Unsere bislang einzige weitere Quelle ist die Berichterstattung der "Zeitung für Darmstadt" vom 19. November 1993. Aus ihr nehmen wir die folgenden Informationen.
Die Berichterstattung über Fink gliedert sich in zwei Teile. Zum einen geht es um seine Frau und deren Behandlung im Städtischen Klinikum Darmstadt und zum anderen um seinen persönlichen Werdegang im Nationalsozialismus als Gestapo-Aktivist.
Hier thematisieren wir nur seine Rolle als Nazi- und Gestapo-Aktivisten.
Auszüge aus dem Artikel "Faschistische Doppelmoral":
Auszug aus dem Artikel "Karriere eines NS-Massenmörders":
"Von unserer Stapo liefen die ersten umgebauten Gaswagen aus dem Hof. Das lag am Himmler, so eine Marotte von ihm. Er hatte es zu voreilig mit seiner Judenpolitik. Das hätten sie erst nach dem Krieg machen sollen – so haben wir halt verloren. Wir hatten eben das Pech zu verlieren – ohne die Juden hätten wir gewonnen. Die hätten ja auch noch später beseitigt werden können, nach dem Krieg. Aber mir haben sie in Polen keinen Mord nachweisen können." Nach einer Pause setzt er wieder ein: "Würden Sie heute auf die Straße gehen und einem Bubis sagen, Sie sind ein Mörder, denn Sie bringen Palästinenser um – also sind Sie auch ein Mörder. Das…", und da richtet er sich wieder auf, "ich habe das getan und auch den Prozeß gegen Galinski geführt, sie wissen, der Vorsitzende der Juden. Das ist heute möglich. Prozesse habe ich immer ohne Anwalt gemacht, wie unter Richter Dexheimer. Der hat auch entschieden, daß die Stapo-Leute Rente bekommen. Mein Urteil können Sie im Hessischen Staatsarchiv finden. Aus den Prozeßprotokollen der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse habe ich gefunden, daß Stapo-Leute dann Rentenanspruch haben, wenn sie in der Wehrmacht waren. Dexheimer meinte, die Klage ist von Rechtsanwälten aufgesetzt. Wenn es nur ein paar mehr geben würde, die so wie ich da sticheln würden und dort …". Sein Gesicht leuchtet, Bewegung kommt in ihn, die Finger deuten auf die imaginären Geisterverwandten: "Wenn es nur ein paar mehr gäbe, sähe es hier anders aus." Zu Treffen der Stapo Leute in der Nachkriegszeit ging er regelmäßig und beschreibt: "Die meisten hatten ja Angst zu bekennen. ...
Von der SA zur Gestapo - "Ich klage an: Heinrich Fink, geboren am 23.2.1913 in der Ortschaft Darmstadt (Deutschland), Sohn des Jakobs (von Beruf Justizsekretär) und der Elisabeth, geborenen Brückmann, deutscher Nationalität, Reichsdeutscher, von Beruf Büroangestellter…" wegen des Verbrechens … für hitlerisch faschistische Verbrecher", leitete am 5.1.1951 die "Provinzial-Staatsanwaltschaft in Poznan" (Nr. VII.Sg.332/50) ihre Klageschrift ein. ... Der Heinrich Fink hatte bis zum 14. Lebensjahr eine "Knabenmittelschule" in Darmstadt besucht und anschließend eine Lehre in einer Anwalts- und Notariatskanzlei von 1927 bis 32 angetreten. Danach war er arbeitslos, bis er 1933 eine bezahlte Stelle bei der SA-Untergruppe Hessen-Darmstadt antrat. Von 1934 bis 35 war er "Rechnungsführer der SA-Führerschule Freiburg" bevor er zur "Preussischen Geheimen Staatspolizei" in Koblenz als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft beitrat. Seine eigentliche Laufbahn als NS-Schlächter begann mit der Abkommandierung nach Frankfurt/Oder, zur "Sammelstelle