DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Feuerwehr Die Stadt Darmstadt verfügt seit 1895 über eine Berufsfeuerwehr. Aus Anlass ihres
hundertjährigen Bestehens gab sie in einer fast hundertseitigen
Broschüre "einen kleinen Einblick" in ihre Arbeit.
Im Vorwort
werden Feuerwehren als Einrichtungen bezeichnet, "die über alle Grenzen
und Ideologien hinweg nur ein Ziel haben: Hilfe zu bringen". Dieser
selbstformulierte Anspruch klingt selbstlos und führt zu der Frage, wie
die Feuerwehr ihre Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus - jenseits
von Ideologien - definiert, darstellt und kommentiert oder gar versucht
aufzuarbeiten.
Erinnern wir uns: Am 9. und 10. November 1938
brannten im Reich die Synagogen - eine von den Nazis organisierte
Brandstiftung. Die Feuerwehren standen in aller Regel bereit, um das
Ausbreiten des Feuers auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Dem Brand
der Synagogen selbst hat sie tatenlos zugesehen.
Auch in
Darmstadt haben Synagogen gebrannt. In der Darstellung der Geschichte
der Berufsfeuerwehr Darmstadt fehlt dieser Komplex völlig. Auch über
die Rolle der Feuerwehr in der Nazizeit gibt es keine Aussagen.
Stattdessen geht es um Dinge wie z.B. das "preußische Feuerschutzgesetz
vom 15. Dezember 1933", das "Reichsgesetz über das Feuerlöschwesen vom
23. November 1938", um die neue Brandmeldeanlage von 1934, um die
Anschaffung einer neuen Drehleiter 1937 und weitere "unverzichtbare"
Informationen.
Die Vorworte von Oberbürgermeister Peter Benz,
des zuständigen Stadtrates, des Amtsleiters und des
Stadtbrandinspektors bewegen sich auf gewohntem und üblichem Niveau, in
dem die Zeit des Nationalsozialismus ausgespart wird. Und um es nicht
zu vergessen: Feuerwehren bringen Hilfe über alle Grenzen und
Ideologien! Und dies fast 60 Jahre nach Ende des Naziregimes.
Ein weiteres Beispiel, wie die Rolle der Feuerwehren in der NS-Zeit konsequent ausgeblendet wird, ist auch die
Darstellung im Festheft der Freiwilligen Feuerwehr Eberstadt. Dort heißt es im Beitrag "Die Entwicklung nach
1900":
In den dreißiger Jahren sind in den Akten der Wehr nur kleinere Einsätze verzeichnet, die hier nicht erwähnt
werden sollen. Im Juli 1936 feierte die Wehr ihr 60jähriges "Jubel-Fest". ... Als sich im Jahr 1938 bereits
die Kriegsgefahr abzeichnete, wurden die Freiwilligen Feuerwehren zu Feuerlöschpolizei-Einheiten erklärt und neue
Dienstgradeinteilungen eingeführt. ... Bei Kriegsausbruch im Jahr 1939 wurden alle Männer der Wehr, soweit sie
nicht zum Wehrdienst eingezogen waren, ... .
Kein Wort von der Brandstiftung der Eberstädter Synagoge und dem Nichteingreifen der Feuerwehr in einer
Broschüre, die Grußworte des Darmstädter Oberbürgermeisters Günther Metzger (SPD) und des Landrats des
Landkreises Darmstadt-Dieburg, Dr. Hans-Joachim Klein (SPD)!
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