DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Kempf, Friedrich Ernst Emil Karl (2.7.1903 Darmstadt - 29.5.1954 (Suizid)) trat nach Angabe der Entnazifizierungskartei als evangelischer Pfarrer am 1. April 1933 der NSDAP bei und hatte die Funktion eines Blockwarts.
Nach Angabe des Meldeblattes von 1946 war er ledig und wohnte seit 15. Oktober 1945 in Darmstadt, Viktoriastraße 61. Ab 1942 habe er Militärdienst geleistet. Als Adresse war die Viktoriastraße angegeben. Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wohnte er in Eschollbrücken.
Aus einem am 28. August 1946 vorgelegten Lebenslauf zitieren wir:
"Meine Eltern waren Stadt-Obersekretär Johannes Kempf und Karoline geb. Bühler. Ich besuchte das Realgymnasium meiner Vaterstadt von 1910 bis 1922 und machte das Maturum am 14.3.1922. Auf der Universität Gießen studierte ich dann von 1923 - 1927 und legte dort das theologische Staatsexamen ab. Es folgte der Besuch des Predigerseminars Friedberg 1927/1928, schließend mit der 2. theologischen Prüfung vor dem Konsistorium in Darmstadt. ... Von 1928 - 1942 war ich evangelischer Pfarrer in Alzey, Rüsselsheim, Eschollbrücken, Reichenbach/Odw. und Seckmauern/Odw.. Am 30.3.1933 wurde ich in Eschollbrücken zum Pfarrer ernannt. Am 16.6.1942 wurde ich aus meiner Wohnung in Seckmauern von der
Gestapo wegen gegnerischer Äußerungen gegen den Nationalsozialismus verhaftet. Vor dem Sondergericht in Darmstadt wurde ich am 29.9.1942 zu einem Jahr Gefängnis nach dem Heimtückegesetz verurteilt. Ich meldete mich um dem Kz. zu entgehen zum Eintritt in das Heer. Hier trat ich, da ich den heroischen Kampf der deutschen Bischöfe für das Christentum bewunderte, zur katholischen Kirche über. Von 1942 - 1945 war ich in Frankreich als Arbeitssoldat eingesetzt. Da ich aber auf der schwarzen Liste der Nazis stand, wurde ich dauernd von der SS beobachtet. Trotz größter Gefahr um mein Leben besuchte ich in Paris mehrere Kurse des Dolmetscher-Seminars und machte eine Prüfung in französischer Sprache. Der Vernichtungskampf der Partei gegen mich trat offen zutage, als ich im Lazarett lag und wegen einigen Weihnachtsansprachen in Verbindung mit einigen Äußerungen über die SS zum Tode verurteilt werden sollte. Aber der Allmächtige half auch hier und ich bekam im Gefängnis Diphterie. Die Amerikaner befreiten mich aus dem Lazarett in Wiesbaden. Nach meiner Rückkunft nahm ich zunächst in Leidersbach/Bayern eine Lehrerstelle an, dann ging ich zum Studium nach Mainz um katholischer Priester zu werden. Ich konnte aber dieses mein hohes Lebensideal nicht verwirklichen, da ich durch die Diphterie und die Leistenbruchoperation sehr geschwächt war und eine mehrjährige Umschulung durchzuhalten nicht fähig war. Da ich als Geistlicher viel in höheren Schulen und Volksschulen unterrichtete hatte, entschloß ich mich in den Schuldienst überzugehen."
In diesem Lebenslauf wird mit keinem Wort seine Mitgliedschaft in der NSDAP erwähnt.
In der Einstellungsverfügung des Öffentlichen Anklägers vom 21. August 1946 (mit Sitz im Taunusring) wird er als entlastet eingestuft. Dort heißt es:
"Im Jahre 1933 ist der Betroffene der NSDAP als Mitglied beigetreten. Eine politische Tätigkeit oder ein Amt in der Partei ist nicht gegeben. Schon 1936 stand derselbe in offener Opposition gegen die Partei und wurde lt. Schreiben der NSDAP Kreisgericht Darmstadt-Land Az. 38/36 vom 3.8.1936 gegen ihn ein Verfahren wegen Ausschluß aus der NSDAP eröffnet. Der letztenendes offizielle Ausschluß aus der Partei erfolgte am 24.4.1939 durch einstweilige Verfügung des Kreisleiters in Darmstadt. Wegen fortgesetzter staatsfeindlicher Äußerungen und aktiver Stellungnahme gegen den Nationalsozialismus wurde der Betroffene durch das Sondergericht in Darmstadt zu einer Gefängnisstrafe von 1 1/2 Jahren verurteilt. Nach Verbüßung dieser Strafe meldete sich derselbe, um dem KZ zu entgehen, zum Eintritt in die Wehrmacht, wo er jedoch wieder wegen Zersetzung des Wehrkraftsystems und Beleidigung eines SS-Offiziers in Haft genommen wurde, bis er von den Alliierten befreit wurde. Aufgrund dieses Tatbestandes und Sachverhalts wird das Verfahren gegen den Betroffenen vom Kläger eingestellt und der Betroffene als entlastet erklärt. Der öffentliche Ankläger gez. Wagenbach."
Einem Artikel des Darmstädter Echos zufolge war Kempf auch Mitglied der NSDAP-Schlägerbande SA.
Das Darmstädter Adressbuch von 1949 führte ihn als Pfarrer a. D., wohnhaft in der Viktoriastraße 61.
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