für den Polen-Einsatz" am 4.9.1939. Von dort ging es weiter zur "sicherheitspolizeilichen Einsatzgruppe VI" in Posen. Seine erste Teilnahme an einer "Säuberung" dauerte vom 10.9.39 bis zum 8.10.: In Gnesen hatte ein Pfarrer "männliche Volksdeutsche zum Tode verurteilt und erschießen lassen", beschreibt Fink den Grund. Im sogenannten "Reichsgau Wartheland" sind, so ergibt eine Recherche, am 9. und 10.9.39 in Kleck (Kreis Gniesno) 300 Polen umgebracht worden, in der Literatur ist die Wehrmacht der Täterschaft bezichtigt, Fink sagt, "unter leitender Teilnahme der Stapo". ... Das Urteil im ersten Prozeß vom 15.3.1951 sprach Heinrich Fink zwar von der Anklage frei, "von der Teilnahme an Totschlägen durch Geleiten der zum Tode verurteilten Personen auf die Hinrichtungsstelle … Der Angeklagte hat zwar zugegeben, daß er die zum Tode Verurteilten nach dem Wäldchen Zakrzewo geleitet hat …, aber er hat dieses Geständnis widerrufen". Damit wich das Gericht von der Anklageschrift des Staatsanwaltes Kowalski ab, in der genauer beschrieben war, wie sich was zugetragen hatte: Der Angeklagte Fink, der "in der Zeit vom 10. Dezember 1939 bis zum 10. Januar 1940 an Totschlägen von Personen der Zivilbevölkerung dadurch teilgenommen hat, indem er die zur Hinrichtung Bestimmten … zum Walde Zakrzewo bei Poznan geleitete … . ... Die Erschießungen sind von Angehörigen der Gestapo vollzogen worden. Auf diese Weise sind im Wald bei Zakrzewo ungefähr 2.000 polnische Patrioten umgekommen. Der Angeklagte hat es eingestanden, daß er … an den Vollziehungen solcher massenhaften Exekutionen dadurch teilgenommen hat, indem er die zur Hinrichtung bestimmten Transporte von Häftlingen … eskortierte. … Der Angeklagte hat es zwar nicht eingestanden, auch sind keine Beweise dafür erbracht worden, daß er an den Erschießungen jener Häftlinge unmittelbar teilgenommen hat, jedoch allein die Tatsache des Geleits der Transporte … gilt als Teilnahme an den Totschlägen … . Solch eine Hilfe ist die Assistierung für die Urteilsvollstrecker …". Das Urteil lautete 8 Jahre Strafhaft. Nach der Revisionsverhandlung: 10 Jahre. Was die polnischen Juristen nicht wußten: Am 9.11.1993 meint Fink, "das war doch Ehrensache. Selbstverständlich wollten wir alle die Volksfeinde beseitigen, aber das konnte ich damals nicht sagen, ich war ja nicht dumm. Überhaupt wußten die sowieso nichts." Anschließend Rückkehr nach Posen. Verleihung des Bundesverdienstkreuzes mit Schwertern 2. Klasse", beschreibt Fink selbst. ... Die SS sollte Warschau auf Befehl Himmlers "judenfrei" machen und setzte außer Panzern und Artillerie auch die Luftwaffe ein; zur Verstärkung wurden Stapo-Leute der umliegenden Regionen – unter ihnen Fink – herangezogen. Offiziell meldete am 16.5.43 SS-Brigadeführer Jürgen Stroop, "56.056 nachweislich vernichtete Juden." ... Am 23.2.45 war er in russische Gefangenschaft geraten, wurde trotz falschen Namens (KK. Otto) von dem russischen Geheimdienst NKWD als Gestapo-Mann Fink erkannt und in Leningrad vor dem Kriegsgericht auf Grund seines Geständnisses über die Exekutionen in Posen und wegen des Abschießens von Fallschirmjägern zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Der Halb-Jurist Fink setzte 1950 durch, daß er an Polen ausgeliefert wurde, weil er