DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
"Das Reich"
war eine
nationalsozialistische Wochenzeitung, die 1940 von
Max Amann, dem Reichsleiter Presse der NSDAP
und Präsidenten der Reichspressekammer gegründet wurde und bis 1945
erschien. Die Auflage
betrug bis zu 1,4 Millionen Exemplare. Den wöchentlichen Leitartikel
auf Seite 1 zeichnete, mit wenigen Ausnahmen, der
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels.
-
- Titelblatt "Das Reich", Ausgabe
Nr.25,1944
Nach Köhler [3]
sollte sie "in
der Gestaltung 'formal ansprechend und zugleich
sachlich korrekt und phrasenlos sein'. ... Die neue Wochenzeitung
sollte, das war Amanns Ziel, 'nicht eine unter vielen Zeitungen und
Zeitschriften, sondern die führende große politische deutsche
Wochenzeitung sein, die das Deutsche Reich für In- und Ausland gleich
wirksam und eindringlich publizistisch repräsentiert'".
"Das
Reich" sei kriegswichtig gewesen, schreibt Köhler, "die Intelligenz,
das Niveau seiner Redakteure nicht minder". Heinrich Böll:
"Ich habe
das Reich vielleicht drei, viermal gelesen, notgedrungen, weil nichts
anderes zur Hand war, und ich habe diese Zeitung gehaßt: nicht weil sie
dumm, sondern weil sie so intelligent gemacht war."
Frank-Rutger Hausmann schrieb in der FAZ, dass das "Das Reich" in kurzer Zeit zum Lieblingsblatt
der bürgerlichen Intelligenz und zur meistgelesenen Zeitung im Offizierskorps
geworden sei. Im Einzelfall habe der Schutz des Reichspropagandaministers auch Artikel ermöglicht,
die an den Rand des Tabubruchs gegangen seien. Insgesamt habe die Zeitung aber mehr zur Stützung
als zur Schwächung der NS-Herrschaft beigetragen.
Gemacht wurde die Zeitung vorwiegend von Nicht-Parteimitgliedern.
Für
diese Zeitung, schrieben unter anderem der spätere Bundespräsident
Theodor Heuss, der spätere leitende FAZ-Redakteur Karl Korn, der
spätere Fernsehjournalist Werner Höfer oder die spätere Chefin des
Allensbach-Instituts Elisabeth Noelle-Neumann.
Während
Deutschland einen brutalen Eroberungskrieg mit Millionen Toten führte,
Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und viele andere verfolgt,
drangsaliert und ermordet wurden, trugen sie mit ihrem Schreiben zu
einem von den Nazis erwünschten Bild Deutschlands bei - aus welchen
Gründen auch immer.
Auch viele in Darmstadt bekannte
Schriftsteller schrieben für dieses Naziblatt:
- Ilse
Langner, deren Stücke laut Stadtlexikon als "missliebig und unaufführbar"
galten, ist mit mindestens einem Beitrag vertreten.
- Wolfgang
Koeppen
- Arnold Krieger, dessen erster
Gedichtband "Das erlösende Wort" von 1941 laut Dotzert im Stadtlexikon
[1]
als "entartet"
eingestuft worden sei, ist mit mindestens drei Beiträgen vertreten,
wobei der letzte noch im Frühjahr 1945 erschien.
- Karl Krolow,
ein im Stadtlexikon von Fritz Deppert gelobter großer Lyriker, ist
mit mindestens vier Beiträgen vertreten.
- Heinrich
Schirmbeck, der nach Fritz Deppert im Stadtlexikon unter anderem mit
Studierverbot belegt worden sei.
- Wolfgang
Weyrauch,
über dessen Veröffentlichungen im Naziblatt "Das Reich" in dem von
Fritz
Deppert gezeichneten Artikel im Stadtlexikon jeder Hinweis fehlt, ist
mit mindestens drei Beiträgen vertreten, wobei der letzte
Beitrag noch im Frühjahr 1945 erschien.
Erstaunlich
ist, dass in dieser reichsweit erscheinenden Wochenzeitung Darmstädter
Schriftsteller sehr oft mit einem Beitrag erscheinen. Allein im
Jahrgang 1944 sind
- Arnold Krieger mit mindestens zwei Beiträgen
- Karl Krolow mit mindestens vier Beiträgen,
- Ilse Langner mit mindestens einem Beitrag
- Wolfgang Weyrauch mit mindestens zwei Beiträgen
vertreten.
Für
das Buch "Betrachtungen der Stille und Besinnlichkeit" von Graf Hermann
Keyserling wird in Nr. 51-1941 geworben, obwohl er nach Ute Gahlings im
Stadtlexikon "nach 1933
mit Rede-, Ausreise- und Publikationsverbot"
belegt worden sei.
Q:
[1]
[2]
[3]
[4]
[5],
Abbildung: [2]
(Nr. 25, 1944)
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