentlichte hierüber 1915
eine ausführliche Publikation in der Zeitschrift für angewandte
Entomologie.
Von 1912 bis 1914 war er Abteilungsleiter der agrikulturchemischen
Kontrollstation der Landwirtschaftskammer Halle/Saale.
Von
1914 bis 1919 nahm Berliner als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg
teil und wurde Leutnant und Kompanieführer in Frankreich und Russland
und mit dem Eisernen Kreuz 2. und 1. Klasse ausgezeichnet.
Ab
1920 war er leitender Chemiker beim schwedischen Mühlenkonzern Malmö
Stora Walskvarn und ab 1927 Leiter des Forschungsinstituts für
Getreidechemie bei der MIAG in Frankfurt/Main.
1921 heiratete er Helene Martha, geb. Ast, mit der er die Kinder Kurt
Albrecht (1921-1944) und Hildur Hedwig (* 1928) hatte.
1927 gründete Berliner das "Frankfurter Forschungsinstitut für
Getreidechemie" und verlegte es 1931 oder 1932 nach Darmstadt-Eberstadt
in die Schillerstraße 2.
Von 1927 bis 1933 war er
an der Technischen Hochschule Darmstadt Privatdozent für
Getreide-Chemie.
Von den Nationalsozialisten wurde er auf Grund seiner jüdischen
Herkunft politisch verfolgt, erhielt Arbeitsbeschränkungen und
Veröffentlichungsverbot. Von 1936 bis 1938 konnte er noch
wissenschaftliche Ausbildungskurse in Wien, Prag, Zürich und Paris
leiten.
Im Jahr 1944 hatte die Geheime
Staatspolizei ihn zusammen mit seiner Frau zeitweilig
inhaftiert.
Im Jahr 1949 konnte er sein
Forschungsinstitut für Getreidechemie wieder in Darmstadt-Eberstadt
betreiben. Er wurde unterstützt von dem Chemiker Dr. Kurt Neitzert
(geb. am 22.11.1910 in Oberlahnstein). 1950 initiierte er die
alljährliche "Jugenheimer Diskussionstagung" der Arbeitsgemeinschaft
Getreide-Chemie. 1955 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande
ausgezeichnet.
Nach dem Tod Berliners am 28. Oktober 1957 übernahm Dr. Neitzert das
Institut und benannte es in "Laboratorium für Getreidechemie" um. Es
wurde 1958 in die Landgraf-Philipps-Anlage verlegt.
Ernst Berliner wurde auf dem Friedhof in
Darmstadt-Eberstadt beigesetzt.
Erwähnenswert
ist in diesem Zusammenhang, dass der politisch Verfolgte Ernst Berliner
nach dem Krieg sich einen Partner in sein Unternehmen holte, den Herrn
Dr. Kurt Neitzert, der am 8.7.1934 Mitglied der Naziorganisation SA
(Sturmabteilung) geworden war.
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