auf polnischem Boden in Gefangenschaft geraten war. Und seine Rechnung ging auf, dort bekam er nur noch 10 Jahre Strafhaft. ... Ab 1944 war Fink an der "Partisanenbekämpfung" in einem "Sondereinsatz" beteiligt. ... Den Kampf um Posen machte Fink angeblich als Wehrmachtssoldat im Landesschützenbataillon 132 vom 19.1. bis zum 23.2.1945 (34 Tage) mit, dann fiel Posen und Fink ging als KK. Otto in russische Kriegsgefangenschaft – nicht jedoch, ohne das Eiserne Kreuz zweiter Klasse noch kurz vor Ende bekommen zu haben. Er hatte Glück, beschreibt er: "Alle verwundeten Soldaten, egal ob Offiziere oder Mannschaften, wurden in der gesamten Festung Posen ausgeplündert und erschossen." ... Seine Haft in Polen ging im November 1955 nach 10 Jahren zu Ende und er wurde nach Deutschland entlassen. Acht Tage später hatte Fink in Darmstadt einen Antrag auf Kriegsgefangenenentschädigung gestellt. Der Magistrat beschied dies abschlägig, da Strafhaft von Gestapo-Leuten nicht als Kriegsgefangenschaft anerkannt war. Doch Fink ließ nicht locker, er wollte, daß die Gestapo-Tätigkeit als "militärähnlicher Dienst" anerkannt und er als Kriegsgefangener entschädigt wird. Am 23.1.1957 erreichte er sein Ziel: Verwaltungsgerichtsdirektor Dexheimer, dem wohl bekannt war, daß Fink lediglich 34 Tage bei der Wehrmacht tätig war und der auch die Urteile kannte (Fink: "ich habe die immer vorgezeigt, damit die Leute wissen, daß ich nicht persönlich wegen Mordes verurteil worden bin"), Verwaltungsgerichtsrat Roth, Stadtinspektor Lingelbach und Gerichtsassessor Schäfer begründeten in einer umfangreichen Abhandlung, daß nicht der Grund für die Strafhaft ausschlaggebend sei, sondern ob Kriegsgefangene "wegen ihres militärischen Dienstes gefangen waren. Es kommt somit auf die weitere Frage, ob der Dienst … bei der Geheimen Staatspolizei unter Umständen einen militärischen oder militärähnlichen Dienst darstellte, nicht mehr an." Dieselben Richter verwarfen einen Antrag auf Revision und ermöglichten so, daß auch Massenmörder im Dienste der Gestapo oder SS als Kriegsgefangene Anspruch auf Entschädigung rechtlich durchsetzen konnten. Fink wurde zwar nicht von den Richtern, aber von der Darmstädter Öffentlichkeit als "KV (Kriegsverbrecher, red.) behandelt", er war arbeitslos und übernahm schließlich 1957 einen Kiosk. Zwei Jahre später bauten seine Frau Dina, die übrigens in Posen bei ihm war, und er einen neuen Kiosk an der Neckar- Ecke Rheinstraße vor dem Verwaltungsgericht auf, das ihm so freundlich gesonnen war. Auch die Verfemung in der "besseren Gesellschaft" fand ein Ende, er wurde Kegelbruder, beispielsweise des Polizeipressesprechers Werner Rühl – weitere Kreise konnten wir nicht mehr erfragen; Fink verlor sich in unbestimmten Äußerungen, "ich habe hier gute Beziehungen.” ... Fink war einer der Überzeugten: Er nahm an "Kameradschaftstreffen" teil, wo seine Orden was zählten und das Abschlachten von PolInnen und JüdInnen "eine Heldentat im Dienst für das deutsche Volk" ist, besuchte Veranstaltungen der rechten DVU, wo er sich unter seinesgleichen wähnte, allerdings als graue Eminenz, denn er zehrte von seiner "großen" Vergangenheit und wollte diese auf dem Rechtsweg wieder aufleben lassen – war er dort doch auf wohlwollendes Verständnis gestoßen. ..."