DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Kameradschaft der Leibgardisten Die "Kameradschaft der Leibgardisten und des Infanterie-Regiments 115 e.V." gibt seit 1957 das Periodikum "Der Leibgardist" heraus. Es erschien zunächst viermal im Jahr, seit 1988 nur noch zweimal und seit 2010 in der Regel nur noch einmal im Jahr. Die dort veröffentlichten Beiträge betreffen persönliche Nachrichten, Todesanzeigen und Geburtstage von Mitgliedern, Spender und Spenden für die Kameradschaft, Berichte aus dem Innenleben der Kameradschaft und geschichtliche Beiträge über Kriege und Schlachten. Um die Kameradschaft zu beschreiben und zu charakterisieren, haben wir die Ausgaben einer - sicherlich unvollständigen - Analyse unterzogen.

In der ersten Ausgabe aus dem Jahr 1957 erscheint ein Gedenkartikel über Ernst Pabst. Er stammte aus Darmstadt, war Reichsrichter beim Reichsverwaltungsamt, Inhaber des Ritterkreuzes des Hohenzollernschen Hausordens mit Schwertern und bereits 1932 der NSDAP beigetreten.

In vielen weiteren Artikeln wird führenden Militärs des Ersten und Zweiten Weltkriegs ehrend gedacht. Hier eine Auswahl, einige davon mit Darmstadt-Bezug:

Im Heft 2/1957, gerade einmal zwölf Jahre nach dem verbrecherischen Zweiten Weltkrieg, geht es um die "Deutsche Soldatenehre".

Artikel Schutz Denkmal
Offenbar ist das Leibgardisten-Denkmal bei der Darmstädter Bevölkerung nicht
durchgängig beliebt, denn im Heft 3/1963 wird mehr Schutz angemahnt. [1]

Artikel Ritterkreuzträger
Im Heft 1-1958 wurde den verdienten Ritterkreuzträgern gedacht. [1]

Artikel Adenauer
Im Heft 3-1987 wird eine Ehrenerklärung Adenauers für alle Waffenträger
abgedruckt, allerdings ohne Quelle und Datum. [1]

Artikel brave Deutsche
Im Heft 1-1998 wurden „Zehn Sprachgebote für „brave“ Deutsche“ abgedruckt,
die aus unserer Sicht zeigen, wo sich die Kameradschaft selbst
gesellschaftspolitisch positioniert, nämlich am äußerst rechten Rand. [1]

Artikel Ehre Soldaten
In der Ausgabe 2/1995 ist ein Artikel überschrieben mit
"Die Ehre der deutschen Soldaten".
Abgebildet ist der erste Absatz des Artikels. [1]

Gemeint ist hier die unter den Historikern anerkannte Ausstellung über die "Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941- 1944", die das Bild der "sauberen Wehrmacht" gründlich zerstörte. Die Position der Kameradschaft ist sehr verständlich, ehrte sie doch anlässlich seines Todes den aus Darmstadt stammenden General der Waffen-SS, Karl Wolff:

Artikel Nachruf Wolff
Nachruf auf Karl Wolff (1984) [1]

Nicht erwähnt wurde im Nachruf für Karl Wolff, dass er 1949 zu vier Jahren Haft und 1964 in München zu 15 Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 300.000 Juden verurteilt wurde und 1971 Haftverschonung erhielt. Nach 1945 war Wolff zeitweise in Darmstadt gemeldet.

Artikel Ritterkreuzträger
In Heft 1/1996 erschien eine "Ehrentafel" mit Trägern höchster Auszeichnungen
des NS-Regimes. Sie endete mit dem Satz "Ihre Taten sollen unvergessen sein!". [1]

Der Verein genoss (oder genießt wohl bei einigen bis heute) große politische Anerkennung durch die lokale Politprominenz und Vertreter der Bundeswehr. Der ehemalige Bürgermeister der Stadt Darmstadt und Landtagsabgeordnete, Dr. Ernst Holtzmann (CDU), wurde wiederholt als Spender erwähnt und erhielt Geburtstagsgrüße. Anlass seines Todes erhielt er einen ehrenden Nachruf:

Artikel Holtzmann
In Heft 2/1996 erschien ein Nachruf auf Ernst Holtzmann. [1]

Auch die obersten Vertreter der Stadt Darmstadt ließen es sich nicht nehmen, der Kameradschaft ihre Aufwartung zu machen. So lässt es sich Oberbürgermeister Dr. Engel (SPD) nicht nehmen, dem Leibgardisten Dr. Hans Jünger 1968 das Bundesverdienstkreuz zu überreichen. Und Oberbürgermeister Sabais (SPD) ehrt die Kameradschaft im Heft 2/1971:

Artikel Sabais
Oberbürgermeister Sabais (SPD) ehrt
die Kameradschaft im Heft 2/1971. [1]

Oder Oberbürgermeister Peter Benz (SPD), der am 7. Juni 1996 im Rahmen der Erinnerungsfeier "375 Jahre Leibgarde-Regiment" einen Empfang im Haus der Geschichte gab:

Artikel Benz
Grußwort von Oberbürgermeister
Benz (SPD) im Heft 1/1996. [1]

Aber auch die lokale Geschäftswelt buhlte um die einschlägige Kundschaft, und in den Heften wurde darauf hingewiesen, dass die Mitglieder doch bitte sehr bei den inserierenden Geschäften einkaufen mögen. Eine Auswahl: Hut-Titze, Schubkegel-Hessenfahnen, Stempel-Schulz, Pfungstädter Brauerei, Tanzschule Stroh, Radio Feix, Beerdigungsinstitut Dechert, Tritsch und Heppenheimer, Restaurant Zum Goldenen Anker. Stammtische und Treffpunkte der Kameradschaft waren unter anderem das Restaurant Sitte, die Goldene Krone und auch das Parkhaus-Hotel in der Grafenstraße.

Zum Abschluss eine nicht erstaunliche Nachricht: Während dem globalisierungskritischen Verein attac und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e. V.) die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde, ist die Kameradschaft der Leibgardisten als gemeinnützig anerkannt. Die erfreuliche Nachricht: Die Kameradschaft hat ihre Auflösung "mit Ablauf des 31.12.2021 beschlossen".


Q: [1], Abbildungen: [1]

 

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