DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Lenz, Erwin
(12. 4. 1914 Berlin - 27. 7. 2000 Darmstadt) absolvierte
nach dem Besuch der Volksschule (1920-1923) und der
Mittelschule
(1923-1929) eine kaufmännische Lehre in den Aron-Werken in
Berlin-Charlottenburg (1929-1932). Später arbeitete er als
Abteilungsleiter und Korrespondent bei verschiedenen Firmen.
Er war Mitglied des deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, trat
1931 zum Zentralverband
der Angestellten (ZdA) über und engagierte sich
1932 in der Antifaschistischen Aktion in Berlin-Steglitz. Bereits 1930
wurde er Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD),
aus dem er jedoch 1931 ausgeschlossen wurde. 1932 tritt er der
Kommunistischen Jugend-Opposition (KJO) bei. Dort hatte er verschiedene
Funktionen wie Organisationsleiter, Kassierer und I.-Mann (Vorbereitung
der Illegalität). Nach 1933 leistete er in einer Gruppe der
Kommunistischen Partei-Opposition (KPDO) illegale Arbeit gegen das
nationalsozialistische Regime.
Am 2. März 1937 wurde Lenz verhaftet. Am 30. November 1937 verurteilte
ihn der V. Strafsenat des Kammergerichts Berlin im Prozess Popper, Krug
u. a. (Az.: 7 aO. Js. 123/37; V. 51.37) wegen "Vorbereitung zum
Hochverrat" zu zwei Jahren und neun Monaten Zuchthaus, die
er u. a. im
Zuchthaus Brandenburg-Görden, in Abbendorf bei Bad Wilsnack, Bayreuth
und Untermaßfeld verbüsste. Während der Haft wurde er für wehrunwürdig
erklärt.
Am 2. Dezember 1939 wurde er aus dem Zuchthaus entlassen und der
Gestapo-Leitstelle
zugeführt, "zwecks
Prüfung der Frage, ob L. in
Schutzhaft zu nehmen ist". Nach Verhängung der
Polizeiaufsicht durch
die Gestapo wurde er im Dezember 1939 freigelassen und am 17. Juni 1940
"im Frieden und Krieg vom Dienst in der deutschen Wehrmacht
ausgeschlossen". 1940 erfolgte die Wiederaufnahme der illegalen
Verbindung zur KPDO.
Am 2. Februar 1943 wurde er "auf
Grund eines besonderen Führerbefehls
während der Dauer Ihres Dienstes in der Wehrmacht für wehrwürdig"
erklärt und sofort zur Strafdivision 999 einberufen. Nach kurzer Ausbildung
auf
dem Heuberg - dort Bildung einer illegalen Gruppe mit Wolfgang
Abendroth, Lothar Hegewisch u. a. - kam er auf die Insel Rhodos, wo er
mit anderen politischen 999ern in der illegalen Organisationsleitung
zusammenarbeitete. Er geriet in Griechenland durch britische
Kriegsgefangenschaft nach Ägypten und wurde nach England gebracht.
Nach seiner Entlassung im Oktober 1946 ging er in die damalige
sowjetisch besetzte Zone (SBZ), und zwar nach Berlin und wurde 1947
Mitglied der SED und Leiter eines metallverarbeitenden Betriebes in
Berlin mit 2.500 Beschäftigten. Bis dahin hatte der VEB ständig mit
Verlust gearbeitet; unter der neuen Leitung von Lenz wurden steigende
Gewinne erzielt (1955: 27,5 Mio. Mark).
Von 1948-1952 bereitete er sich auf die Abiturprüfung vor und studierte
ab 1952 Wirtschaftswissenschaften an der Humboldt-Universität im
damaligen Ost-Berlin (Abend- und Fernstudium), das jedoch durch
Festnahme durch den DDR-Staatssicherheitsdienst im Herbst 1955 beendet
wurde.
Wegen fortwährender Auseinandersetzungen mit der SED und der
Staatssicherheit wurde er am 24. September 1955 unter der Anklage der
Agententätigkeit, Partei- und Staatsfeindlichkeit, Anti-Sowjet-Hetze,
Sabotage etc. von der Staatssicherheit in Untersuchungshaft genommen
und am 7. Mai 1956 auf Gerichtsbeschluss wegen "Wiederherstellung der
Gesetzlichkeit" (Entstalinisierung) aus der Haft
entlassen. Das
Industrieministerium bot ihm wieder eine Stelle als Werksdirektor an.
Nach Warnung vor erneuter Festnahme floh er im Juni 1956 in die
Bundesrepublik und lebte zuletzt in Darmstadt.
Er organisierte sich wieder gewerkschaftlich, trat jedoch keiner
politischen Organisation bei. Er arbeitete im mittleren Management
einiger Großbetriebe bis Ende 1979. Er hielt freundschaftliche Kontakte
zu den alten KPDO-Genossen.
Q:
[1]
[2]
zurück zur Übersicht