Schon in seiner Kindheit kam Heß durch den späteren Lilien-Trainer Heiner Bärenz, der im Geschäft seines Vaters arbeitete, mit dem Fußball in Kontakt. Noch vor der Gründung des SV Darmstadt kickte Heß im Vorgängerverein Olympia. Bereits 1924 wurde er mit gerade einmal 24 Jahren zum Zweiten Vorsitzenden des Vereins, vier Jahre später zum Ersten Vorsitzenden gewählt.
Als Jurist wurde Heß bereits im April 1933 mit einem Berufsverbot belegt und als Vorsitzender des SV 98
zum Rücktritt gezwungen. Schweren Herzens entschloss er sich, Deutschland zu verlassen und flüchtete
zunächst nach Frankreich. Doch nachdem Deutschland 1933 aus dem Völkerbund ausgetreten war, habe sich
auch die Einstellung der Franzosen gegenüber dem "Deutschen" Dr. Heß gewandelt. Nachdem sich
Meldungen über wachsenden offenen Antisemitismus in Deutschland häuften, entschloss er sich zur Auswanderung
nach Brasilien. Dort betrieb er zu Beginn einen kleinen Laden, um den Lebensunterhalt für seine Familie
zu bestreiten. Später konnte er als Leiter der Zweigstelle der "United Restitution Organization" in Rio de
Janeiro als Jurist arbeiten, die Verfolgte des Naziregimes im In- und Ausland vertrat. Inzwischen hatte ihm
das NS-Regime 1940 die Staatsbürgerschaft entzogen.
(siehe auch:
Schicksale jüdischer Anwälte im Landgerichtsbezirk Darmstadt)
Sein Kontakt zu Freunden in Darmstadt war nicht abgerissen. Zehn Jahre nach Ende der Naziherrschaft besuchte er Deutschland, und 1963 zog er mit seiner Frau Betty trotz großer innerer Vorbehalte wieder zurück in die alte Heimat:
In den Adressbüchern von 1964/65 bis 1972/73 ist er unter dem Eintrag "Heß, Karl, Dr., Volljurist, Dieburger Straße 48" zu finden.
1973 verließ er Darmstadt und kehrte zur Familie seines Sohnes nach Porto Allegre (Brasilien) zurück, wo er zwei Jahre später starb.
Sein früherer Verein, die 98er, gedachten ihres früheren Vorsitzenden Heß in ihrer Mitgliederzeitung im Oktober 2009 mit einem langen Artikel. Bereits hier bezeichnet der Verfasser des Artikels Heß als "großen, wichtigen Vertreter unseres SV Darmstadt 98". Ein Jahr später würdigt der Verein Heß zu dessen 110. Geburtstag als "jüdischen Fußballpionier".
Seit Sonntag, dem 15. Januar 2017, heißt der Platz vor dem Stadion am Böllenfalltor "Dr.-Karl-Heß-Platz". Gleichzeitig enthüllten Oberbürgermeister Partsch, der Präsident von SV 98 Rüdiger Fritsch und der Vorsitzende des Fördervereins Liberale Synagoge eine Gedenktafel mit einer kurzen Biografie des ehemaligen Vorsitzenden des Vereins.
Am 5. Februar 2024 wurde eine Stolperschwelle zum Gedenken an die verfolgten jüdischen und anderen Sportler in Darmstadt und Umgebung in den Boden des Platzes eingelassen.