DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Jetschin, Hans Albert Viktor (9.8.1887 Saarau/Kreis Schweidnitz - 1.9.1967 Seeheim) war bis 1938 Chef der 5. Kompanie des Traditionsregiments 115 (siehe auch Leibgardisten-Denkmal und Soldatenverbände).

Nach Angaben der im "Leibgardist" [5] erschienenen Todesanzeige wird berichtet, dass der Oberst a. D. und "Inhaber hoher Kriegsauszeichnungen ... an den Kämpfen in Frankreich" teilnahm und im "Ostfeldzug eine Division" führte. Er habe seit Gründung der Kameradschaft an allen Veranstaltungen teilgenommen und sei "ein treues Mitglied und ein aufrechter, treuer, lieber Kamerad" gewesen.

Dieser treue Kamerad trat bereits 1923 der NSDAP und am 1. November 1931 der SA-Schlägerbande bei. Er hatte den Rang eines Truppführer inne.

Das Darmstädter Echo vom 21. Juni 1947 berichtete unter der Überschrift "Vor der Spruchkammer - Tausende brotlos gemacht" von der Arbeit zweier Sonderkommissionen, die "kurz nach der Machtübernahme 1933" im Rahmen des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" eine "rücksichtslose politische Säuberung innerhalb der hessischen Polizei" durchführen sollte.

Weiter heißt es dort:

"Jetzt musste sich der damalige Vorsitzende der Sonderkommission III b, Hans Jetschin, vor der Darmstädter Spruchkammer verantworten. Durch Zufall war er im Januar d. J., als er aus der französischen Zone zu einem Besuch in Darmstadt weilte, im Hauptbahnhof verhaftet und ins Internierungslager eingeliefert worden. Dieser einstige Sonder-Kommissar IIIb, dieser 1933 zum Polizeihauptmann und SA-Sturmführer ernannte "Altparteigenosse" (seit 1923?) und Oberst a. D. will natürlich heute jedem geholfen, als "Idealist" nur das Gute erstrebt und gar oft Kritik geübt haben.

Zeugenaussagen benannten den Nazi-Aktivisten Jetschin ... der als Kommissionsvorsitzender nicht nur die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus aktiv unterstützte, sondern darüber hinaus unzählige Familien in namenloses Unglück brachte.

Die Kammer schloss sich auf Grund des erdrückenden Beweismaterials dem Antrag des Klägers an. Jetschin wurde als Aktivist für fünf Jahre in ein Arbeitslager verwiesen. Außerdem wurden 50 Prozent seines Vermögens beschlagnahmt."

Das Melderegister vermerkt, dass Jetschin seit 1920 mit Unterbrechungen in Darmstadt wohnhaft war.

Die Darmstädter Adressbücher [1] geben Aufschluss über seine Karriere:

Von 1939 bis 1943 wohnte Jetschin bei Dr. Hermann Holzapfel, einem 1934 in die SA eingetretenen Bankprokuristen in der Viktoriastraße 42. Anschließend bis 1947 in Todtmoos. Vom 10. Januar 1947 bis 20. Dezember 1948 war er in Arbeitslagern in Darmstadt, Hersfeld und Kassel interniert. Danach wohnte er in der Viktoriastraße 26. Er verzog am 11. Juli 1964 nach Seeheim.

Im Meldeblatt von 1949 gab er als früheren Beruf Oberst a. D und jetzigen Beruf Diplom-Kaufmann an.

Das Ehepaar Jetschin hatte einen Sohn, Hans-Joachim, geboren am 22.12.1919. Nach Angaben der Entnazifizierungskartei war ein Hans Joachim Jetschin, geb. am 22.12.1919, evangelisch, ledig und Gerichtsassessor, am 1. Mai 1937 der NSDAP und der HJ beigetreten. Dort hatte er die Funktion des Jugendschaftsführers. Im Entnazifizierungsverfahren fiel er unter die Jugendamnestie.


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