DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Kipper, Paul (15.5.1876 Berghofen bei Dortmund - 17.5.1963 Darmstadt) war Richter in Wiesbaden, überzeugter Nationalsozialist und wurde 1937 Präsident des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche in Nassau-Hessen in Darmstadt.

Kipper stammt eigener Aussage zufolge "aus einem orthodoxen westfälischen Pfarrhaus. Auch mein Großvater war Pfarrer".

Nach der Reifeprüfung studierte Kipper Jura und schloss das Studium am 7. 12.1900 mit dem 1. Preussischen Staatsexamen ab. Nach dem 2. Staatsexamen begann seine juristische Karriere, die ihn an das Landgericht Posen, das Landgericht Hagen und 1922 an das Amts- und Landgericht Wiesbaden führte.

Der NSDAP schloss sich Kipper gleich am 1. Mai 1933 an. Ab 1934 gehörte er auch dem NS-Rechtswahrerbund und ab 1935 der NS-Volkswohlfahrt an. Von 1937 bis 1939 war er förderndes Mitglied der SS.

Am 13. September 1933 wurde Kipper Rechtsberater des Bevollmächtigten der Evangelischen Landeskirche in Nassau und am 26.4.1934 Präsident der Landeskirchenkanzlei in Darmstadt. Grunwald bezeichnet Kipper als "Schreibtischtäter", der für Ruhe und Ordnung in der Institution Kirche sorgen wollte.

Bei Karl Dienst ist nachzulesen, dass Kipper 1938 "auch die Vereidigung der nassau-hessischen Pfarrer auf den Führer" anordnete, "der sich bis auf wenige Ausnahmen auch BK-Pfarrer nicht widersetzten".

Klee zitiert eine von Kipper im April 1939 unterzeichnete Bekanntmachung, in der es hieß:

"Der Kampf des Nationalsozialismus gegen jeden politischen Machtanspruch der Kirchen, sein Ringen um eine dem deutschen Volke artgemäße Weltanschauung, sind nach der weltanschaulich-politischen Seite hin Fortsetzung und Vollendung des Werkes, das der deutsche Reformator Martin Luther begonnen hat."

Kipper war 1939 Mitbegründer des "Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" in Eisenach. Am 15. Januar 1942 wurde im Gesetz- und Verordnungsblatt am 1. Juli 1942 eine Verordnung veröffentlicht, in der es hieß:

"VO des LKA (Kipper) über den "Ausschluß rasse-jüdischer Christen aus der ELK NH vom 15. Jan.:

§ 1 Personen, auf die die Bestimmungen der §§ 1 und 2 der Polizei-VO über die Kennzeichnung der Juden vom 1. September 1941 Anwendung finden, sind samt ihren Abkömmlingen im Bereiche der ELK NH von jeglicher kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen."

Anfang Mai 1945 führte die neugebildete vorläufige Leitung der Hessischen Landeskirche ein Gespräch mit Kipper, um ihm mitzuteilen, dass "seine Funktion im Raum der Hessischen Landeskirche als erloschen angesehen" würde.

Im Entnazifizierungsverfahren 1947 wurde er zu 5.000 Reichsmark Sühne verurteilt und als minderbelastet mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren eingestuft.

Aus dem Schriftverkehr Kippers mit der Kirchenleitung nach 1945 geht nach Grunwald hervor, dass er keinerlei "einsichtiges Verhalten oder gar Reue über sein Verhalten" zeigte. Er erhielt 45 Prozent der Pension eines Landgerichtsrats, die aber anlässlich seines 80. Geburtstages 1956 im Gnadenweg auf 75 Prozent erhöht wurde.

Friedrich Knöpp (24.6.1904 - 30.11.1995), Darmstädter Archivar und selbst Mitglied der NSDAP seit 1.1.1941 (Aufnahme abgegeben am 10.11.1939!), hält es in seiner Veröffentlichung "Der Volksstaat Hessen 1918-1945" trotz Kippers aktiven Einsatzes für die nationalsozialistische Ideologie für erwähnenswert, dass es ihm gelang "unter Hinweis auf den an den Volksschulen stark eingeschränkten Religionsunterricht gegen die Auffassung von Staatsrat Reiner die Einführung des zweijährigen Konfirmandenunterrichts als rein kirchliche Angelegenheit durchzusetzen".

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