DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Seipel, Wilhelm (23.10.1898 Leeheim - 21.5.1968) war FDP-Landtagsabgeordneter mit Wohnsitz nach 1945 in Darmstadt.

Seipel studierte nach dem Besuch des Realgymnasiums Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Geschichte, legte das Diplom-Examen als Volkswirt ab und promovierte zum Doktor der Staatswissenschaften. Von 1928 bis 1945 leitete er die Arbeitsämter in Frankfurt, dann Kaiserslautern und anschließend Landau/Pfalz. Seine weitere Karriere im NS-Regime führte ihn auf den Stuhl des Präsidenten des Gauarbeitsamtes Mainfranken in Würzburg.

Seipel war bereits am 1.4.1932 Mitglied der NSDAP (NSDAP-Mitgliedsnummer: 1.119.873) geworden, war Kreisschulungsredner, Vorsitzender des NSDAP-Kreisgerichts Kaiserslautern II und Landau II.

In der "Politischen Beurteilung" der NSDAP-Gauleitung Franken vom 13.12.1941 erhält er eine glänzende Beurteilung (siehe Abbildung):

Politische Beurteilung Seipels 1941
Politische Beurteilung Seipels 1941
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Von Mai 1945 bis Ende 1947 saß er als führender NSDAP-Funktionär im Internierungslager in Darmstadt ein. Seine Entnazifizierung erbrachte ihm die Einordnung als "Minderbelasteter" 1947 und nach der Berufung 1948 als Mitläufer.

Nach seiner Inhaftierung konnte er seine Karriere, nunmehr im demokratischen Deutschland, bruchlos fortsetzen. Er wurde Kreisvorsitzender der FDP im Kreis Groß-Gerau und war Mitglied des Hessischen Landtags vom 26.1.1951 bis 4.8.1954.

Als ehemaliger Präsident des Gauarbeitsamtes Würzburg versuchte Seipel ab 1948 wiederholt, in der bayerischen Arbeitsverwaltung seine Karriere fortsetzen zu können. Dabei erhielt er Unterstützung durch den ehemaligen NS-Staatssekretär Johannes Krohn wie auch durch den FDP-Bundestagsabgeordneten August Martin Euler, dessen Nachfolger Seipel 1951 im Hessischen Landtag geworden war.
Auch der Hinweis des FDP-Bundesgeschäftsführers Weirauch, der schon 1930 der SA und 1932 der NSDAP beigetreten war und im demokratischen Deutschland bis zum Ministerialdirektor im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen aufstieg - also auch eine gelungene Reüssierung - beim Bundesarbeitsministerium auf die offene Stelle des Leiters des Arbeitsamtes in Wiesbaden verschaffte Seipel keine adäquate Anstellung. Schließlich wurde Seipel am 21. April 1959 am Sozialgericht in Darmstadt als Berufsrichter verbeamtet.

Nach Angaben des von Lengemann herausgegebenen Biografischen Handbuchs war er nach 1945 "freiwirtschaftlich tätig". Weder von seinen führenden Funktionen im Nazi-Regime noch von seiner Haft im Interniertenlager Darmstadt wird berichtet.

Seipel kandidierte 1953 zur Wahl des 2. Deutschen Bundestages auf Platz 19 der FDP-Landesliste und gab dort als Beruf "Landesarbeitsamtspräsident z. Wv., MdL" an. Seine Wohnadresse lautete Darmstadt, Rheinstraße 327.

Klausch weist in seiner Untersuchung "Braunes Erbe" [1] darauf hin, dass Seipels Parteieintritt vor dem 30. Januar 1933, dem Tage der Machtübertragung an die Nationalsozialisten, den Vorteil für ihn hatte, dass seine vor dem 30. Januar 1933 liegende "Parteidienstzeit" als Propagandaredner und stellvertretender NSDAP-Ortsgruppenleiter auf das Besoldungsdienstalter als Beamter angerechnet wurde. Da hat doch die Kontinuität im Beamtenapparat des demokratischen Deutschlands für die "alten Kämpfer" der Nazis eine positive Wirkung entfaltet.

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