DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Schüttler, Friedrich (6.1.1898 Darmstadt - 25.4.1957 Darmstadt) war von Beruf Schreiner und arbeitete seit dem 5. Dezember 1919 als Bühnenarbeiter am Landestheater in Darmstadt.

Vor der Beschäftigung am Landestheater "erhielt" er vom November 1916 bis März 1917 beim Feld-Artillerie Regiment Nr. 25 in Darmstadt eine Ersatz-Reserve-Ausbildung mit letztem Dienstgrad "Kanonier". Danach wurde er bis Kriegsende 1918 an die sogenannte Westfront zum Feld-Artillerie Regiment Nr. 57 kommandiert. Seine Entlassung aus dem Militärdienst erfolgte im Januar 1919 beim Feld-Artillerie Regiment 25 in Selters/Oberhessen.

Im Jahr 1925 wurde er in den Betriebsrat des Theaters gewählt. Ein Jahr später trat er der SPD bei und wurde Kassierer der im Landestheater tätigen SPD-Mitglieder. Die am Theater der NSDAP angehörenden Beschäftigten hatten im März/April 1933 eine "Säuberungsliste" erstellt, auf der hinter Schüttlers Namen vermerkt war: "hat immer eifrig SPD agitiert und Plakate ausgehängt".

Der Entlassung wegen "politischer Unzuverlässigkeit" am 12. Juni 1933 folgte eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit.

Erst im September 1937 fand er beim Stadttheater Brandenburg eine Anstellung als Bühnenmeister.

Durch Urteil des Darmstädter Sondergerichts vom 29. November 1937, an dem
 der Amtsgerichtsrat Lutz als Vorsitzender,
 der Amtsgerichtsrat Dr. Melior in Darmstadt und
 der Amtsgerichtsrat Dr. Schwab in Offenbach als beisitzende Richter und als Beamter der Staatsanwaltschaft Dr. Weinheimer beteiligt waren, wurde Schüttler wegen "Vergehen gegen das Heimtückegesetz" zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Die Strafe wurde aufgrund einer Amnestie, die nach dem "Anschluss" Österreichs an Deutschland verfügt wurde, auf zwei Monate reduziert. Diese saß er in Brandenburg ab.

Der Richter Dr. Melior konnte nach 1945 seine Tätigkeit als Richter  zunächst fortsetzen.

Die Verurteilung basierte auf einer Denunziation. Schüttler hatte sich am 6. Mai 1937 mit einem früher der KPD Angehörigen im "Kaffe Henke" getroffen. Dort kamen sie auch mit zwei aus Norwegen stammenden Studenten ins Gespräch. Das Gespräch bewegte sich wohl um seine Entlassung vom Theater und deren Folgen. Diesem Gespräch folgte ein am Nachbartisch sitzender NSKK-Angehöriger namens Heck. Obwohl er, wie im Urteil zu lesen ist, nur Bruchstücke verstanden habe, informierte er die Polizei. Schüttler habe, so im Urteil, "sein eigenes Vaterland mit unwahren Angaben beschmutzt“.

Da die Anstellung im Stadttheater Brandenburg aufgrund persönlicher Beziehungen zu Stande kam, dies aber im Prozess nicht offenkundig werden sollte, hatte Schüttler seine Anstellung vor dem Prozess einvernehmlich mit der Theaterleitung gekündigt.

Nach der Haft folgte eine nur von kurzen Beschäftigungen unterbrochene weitere Arbeitslosigkeit. Im Februar 1940 wurde er eingezogen und bewachte in Darmstadt Bahnanlagen und später in Frankreich Materiallager und war zuletzt im Osten eingesetzt. Er kehrte erst im November 1945 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück.

Schüttler wurde als politisch Verfolgter anerkannt  und konnte seine Arbeit als Bühnenmeister am Landestheater wieder aufnehmen. Zur SPD kehrte Schüttler nicht zurück, sondern wurde, gemeinsam mit seinem 1922 geborenen Sohn Otto (gestorben 2017), Mitglied der KPD.

An das Schicksal der Entlassenen und Verfolgten des Hessischen Landestheaters erinnert auch eine Gedenktafel im Foyer des Staatstheaters Darmstadt.


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