DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Berndl, Heinrich (24.11.1887 München - 14.2.1973 Memmingen) war seit 1. Januar 1932 parteiloser Oberbürgermeister der Stadt Memmingen, trat im Mai 1933 der NSDAP bei und wurde von den Nationalsozialisten in diesem Amt belassen bis zur Befreiung durch die Amerikaner im Mai 1945.

Berndl hatte nach dem Abitur 1907 am Luitpold-Gymnasium in München Rechtswissenschaften in München studiert und war ab 1917 als Rechtsanwalt zugelassen. Im Jahr 1913 legte er in Erlangen eine juristische Dissertation mit dem Thema "Der öffentlichrechtliche Nachbarschutz gegen gewerbliche Anlagen" vor.

Nach verschiedenen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst wurde er 1926 bei der Stadt Memmingen Rechtsrat und 1930 Vertreter des Oberbürgermeisters.

Bereits 1948 konnte er wieder städtischer Mitarbeiter in der alten Funktion als Rechtsrat werden. Und 1952 wurde er als Kandidat der CSU und der Freien Wähler erneut zum Oberbürgermeister gewählt. Seine Amtszeit endete Ende April 1966. Dem ehemaligen Mitglied der NSDAP wurde danach die Ehrenbezeichnung "Alt-Oberbürgermeister" zuerkannt.

Eine von Paul Hoser 2001 im Auftrag der Stadt Memmingen verfasste Studie über die Geschichte der Stadt beleuchtete auch die Haltung Berndls während der NS-Diktatur. Darin wird einerseits dessen Haltung 1945 gegen Ende des Krieges beschrieben, wo er am 26. April 1945 erklärte, dass seine Stadt nicht verteidigt werden und so dazu beitrug, dass Memmingen durch die Amerikaner nicht zerstört wurde.

In einem Bericht der Allgäuer Zeitung vom 15.11.2001 [1] über die Untersuchungen Hosers heißt es:

"Einerseits erfüllte er viele Wünsche der Nazis in vorauseilendem Gehorsam und bediente sich hemmungslos, wenn es darum ging, Grundstücke und Gebäude von Juden, die ihr Geschäft aufgrund der nationalsozialistischen Zwangsmaßnahmen hatten aufgeben müssen, 'weit unter dem Marktwert' in die Hände der Stadt zu bringen. Auf der anderen Seite belegt Hoser mehrere Fälle, in denen sich Berndl für Verfolgte und Bedrängte einsetzte, wenn auch stets darauf bedacht, seine eigene Person nicht zu gefährden".

Im Juni 2002 berichtete die Allgäuer Zeitung [2], dass auf Grund Hosers Forschungen die Grünen die Umbenennung des nach Berndl benannten Platzes fordern. Sie beriefen sich dabei auf Hoser, wonach Berndl während der NS-Zeit ein "willfähriger Handlanger des Kreisleiters" gewesen sei. Diese Feststellungen führten zu Protesten der Nachfahren Berndls und auch zu einer Distanzierung des Oberbürgermeisters von Hosers Feststellungen. Nach Wikipedia erhielt Hoser jedoch Unterstützung von dem Historiker Rolf Kießling, der feststellte, dass das Urteil der Spruchkammer "nicht ausreichend relevant für die Ermittlung der historischen Wahrheit" sei.

Berndl wurde nach 1945 vielfach ausgezeichnet, so erhielt er

Das Mitteilungsblatt der Kameradschaft der Leibgardisten vom April 1973 druckte eine Todesanzeige ab, in der Berndl als "Mitbegründer der Union des Friedens in soldatischer Kameradschaft" und "Altbürgermeister von Memmingen"genannt wurde. Er sei Träger des Friedenskreuzes 1964. Weiter wörtlich:

"Allen Verbänden, Organisationen und hochverehrten Einzelpersönlichkeiten, die am 29. August 1964 mit ihrer Unterschrift die Union des Friedens in soldatischer Kameradschaft gegründet und den Abschluß des Deutsch-Französischen Freundschaftspaktes zur Tat werden hießen, von diesem Trauerfall Kenntnis zu geben, ist mir eine ehrenvolle Pflicht. Hugo Manz, 1. Vorsitzender, 89944 Grönenbach".

(siehe auch Leibgardisten-Denkmal und Soldatenverbände)


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