DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
von der Au, Hans Ludwig
Straßenschild in Darmstadt-Eberstadt (2015)
Straßenschild in Darmstadt-Eberstadt (2015)
(16.2.1892 Darmstadt-Eberstadt - 21.5.1955 Darmstadt) war Theologe und Volkskundler, der den Nationalsozialismus aktiv unterstützt hat.

Von 1910 bis 1914 studierte er in Tübingen und Gießen Theologie. Er nahm am Ersten Weltkrieg als Unteroffizier teil und kehrte 1920 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Er wurde 1921 ordiniert und 1924 zum Lic. theol. und 1939 zum Dr. phil. promoviert. Nach Tätigkeiten im Pfarrdienst war er von 1925 bis 1934 Landesjugendpfarrer.

Im Stadtlexikon [4] heißt es:

"Als Mitglied der Bekennenden Kirche und wegen Auseinandersetzungen zwischen den kirchlichen Jugendgruppen und der HJ (Hilterjugend) wurde A. aus dem Amt gedrängt. Er wechselte in den Schuldienst (1934-44 Studienrat an der Liebig-Oberschule in Darmstadt). Dem Parteiausschlußverfahren (Mitglied der NSDAP seit 1937, der SA seit 1934) entging er 1944 durch die Einberufung".

Ähnlich heißt es bei Wikipedia [3]:

"Die letzte Zeit seiner Tätigkeit als Landesjugendpfarrer war von Auseinandersetzungen zwischen kirchlichen Jugendgruppen und der Hitlerjugend geprägt; von der Au gab das Amt 1934 auf und arbeitete bis zu seiner Einberufung 1944 als Studienrat an der Justus-Liebig-Oberschule in Darmstadt. Seit 1934 war er Mitglied der SA, seit 1937 der NSDAP".

Angesichts seiner in der Schrift "Volk und Scholle" [2] dokumentierten Aktivitäten - siehe unten - erscheint diese Aussage mehr als gewagt, sondern eher dem Wunsch einer "Selbstentlastung" geschuldet. Trotz dieser Auseinandersetzungen wurde er 1934 Mitglied der SA und 1937 - bis dahin gab es eine Aufnahmesperre in die NSDAP - Parteimitglied. Im Amtsblatt Nr. 1 vom 10.10.1945 der Evangelischen Landeskirche in Hessen wird mitgeteilt, dass der Studienrat Lic. Dr. von der Au zum Pfarrassistenten in Darmstadt-Eberstadt, Dekanat Darmstadt, ernannt wurde. Im Amtsblatt Nr. 1 vom 3.1.1947 heißt es:

"Der mit der Verwaltung der Pfarrassistentenstelle in Darmstadt-Eberstadt beauftragte Studienrat Lic. Dr. Hans von der Au wurde auf seinen Antrag mit Wirkung vom 17.10.1946 aus dem Dienst unserer Landeskirche entlassen, um eine Studienratsstelle an der Viktoriaschule in Darmstadt zu übernehmen".

Das Stadtlexikon berichtet nicht, dass von der Au ein sehr aktiver Nationalsozialist war. Nachzulesen ist dies in der Zeitschrift "Volk und Scholle", eines in der NS-Zeit lupenreinem NS-Propaganda-Periodikum, das vom NS-Ministerialrat Friedrich Ringshausen verantwortet wurde. In den Jahren 1940 und 1941 wird er dort als Mitarbeiter genannt (Au, Hans von der, Dr. Lic., StR., Ohlystraße 36). Im Auftrag der Bundesleitung unterzeichnete von der Au gemeinsam mit Steinicke und Kratz im Heft 3 (1941) einen Nachruf auf den am 17.2.1941 verstorbenen Nazi-Funktionär Ringshausen. Dieser Nachruf endet mit "Heil Hitler!" Als Referent (Pg. Dr. von der Au) wird er dort mehrmals erwähnt. Im Heft 4 (1941) wird auf Seite 72 unter Mitteilungen des Heimatbundes über eine Veranstaltung am 26.3.1941 berichtet:

"Der Kreiswalter Pg. Lehrer Rausch-Bingen begrüßte die erschienenen Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht, sowie als Vertretung der Bundesleitung den Pg. Dr. Hans v. d. Au und Pg. N. Kratz, die Mitglieder des Heimatbundes und des NSLB, gedachte den Toten des Weltkrieges, des jetzigen Krieges und den Toten der Bewegung. … und leitete dadurch über zum Vortrag des Pg. Dr. Hans v. d. Au mit dem Thema "Volkstum und Schule".

In diesem Kontext wirft seine Anstellung 1946 durch die Evangelische Landeskirche Hessen viele Fragen auf. Ebenso bezüglich seiner Verwendung im Hessischen Schuldienst als Studienrat an der Viktoriaschule in Darmstadt. Seine Anschrift wird im Adressbuch von 1935 mit Heidelbergerstraße 37 angegeben. Im Jahr 1959 wurde zu seinem ehrenden (!) Gedenken in Darmstadt-Eberstadt eine Straße nach ihm benannt (Von-der-Au-Straße, Foto siehe oben). Die Straße wurde 2023 in Milli-Bau-Straße umbenannt.

siehe auch: Kirchen im Faschismus


Q: [1] [2] [3] [4], Foto: Autoren

 

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