DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Meidner, Ludwig (18.4.1884 Bernstadt / Schlesien - 15.5.1966 Darmstadt) wurde von den Nazis als "entarteter Künstler" verfehmt.

Nach dem Besuch der Oberrealschule in Kattowitz begann er eine Maurerlehre (1901-1902), brach diese jedoch ab, um sich 1903 an der Königlichen Kunstschule in Breslau zu bewerben. Ab 1905/06 arbeitete Meidner als Modezeichner in Berlin und studierte 1906/07 an der Academie Julian und der Academie Cormon in Paris.

Der heilige Franziskus von Ludwig Meidner
"Der heilige Franziskus" [9]

Schlachtfeld von Ludwig Meidner
"Schlachtfeld" [9]

1907 wurde Meidner gemustert, jedoch vom Militärdienst zurückgestellt. Im folgenden Jahr kehrte er nach Berlin zurück und finanzierte sich als Zeitungsverkäufer. 1911 erhielt er, unterstützt durch ein Gutachten von Max Beckmann, ein Stipendium und beginnt mit seiner malerischen Produktion seinen Ruf als expressionistischer Künstler zu festigen. Bilder wie "Apokalyptische Landschaft" und "Vision eines Schützengrabens" entstehen.

Dem Ersten Weltkrieg steht Meidner ablehnend gegenüber und bringt dies auch in der Federzeichnung "Am Vorabend des Krieges" (1914) zum Ausdruck. Seine Distanzierung von der Kriegsverherrlichung wird auch bei seinem Werk "Anleitung zum Malen von Großstadtbildern" deutlich.

1916 erhielt er die Einberufung zum Kriegsdienst. Recht bald geriet er in Kriegsgefangenschaft und arbeitete in dieser Zeit als Dolmetscher, bis er 1917, nach der Entlassung, vom Berliner Kunsthändler Paul Cassierer unter Vertrag genommen wurde.

1920 wurde Meidner Mitglied der Darmstädter Sezession. 1924/25 nahm er eine Dozentenstelle am "Studienatelier für Malerei und Plastik" in Berlin an. Von 1927 bis 1932 arbeitete er für Feuilletons Berliner Zeitungen. 1929 wurde sein Sohn David geboren.

Im Jahr 1934 konnte noch aus Anlass seines 50. Geburtstags eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin eröffnet werden. Nachdem die Nationalsozialisten 1935 Meidners Werke als "entartet" bezeichneten, seine Werke aus deutschen Museen entfernten, zieht er 1935 nach Köln und unterrichtete dort als Zeichenlehrer an einer jüdischen Schule. Im antisemitischen Hetzwerk von Theodor Fritsch "Handbuch der Judenfrage", das 1935 in 39. Auflage (181 - 200 Tausend!!) erschienen war, wurde Meidner neben Segal, Chagall u.a. als "führender Kunstjude" gebrandmarkt.

Im August 1939 flüchtete er mit seiner Familie nach England. 1940 bis 1941 wurde er auf der Kanalinsel Isle of Man als "feindlicher Ausländer" interniert. Danach lebte er unter schwierigsten finanziellen Verhältnissen in London. 1949 wurde eine Ausstellung mit Else Meidner in der jüdischen Ben Uri Art Gallery in London eröffnet. 1952/53 kehrte Meidner nach Deutschland zurück, lebte zunächst kurz in einem jüdischen Altersheim in Frankfurt bis ihm Hanna Becker vom Rath ein Wohnatelier in Marxheim bei Hofheim vermittelte.

Grabstätte auf dem Jüdischen Friedhof (2016)
Grabstätte auf dem Jüdischen Friedhof (2016)
Ab 1963 lebte Meidner in Darmstadt in der Nieder-Ramstädter Straße/Ecke Hochstraße. An dem Haus erinnert eine Gedenktafel daran.

1990 würdigte das Institut Mathildenhöhe Meidner in einer großen Schau. Im Frühjahr 2016 präsentierte das Museum Giersch in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt eine große Ausstellung vor allem mit Werken seiner Londoner Exilzeit.

Im Herbst 2016 werden die Ludwig-Meidner-Gesellschaft, das Stadtmuseum Hofheim, das Museum Giersch, das Jüdische Museum Frankfurt, das Institut Mathildenhöhe Darmstadt und das Kunstarchiv Darmstadt Meidners Werk in seiner ganzen Breite vorstellen.

Im Kunstarchiv wird der "Künstler im Ersten Weltkrieg" gedacht: "Künstler im Ersten Weltkrieg Meidner, Deppert, Thylmann, Eberz u.a.".

Stellt sich die Frage, wie Meidner, der vor den Nazis flüchten musste, oder Eberz, der ebenfalls als "entartet" galt, reagieren würden, wenn ihre Werke gemeinsam mit denen von Karl Deppert, der in der Darmstädter NS-Künstlergemeinde einen Namen hatte, gezeigt werden.

Hinsichtlich der Würdigung des Künstlers Meidner wird auf [9] verwiesen.

Ludwig Meidner fand seine letzte Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof in Darmstadt.

Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11], Abbildungen: [9] und Autoren

 

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