DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Georgi, Ernst Moritz Friedrich (25.7.1895 Stuttgart - 29.5.1983) war vom 15. Juli 1946 bis 30. November 1946 Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung Groß-Hessen.

Georgi besuchte in Offenbach am Main die Oberrealschule und studierte anschließend Medizin in Marburg und Frankfurt. Bis 1923 war er Assistenzarzt im Darmstädter Elisabethenstift, danach provisorischer, später leitender Arzt der Nieder-Ramstädter Heime (heute: Nieder-Ramstädter Diakonie). Ab 1926 leitete er auch die Trinkerheilstätte Haus Burgwald.

Von 1928 bis 1933 war er Mitglied und Mitarbeiter des Christlich-Sozialen Volksdienstes. Er hielt auch Vorträge zu sozialhygienischen und sexualpädagogischen Themen.

Da nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 auch Alkoholismus Grund für eine Sterilisation sein konnte, wissen die Autoren nicht, wie Georgi sich hierzu verhalten hat. Jedenfalls hat er auch Vorträge zum Thema "Die Alkoholfrage in ihrer Beziehung zum eugenischen Problem" gehalten. Hierbei wies er nach Gunkel darauf hin, dass Milieuschäden mit Erbschäden verwechselt würden.

Nach Lengemann habe er sich 1933 der Bekennenden Kirche angeschlossen.

Nach Gunkel war Georgi bis 1944 in den Nieder-Ramstädter Heimen als Arzt tätig, bis er im Herbst 1944 eine Einberufung "an den Westwall" erhielt. Mit Hilfe eines befreundeten Offiziers der für Rüstungsbauten zuständigen "Organisation Todt" gelang es ihm jedoch, eine "Gegeneinberufung" nach Blankenburg im Harz als Lagerarzt zu erhalten. Dort waren "jüdisch-versippte" und damit "wehrunwürdige" Angehörige verschiedener akademischer Berufe in einem Arbeitslager eingesperrt, schreibt Gunkel. Sie sollten untertage eine Anlage zur synthetischen Kraftstoffgewinnung für Flugzeuge und Raketen aufbauen, heißt es dort. Von einer "Entlassung" ist bei Gunkel nicht die Rede. Dagegen heißt es im von Jochen Lengemann (CDU) herausgegeben Werk, er sei 1944 wegen seiner antinationalsozialistischen Einstellung als Anstaltsarzt entlassen worden. Welche Aufgaben Georgi dort konkret wahrnahm, ist leider nicht übermittelt. Wie der NS-Staat mit "jüdisch-versippten" und "wehrunwürdigen" verfuhr, ist aus anderen Untersuchungen bekannt. Gunkel berichtet aus dritter Quelle, dass die von den Alliierten befreiten Kriegsgefangenen berichteten, dass ihnen "dieser Mann" das Leben gerettet habe. Diese Aussage habe Georgi auch vor der Kriegsgefangenschaft bewahrt.

Georgi nahm nach Ende des Krieges seine Tätigkeit im Mai/Juni 1945 als Arzt in den Heimen wieder auf.

Nach 1945 war Georgi Mitbegründer der "Christlich-Demokratischen Union - Deutschen-Aufbau-Bewegung" und wurde Kreisvorsitzender der Aufbau-Bewegung. Im Frühjahr 1947 wurde er als Oberregierungsrat im Arbeitsministerium der Groß-Hessischen Landesregierung in Wiesbaden angestellt.

Er war vom 15. Juli 1946 bis 30. November 1946 Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung Groß-Hessen.

Georgi kandidierte auf Platz 15 der CDU-Landesliste für den 1. Hessischen Landtag und gab als Wohnsitz Nieder-Ramstadt, Stiftstraße 7 an.

In der Studie von Kirschner (2014) heißt es:

"Die Nieder-Ramstädter-Heime wehrten sich konsequent gegen die Überstellung der Insassen in staatliche Einrichtungen, mussten aber dem Druck des NS-Regimes bereits vor 1940 nachgeben. Die Insassen wurden in sog. 'Zwischenanstalten' verlegt und 1940 von dort in die Mordanstalten gebracht. Georgi hatte damit nichts zu tun, da er bereits vor den Verlegungen von seiner leitenden Funktion entbunden worden war. In seinem Meldebogen für die Spruchkammer gibt Georgi weiter an, 1944/45 in Blankenburg (Harz) Betriebs- und Lagerarzt in einem Luftwaffen-Baulager und bei der Bauleitung der Organisation Todt (OT) gewesen zu sein. Er bemerkt hierzu, am 1. März 1945 zusammen mit den ihm unterstellten Ärzten, 'auch d. jüd. Mischlingsärzten' der OT eingegliedert worden zu sein. Durch die rote Markierung der Spruchkammer bzw. des öffentlichen Anklägers aufmerksam gemacht, wurde auch diese Angabe überprüft: Es stellte sich heraus, dass die OT in Blankenburg zwei Außenlager des KZ Mittelbau-Dora betrieb. Eine Anfrage bei der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora brachte zwar etwas Licht in die Zusammenhänge, aber keine abschließende Klärung: Es liegen dort keine Hinweise auf eine entsprechende Tätigkeit Georgis vor. Damit ist sein Einsatz in einem der beiden KZ-Außenlager unwahrscheinlich. Jedoch ergab sich ein neuer Zusammenhang: Der Hinweis Ernst Georgis auf die ihm unterstellten 'jüdischen Mischlingsärzte' könnte darauf hindeuten, dass er im Gestapo-Lager für 'jüdisch Versippte' tätig war, das sich ebenfalls in Blankenburg befand. Diesem Hinweis konnte angesichts der knappen Zeit nicht mehr nachgegangen werden. .
Dies zeigt, dass intensivere Nachforschungen in weiteren Archiven und Gedenkstätten, als sie im Rahmen dieser Vorstudie möglich waren, einen weiteren Erkenntnisgewinn erwarten lassen."


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