DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Kieser, Walther Ludwig (3.6.1910 Schalkau/Thüringen - ...) gab im Meldeblatt von 1948 an, seit 1948 bei Kraft in der Jahnstraße 45 zu wohnen. Als früheren Beruf gab er Beamter, als jetzigen Beruf Jurist an. Von August 1939 bis Mai 1940 habe er in Königsberg/Ostpreußen und von Mai 1940 bis Mai 1943 in Berlin gewohnt und danach bis 1945 Wehrdienst geleistet.

Kieser hatte am 12. Oktober 1936 seine Rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Dissertation mit dem Thema "Die Gestalt des Volkes im nationalsozialistischen Weltbild- ein Versuch ihrer staatswissenschaftlichen Erfassung" vorgelegt.

In der Zeit des Nationalsozialismus konnte Kieser "wissenschaftlich" arbeiten. So legte er 1942 im Verlag "Volk und Reich" eine 42-seitige Veröffentlichung mit dem Thema "Der Aufbau im Gebiet um Zichenau" vor, in dem es um die "wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten in den eingegliederten Ostgebieten des Deutschen Reiches" ging.

Nach 1945 war er im Lager Darmstadt interniert.

Nach Angabe der Entnazifizierungskartei war Kieser 1929 der NSDAP beigetreten und 1934 auch der Hitler-Jugend.

In dem 2010 erschienen Werk "Das Amt und die Vergangenheit - Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik" wird Kieser mehrfach erwähnt.

So heißt es auf Seite 144f.:

"Mit Manfred Garben, Hans Kramarz, Wolfgang Pusch, Wilhelm Karbatsch und Walter Schultz-Thurmann hievte Luther weitere treue Mitarbeiter in leitende Positionen der Abteilung Deutschland. Darüber hinaus lancierte er Ernennungen in anderen Abteilungen des Auswärtigen Amtes, wie diejenige von Helmut Triska zum Leiter des Referats Kult A in der Kulturpolitischen Abteilung. Im Mai 1941 wurden dieses und ein weiteres Kulturreferat als Referate D VIII und D IX in die Abteilung Deutschland übernommen. Büttner gewann mit Walter Kieser und Gerhard Todenhöfer zwei Studienfreunde für seine Dienststelle. Offensichtlich gelang es, auch Seiteneinsteiger in die Arbeit der neuen Abteilung zu integrieren. Zu dieser Personengruppe, die nicht zum engeren Kreis um Luther zählte, gehörten vor allem die führenden Beamten des für «Judenfragen» zuständigen Referats D III mit ihrem Chef Franz Rademacher an der Spitze, aber auch Rudolf Likus und Werner Picot, den Luther vom Referat Deutschland übernahm. Zeitweilig arbeitete in der Abteilung Deutschland auch der nach dem 20. Juli 1944 hingerichtete Hans Bernd von Haeften, den Weizsäcker als seinen Spion im Luther-Imperium bezeichnete. Der von Luther um die Jahreswende 1942/43 angestrengte Putsch, mit dem Ribbentrop als Außenminister entmachtet werden sollte, war nicht etwa Ausdruck der Stärke Luthers, sondern spiegelte vielmehr dessen zunehmenden Bedeutungsverlust aufgrund seiner Entfremdung von Ribbentrop wider. Angetriebenen von seinen jüngeren Mitarbeitern, auf die er sich in seiner seit Mitte 1942 zunehmend defensiven Position immer mehr verlassen musste, wagte er eine Koalition mit der SS, die er bislang auf Distanz zu halten versucht hatte. Hier allerdings zeigte sich, dass sein persönliches Gewicht im Vergleich mit demjenigen Ribbentrops so gering war, dass Himmler die von Luther und Büttner eingefädelte und wohl von Walter Schellenberg, dem Chef der SS-Auslandsspionage, vorsichtig unterstützte Intrige scheitern ließ. Letztlich deckte Himmler seinen SS-Kameraden Ribbentrop, lieferte ihm Luther ans Messer und schickte Büttner sowie Kieser zur Bewährung in Waffen-SS- Einheiten an die Front. Büttner und Kieser, ebenfalls SS-Kameraden, entkamen also mit relativ milden Strafen. Auch der «alte Kämpfer» und SA-Mann Luther wurde nicht hingerichtet; im KZ Sachsenhausen inhaftiert, erfuhr er als prominenter Häftling eine bevorzugte Behandlung".

Und auf Seite 234 erfahren wir auch noch, dass Kieser Gaustudentenführer in Thüringen war. Michael Mayer bezeichnet Kieser auch als Reichsstatthalten in Thüringen. Kieser war also nicht nur in der Partei und der HJ, sondern auch in der SS und Beamter im Auswärtigen Amt.

Im Entnazifizierungsverfahren wurde Kieser "konsequenterweise" entlastet.


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