DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Pringsheim, Lily
(17.02.1887 Königsberg - 28.09.1954 Darmstadt) Pringsheims Großvater
mütterlicherseits war der deutsche Zoologe und Geologe Carl Vogt
(1817-1895), zunächst Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
von 1848 und nach seiner Flucht in die Schweiz ab 1852 Professor an der
Universität Genf. Dessen Tochter Lily Vogt heiratete den Zoologen und
Tiefseeforscher Carl Chun (1852-1914), Professor an den Universitäten
Königsberg und Leipzig. Deren Tochter Lily, die schon als 16-jährige
"wegen ausgeprägter Eigenwilligkeit" aus dem Lyzeum entlassen wurde,
heiratete am 18. März 1907 in Leipzig den Naturwissenschaftler und
Pflanzenphysiologen Dr. Ernst Pringsheim junior (1881-1970) aus der
bekannten jüdischstämmigen Familie Pringsheim und brachte fünf Kinder
zur Welt (u.a. Johannes
Pringsheim).
Nach
der Scheidung 1921 zog sie 1922 mit den Kindern nach Darmstadt und
verdiente ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Kurzgeschichten,
Romanen und Theaterkritiken. Sie trat der SPD bei und machte als
"glänzende, eindrucksvolle und mutige Rednerin" auf sich aufmerksam.
Besonders von Innenminister Wilhelm Leuschner (1890-1944) wurde sie
sehr geschätzt. Als Abgeordnete war sie zwischen Dezember 1931 und
April 1933 Mitglied des Hessischen Landtags und arbeitete in vielen
Ausschüssen mit. Im Landtag prangerte sie offen den blindwütigen
Antisemitismus der Nationalsozialisten an und wurde dafür mit
Morddrohungen bedacht. Als Erste unterzeichnete sie den Antrag auf eine
"Milderung der Strafbestimmungen des §218" in Hessen. Nach der
Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gelang ihr kurz vor dem
Zugriff durch die Gestapo die Flucht nach Prag und weiter nach Wien.
Anschließend ging sie weiter nach Brünn und arbeitete dort in der "Liga
für Freiheit und Frieden". Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen
1938 ging die Flucht weiter zunächst nach London, dann nach
Peru.
Von 1941 bis 1950 lebte sie im Exil in den USA, wo
sie in der
Socialist Party eine gefragte Rednerin war. 1950 kehrte sie nach
Darmstadt zurück, wohnte in einer kleinen Dachwohnung am Luisenplatz
Nr. 4, gab Kurse an der Volkshochschule und hielt Vorträge. Die
geplante Rückkehr in die Politik scheiterte allerdings, in der SPD
konnte sie nicht mehr Fuß fassen.
Im Sommer 1965
fand im
Justus-Liebig-Haus eine Gedenkstunde der Volkshochschule zu Ehren von
Lily Pringsheim statt, an der unter anderen auch der frühere
Darmstädter Oberbürgermeister Ludwig Metzger sprach. Mit
Magistratsbeschluss vom 20.06.2001 wurde der Lily-Pringsheim-Weg in
Darmstadt-Kranichstein nach ihr benannt.
Q:
[1]
[2]
[3], Fotos: siehe Bildunterschrift
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