DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Deppert, Karl
(8.12.1897 Bensheim - 16.2.1988 Bad König) war Gewerbelehrer und Maler, auch Theatermaler am Hoftheater Darmstadt.
Am
28. Januar 1931 wurde er Gewerbelehrer an der gewerblichen Abteilung
der
Fortbildungsschule. Belegt ist dies bis 1940. In dieser Zeit wohnte
Deppert in der Soderstraße 8. Er war verheiratet mit Elisabeth, geb.
Backhaus (1899 - 1986). Es sind zwei Kinder verzeichnet: Karl Albrecht,
geb. am 15.4.1925 und Fritz, geb. 24.11.1932. Sohn Fritz war Direktor
des Darmstädter Gymnasiums "Bertold-Brecht-Schule", ist als
Schriftsteller tätig und aktiv in der Darmstädter Erinnerungskultur.
Karl
Deppert war im Darmstädter Kulturbetrieb eine feste Größe. So fehlte er
mit seinen gemalten Werken auf fast keiner von der Darmstädter
Künstlergemeinschaft organisierten Ausstellung.
Im
Jahr 1933
tritt Deppert der Sturmabteilung (SA) bei. Am 1. Mai 1937 - nach
Lockerung der Aufnahmesperre - wird Deppert auch Mitglied der NSDAP,
seit 1935 war er bereits Mitglied im NSLB.
Hohenschuh
bezieht
sich auf Äußerungen von Fritz Deppert, wonach sein Vater "1937 bedrängt
wurde, der NSDAP beizutreten oder aus dem Dienst als Berufsschullehrer
auszuscheiden. Mit Rücksicht auf seine Familie gab er dem Drängen nach
und versuchte, Parteiaktivitäten zu entkommen, in dem er in der
Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung (NSKOV) mitwirkte".
Die Autoren betrachten Karl Deppert nicht als überzeugten Nationalsozialisten. So
sagte zum Beispiel ein Zeitzeuge (2014), dass Deppert nie, anders als
andere Lehrer, in Parteiuniform in die Schule gekommen sei. Auch habe
er Kontakt zu ihnen als politisch Verfolgte gehalten und sie sogar
materiell unterstützt.
Aber Deppert hat mit seiner
aktiven
Teilnahme an dem von Nazis dominierten Kulturbetrieb, dem auch ganz
aktive und überzeugte Nationalsozialisten wie z. B. Adolf Beyer
angehörten, den örtlichen Nationalsozialisten eine gewisse Akzeptanz,
Legitimation und auch Ansehen verschafft. Hier sei auch auf den Artikel
von Knieß über die Darmstädter Künstlergemeinschaft im Stadtlexikon
hingewiesen.
Allein die Darmstädter Wochenschau, ein
fest in
Nazihand befindliches wöchentliches Periodikum, erwähnt seine Teilnahme
an entsprechenden Veranstaltungen bzw. Ausstellungen wiederholt.
So
zum Beispiel:
In Nr. 33-34/1937:
"Darmstädter
Künstlergesellschaft
Die
ständige Ausstellung der Darmstädter Künstlergesellschaft in der
Goldschmiedewerkstatt Julius Bümler, Rheinstraße 33, ist zur Zeit auf
Bildniskunst abgestellt. Man sieht: Ferd. Barth, Bildnis seiner Gattin
und Kopf eines alten Mannes; Breitwieser, Dame; Deppert, Damen- und
Selbstbildnis; ...".
In Nr.39-40/1937:
"…
Von Anna Beyer, der Gattin von Prof. Beyer (1867-1922) ein Kinderbildnis und eine
Parklandschaft. …. Heinrich Zernin arbeitet noch in seiner Geburtsstadt
Darmstadt (geb. 1868), wenn er auch in Eberstadt wohnt. … Von Adolf
Beyer (geb. 1869), der seiner Heimatstadt die Städtische Kunstsammlung
gab… .
… Georg Breitwieser (geb. 1890); … Alexander Posch ist
aus
Schönberg bei Bensheim (geb. 1893) zu uns gekommen…, Karl Deppert aus
Bensheim (geb. 1897),..."
In Nr. 49-50/1937:
"Weihnachtsschauen
Darmstädter Künstler und Künstlerinnen
In
der Kunsthalle am Rheintor wurde durch Oberbürgermeister Wamboldt die
Weihnachtsausstellung Darmstädter Künstler eröffnet. … Vorher hatte
Präsident Emmerling die Erschienenen begrüßt und Ratsherr Eckert darauf
hingewiesen, daß die Ausstellung…Emil Anthes, Ferd. Barth, F. de
Beauclair, Gg. Breitwieser, K. Deppert,..."
In Nr.
25/1938:
"Kunstausstellung der Gedock
Erwähnt
werden hier: Tilly Moog-Buß, M. Seyd, E. Franke-Weißgerber, Else Heiß,
Nadine von Enkevort, F. de Beauclair, Anna Bornemann, Kurt Westermann,
Wilhelm Michel, Dorothea Hollatz, Hans Magel, Anneliese Reichmann, E-
Pfister-Kaufmann, Barth, Hofferberth, Posch, Breitwieser, Hoelscher,
Zernin, Wulff, Toller, R. Fuchs, Gils, Springer, Pfeil, Krauß,
Schmidthild, Deppert, ..."
