DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Jäger, Hanns Ernst (1.1.1910 Wien - 15.8.1973 München) war ein bekannter Schauspieler und Regisseur. Er war Sohn eines Wiener Kriminalrates und studierte zunächst Medizin und Jura, merkte jedoch, dass dies nicht seinen Interessen entsprach und kam so erst mit 27 Jahren zur Schauspielausbildung bei Albert Bassermann. Sein Weg als Schauspieler führte ihn über Linz, Graz auch nach Darmstadt und Chemnitz. Es schloss sich Kriegseinsatz und US-Gefangenschaft an. Ein Neuanfang nach dem Krieg führte ihn nach Bochum, Essen, Karlsruhe, Mannheim, Frankfurt am Main, Wien und München. Er übernahm Rollen in bekannten Stücken von Kleist, Brecht und vielen anderen.

In Darmstadt trat Jäger von 1941 bis 1944 am Hessischen Landestheater auf. Die Darmstädter Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 23./24. September 1944 ausführlich von den Abschiedsfeierlichkeiten der Opfer der heute sogenannten Brandnacht. Die Überschrift lautete: "Auch wenn wir vergehen müssen, muß Deutschland bestehen! Darmstadt nahm Abschied von den Opfern des Terrorangriffs". Auch Jäger spricht auf dieser Veranstaltung. In der Darmstädter Zeitung heißt es:

"Dumpfer Trommelwirbel leitete die Trauerfeier ein und als Gruß der Lebenden an die Toten legten ein Hitlerjunge und ein BDM-Mädel leuchtende Blumen vor dem Totenhügel nieder. Schauspieler Hanns E. Jäger sprach die verpflichtenden Worte des Führers für das kämpfende, siegesgläubige Deutschland: "Auch wenn wir vergehen müssen, muß Deutschland bestehen. Auch wenn uns einzelne das Schicksal schlagen sollte, muß Deutschland leben! Auch wenn wir Not und Sorge auf uns zu nehmen haben, Deutschland muß sein, trotz Sorgen und Not!"

Aus Anlaß seines Todes erschien am 17.8.1973 in der Süddeutschen Zeitung (?) von Hans Bertram Bock ein ausführlicher Nachruf. Darin heißt es u. a:

"Er, der durch die Nazis geheilte Aktivist, war ein überzeugter Pazifist, ein engagierter Demokrat. In seinen wenigen freien Tagen reiste er zu Songfestivals, trat mit Hüsch, Degenhardt und Süverkrüp, mit Gisela May und Wolfgang Neuss auf, gab hinreißende Kostproben aus seinem Brecht- und Tucholsky-Repertoire, agitierte mit ätzender Ironie, ein vitaler Kraftprotz: "Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" Er haßte die Reaktionäre, wußte um das Dilemma des Theaters …".

Es sei daran erinnert, dass die oben zitierte Rede von 1944 knapp vor Ende des Krieges gehalten wurde. Leider gibt der Nachrufschreiber, der von Jäger 1961 als "Freund" - wie er es nannte - "aus feindlichen Lagern" bezeichnet wurde, keinen Hinweis darauf, wann Jäger ein überzeugter Demokrat wurde, nach dem Verbot der Gewerkschaften und der Parteien 1933, den Konzentrationslagern ab 1933, den Rassegesetzen 1935, den organisierten Brandstiftungen an Synagogen 1938, der Judenverfolgung und Judenermordung? Das Darmstädter Adressbuch von 1942 führt unter den Darstellenden Mitgliedern des Landestheaters im Schauspiel Hanns Ernst Jäger auf, er wohnte zu dieser Zeit in der Mathildenstraße 43.

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