DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"

Hoffmann
Hoffmann (hinten) beim Gerichtsverfahren 1973 [4]

Hoffmann, Heinz Hugo (13.6.1906 Mainz - wahrscheinlich am 28.12.1986) war ein deutscher Jurist und in der NS-Zeit Richter am Sondergericht in Nürnberg.

Hoffmann, Sohn des Architekten Georg Hoffmann, wuchs in Darmstadt auf, besuchte seit Ostern 1912 die Vorschule des Realgymnasiums in Darmstadt und ab Ostern 1915 das Realgymnasium, wo er am 15. Februar 1924 die Reifeprüfung bestand. Anschließend studierte er in Frankfurt, München, Genf und Gießen Rechtswissenschaften und bestand 1928 das Referendarexamen. Es folgte eine dreijährige Vorbereitungszeit bei Darmstädter Gerichten, Anwälten und Verwaltungsbehörden, die 1931 mit dem Assessorexamen endete. Zur Ausarbeitung seiner Dissertation [9] mit dem Thema "Die Rolle der Zweckbehörden in der englischen Verwaltung" hielt er sich einige Monate in England auf.

Nach Wikipedia [7] war er zwischen 1934 und 1938 als Staatsanwalt in Offenbach tätig und wechselte danach als Landgerichtsrat nach Nürnberg, wo er ab 1940 am Sondergericht als Beisitzer arbeitete.

Nach Aufhebung der Aufnahmesperre schloss er sich 1937 der NSDAP an.

Als 1942 der Vorsteher der Jüdischen Kultusgemeinde in Nürnberg, Lehmann Katzenberger, wohnhaft im Spittlertorgraben 19, durch Denunziation aus der Nachbarschaft die Aufmerksamkeit der Gestapo auf sich zog - die Nachbarn meldeten ein Intimverhältnis zu einer NS-Parteigenossin - erfolgte dessen Verhaftung. Der ermittelnde Staatsanwalt Markl unterstellte "Berührungen geschlechtlicher Art", was die Parteigenossin unter Eid ausschloss. Es wurde eine Anklage wegen "Rassenschande" fabriziert. "Er plädierte wegen erwiesenen Beischlafs in zahlreichen Fällen auf die Todesstrafe nach §§ 2,5 Abs. 2 des Blutschutzgesetzes in Verbindung mit §§ 2 und 4 der Verdunkelungsverordnung" schreibt Jörg Friedrich [1]. Der als Beisitzer beteiligte LGR Dr. Hoffmann stimmte dem nach anfänglichen Bedenken zu. Das Urteil vom 13. März 1942 für Katzenberger lautete "Todesurteil".

Im Meldeblatt von 1946 gab Hoffmann als Wohnung in Darmstadt die Hobrechtstraße 22 an - im Adressbuch von 1934 ist dort ein Oberstadt-Baurat Georg Hoffmann als Eigentümer verzeichnet. Von 1942 bis 25. Mai 1945 wohnte Heinz Hugo Hoffmann in Nürnberg. Als Wohnorte nach 1945 gab er an:

Als jetzigen Beruf nannte er im Meldeblatt "Maurer-Umschüler".

Das Darmstädter Adressbuch von 1949 verzeichnete "Hoffmann, Heinz, Angestellter, Hobrechtstraße. 22", aber bereits 1952/53 zeichnete er als "Dr., Rechtsanwalt". Das Adressbuch von 1970 verzeichnet sein Anwaltsbüro in der Elisabethenstraße 21, seine Wohnung im eigenen Haus im noblen Heinrichwingertsweg 22. Und ab 1975 betrieb er die Kanzlei gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Willy Wellmann. Die 1976 gerichtlich festgestellte dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit hinderte ihn offensichtlich nicht, eine Anwaltskanzlei zu betreiben. Der Eintrag im Adressbuch von 1988/89 lautete: "Hoffmann, Heinz, Dr., Rechtsanwalt, Elisabethenstr. 21, Whg. Heinrichwingertsweg 22".

Die Ermordung Katzenbergers durch die NS-Justiz zog nach dem Krieg vier Verfahren nach sich, zunächst vor dem Militärgerichtshof in Nürnberg, dem sogenannten Juristenprozess 1947, wo Hoffmann als Zeuge vernommen wurde.

1960 leitete die Staatsanwaltschaft Nürnberg ein Ermittlungsverfahren unter anderem gegen Hoffmann wegen Rechtsbeugung und vorsätzlicher Tötung ein, dessen Ergebnis im Frühjahr 1968 zu einem Prozess vor dem Landgericht Nürnberg führte und mit einer Verurteilung Hoffmanns wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu zwei Jahren Gefängnis endete.

Da Staatsanwaltschaft und Verteidigung Revision einlegten, hob im Juli 1970 der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies es an das Nürnberger Schwurgericht zurück.

Da das Verfahren gegen den Mitangeklagten ehemaligen Richter an Nürnberger Sondergericht Karl Ferber wegen Verhandlungsunfähigkeit vom Nürnberger Gericht eingestellt wurde, galt dies auch für Hoffmann.

Hiergegen legten die beiden Töchter Katzenbergers Beschwerde ein, so dass das Verfahren gegen Hoffmann fortgesetzt wurde. Hoffmann ließ sich 1972 in Darmstadt amtsärztlich untersuchen, das Ergebnis lautete verhandlungsfähig. 1973 begann in Nürnberg erneut der Prozess gegen Hoffmann. Wegen eines Bandscheibenleidens war er jedoch nur bedingt verhandlungsfähig. Im Sommer 1973 ließ er sich in einem Sanatorium für neurologisch-psychiatrische Leiden behandeln und legte ein Attest vor, das ihn wegen eines "depressiven Syndroms" mit "psychomotorischer Hemmung" im Gehirn für verhandlungsunfähig erklärte, heißt es bei Wikipedia. Nachdem ein umfangreiches psychologisches Gutachten seine dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit festgestellt hatte, wurde das Verfahren gegen Hoffmann im August 1976 endgültig eingestellt.

Der Spiegel [5] stellte im Dezember 1973 fest:

"Zu den vor Gerichten der Bundesrepublik rechtskräftig wegen NS-Verbrechen verurteilten Personen (6329 bis zum 1. Januar 1972) wird nunmehr endgültig nie ein NS-Richter gehören"
.

Nach Wikipedia ist Hoffmann wahrscheinlich am 28.12.1986 gestorben, die Adressbücher bis 1988/89 führten ihn als Rechtsanwalt, mit Kanzlei in der Elisabethenstraße 21 und Wohnung im Heinrichwingertsweg 22.


Q: [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12], Abbildung: [4]

 

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