In Nr. 5/1939:
"Das
rasende Steckenpferd
Fasching bei der Darmstädter
Künstlergemeinschaft
....
Die Dekoration des großen Empfangsraums stammte im Entwurf aus der
Gemeinschaftsarbeit von Karl Deppert und W. J. Pabst, in der Ausführung
von Deppert und Anneliese Reichmann. ..."
In Nr.
12/1939:
"Weihnachtsschau Darmstädter
Künstler
...
Man begegnet Eckerts schönen Bildern aus den Alpenbergen, den
Landschaften M. Richters, dem vielseitigen Schaffen Wulffs, den
Arbeiten Rouges und Bieger-Junkersdorffs, dann dem ausgezeichneten
großen, sehr noblen Aquarell Else Pfister-Kaufmanns "In der Werkstatt"
sowie ihrem Bildnis des Kreisleiters, dem subtil gepflegten Schaffen
Schmidthilds, der konzisen Straffung Hallerstedes, ... …Anna Bornemann,
Moog-Buß, Barth, Math. Stegmayer, Zernin, Posch, Hofferberth, Toller,
Jul. Kaufmann, Gils, Deppert ..."
Nr. 9/1940:
"Die
Kunstschau auf der Mathildenhöhe
Nach
den Berichten in den Nummern 7 und 8 der "Darmstädter Wochenschau"
kommen wir heute zur abschließenden Betrachtung. Wir durchwandern
nochmals die Säle und Nebengelasse des Kunsthauses auf der
Mathildenhöhe, erfreuen uns abermals an den von uns bisher besonders
namhaft gemachten Werken... . Grundsätzlich bleibt auch zu
sagen,
daß man weithin ein Schaffen vermißt, das sich wirklich aus unserer
Zeit gebärt. Das Bild gewordene Zeiterlebnis, künstlerisch erfaßt,
fehlt nahezu gänzlich. Nur Deppert naht sich ihm in seinen
Kriegsblättern, in denen er das Erlebnis ernsthaft spiegelt als starkes
Selbsterlebnis, das, mag es auch zurückliegen, gerade heute wieder
bewegend aufklinkt. Doch zurück zur Landschaft!"
In
12/1940:
"Weihnachtsschau Darmstädter
Künstler
Man
begegnet bei einem solchen verweilenden Durchstreifen F. de Beauclairs
Auslandsdeutschem, ..., den Trachtenbildern Paula Kleukens, den
Vogelbildern F. W. Kleukens, der übrigens in der Landesbibliothek eine
Sonderschau bringt ... . Man begegnet Eckerts schönen Bildern aus den
Alpenbergen, den Landschaften M. Richters, dem vielseitigen Schaffen
Wulffs, den Arbeiten Rouges und Bieger-Junkersdorffs, dann dem
ausgezeichneten großen, sehr noblen Aquarell Else Pfister-Kaufmanns "In
der Werkstatt" sowie ihrem Bildnis des Kreisleiters, dem subtil
gepflegten Schaffen Schmidthilds, der konzisen Straffung Hallerstedes,
... …Anna Bornemann, Moog-Buß, Barth, Math. Stegmayer, Zernin, Posch,
Hofferberth, Toller, Jul. Kaufmann, Gils, Deppert ..."
In
Nr. 7/1941:
"Zeitgenössische Kunst aus dem
Südwestdeutschen Raum
…
Bildhauer Fritz Schwarzbeck, M. Richter, F. Barth, L. Toller, ...,
Posch, ..., Hofferberth, Deppert, Hoelscher, N. v. Enkevort, Geibel, A.
Antes ..."
In Nr. 8/1941:
"Künstlerischer
Schmuck in Darmstädter Kasernen
Von Regierungsbaurat H.
Schmidt
Leibgardistenkaserne (Eschollbrücker Straße):
Bildhauer Scholl, Kunstmaler Hofferberth, Maler Springer
Ernst-Ludwig-Kaserne:
Bildhauer Schwarzbeck, Maler Nover
Leib-Dragoner-Kaserne:
Bildhauer Habich, Maler Vielmetter
Garde-Dragoner-Kaserne
(Rheinstraße): Bildhauer Scheinpflug (Frankfurt), Maler Deppert,
Kunstmaler Hartmann, Bildhauer Dieter (Eberstadt)"
Neben
vielen anderen beteiligte sich Deppert auch an der Gau-Kulturwoche der
NSDAP 1937
- Die Architekten Sixtus Großmann und
Karl Lieser
-
Die Maler und Graphiker Georg Breitwieser, Karl Deppert, Willi
Hofferbert, Alexander Posch, Annemarie Reich, Maria Richter, Maria
Seyd, Lothar Toller und Heinrich Zernin
- Die Kunsthandwerker
Julius Bümler und Annemarie Meißner
- Der Kunstverleger und
Kunsthändler Gustav Langheinz
- Der Bildhauer Fritz Schwarzbeck
-
Die Schriftsteller Paul Berglar-Schröer, Helene Christaller, Hans
Wilhelm Eppelsheimer, Graf H. Keyserling, Hans Schiebelhuth, Kasimir
Edschmid und Fritz Usinger
Auch in den Akten über
die Kunstaufkäufe durch den Oberbürgermeister
begegnen uns
viele bereits genannte Kunstschaffende wie
-
Georg Breitwieser, Lothar Toller, Ferdinand Barth, Carl Gunschmann,
Hans Jochheim, Emil Anthes, Carl W. Buemming, Hermann Geibel, Adam Antes,
Karl Deppert, Marcel Richter, Heinrich Zernin, Willi Hofferbert,
Fritz Schwarzbeck, Ulla Scholl, Hans Rehm, Tilly Moog-Buss, Well Habicht
Nachdem
er im Entnazifizierungsverfahren zunächst als Mitläufer eingestuft
werden sollte, vermerkt die Karteikarte "Weihnachtsamnestie".
In
einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 8.12.2008 heißt es - wohl
unter Berufung auf Sohn Fritz - unter anderem:
"Er
durchlitt zwei Weltkriege und blieb zeitlebens ein Kämpfer für die
Humanität. Dem Entsetzten, dem er auf den Schlachtfeldern an der Somme
begegnete, verlieh er durch seine Kunst eine Stimme.
Während
der
NS-Zeit galt seine anklagende, expressionistische Malerei als entartet.
Am Montag wäre der Darmstädter Künstler Karl Deppert (1897-1988) 111
Jahre alt geworden. Sein Sohn, der Lyriker Fritz Deppert, übergab das
graphische Werk seines Vaters nun als Schenkung an das Kunstarchiv.
Damit die wenigen Arbeiten, die die Bombennacht 1944 überstanden, die
nächsten Generationen überdauern, so Deppert bei einer Feier im
Kunstarchiv im Kennedy-Haus.
"Die Malerei war sein
Lebensinhalt",
charakterisiert der Sohn den Vater. Erinnert sich Fritz Deppert, sieht
er den Vater stets vor der Staffelei. "Da war er am glücklichsten".
…Karl Deppert will schon als Kind Maler werden. Im Unterricht gibt er
leere Blätter ab, damit er nicht länger zur Schule gehen muss. Mit 14
zwingt ihn der Vater in eine Weißbinder-Lehre, später darf er doch die
Ausbildung zum Theatermaler machen.
Der Erste Weltkrieg
zerstört
Lebensträume. Als Jugendlicher erlebt Deppert in Frankreich den Horror
der Schützengräben, Gaseinsätze und Massentod. Mit drei
Künstlerfreunden übersteht er einen Angriff. Alle schwören die
Aufarbeitung des Erlebten in der Kunst.
Nur Deppert kehrt heim
- als
Krüppel mit 21 Jahren, Beindurchschuss, Herz- und Lungenleiden. Die
Theater-Karriere ist damit zu Ende: Er kann nicht mehr lange genug
stehen.
Stattdessen studiert er an der Akademie Karlsruhe,
wird
Gewerbeschul-Lehrer, heiratet seine große Liebe Elisabeth. Sein
Versprechen an die toten Freunde löst er ein: Die Kriegserlebnisse
prägen fortan sein Werk. Nach Ausstellungserfolgen erhält er 1928 ein
Staatsstipendium für Paris, doch die Machtübernahme Hitlers zwingt ihn
als Künstler in die Isolation. Anti-Kriegs-Bilder sind bei den neuen
Herren nicht gelitten.
Wenig ist von seinen damaligen Arbeiten
geblieben. Das meiste ging beim Angriff am 9. November 1944 in Flammen
auf. …
Claus
Netuschil, Begründer des Kunstarchives, lobt Depperts Kriegsbilder und
stellt sie in ihrer Intensität durchaus in eine Reihe mit den Zyklen
eines Otto Dix. Depperts Holzschnitte, Radierungen, altmeisterliche
Ölbilder oder Zeichnungen sind im Nachkriegs-Darmstadt in der Ära eines
Oberbürgermeisters Sabais geschätzt.
Depperts Nachlass füllt
ganze
Säle. Dazu zählen auch Gedichte, von deren Existenz der Sohn erst nach
der Haushaltsauflösung einer Malerin erfuhr, die handschriftliche
Kopien aufbewahrte. All das will Netuschil im Kunstarchiv in Ehren
halten: "Bei uns landet nichts im Keller", verspricht er."
Die
in
der Dragonerkaserne in der Rheinstraße gemalten Wandbilder - siehe oben
- sind samt Kasernen nicht mehr vorhanden. Den Autoren erscheinen seine
künstlerischen Aktivitäten in der NS-Zeit und die Darstellungen seines
Sohnes durchaus widersprüchlich.
Karl Deppert ist
auf dem Alten Friedhof gemeinsam mit seiner Frau begraben.
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