DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
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- Hermann Falck (ca. 1935) [3]
Falck, Hermann (23.8.1917 Linden/Hannover - 9.4.1943 Berlin) wuchs in Darmstadt auf und wurde von den Nationalsozialisten
hingerichtet.
Er kam 1925 nach Darmstadt, wo sein Vater, ein leidenschaftlicher
Kunstsammler, ein Antiquitätengeschäft in der Karlstraße 20 betrieb.
Vor seiner Selbständigkeit war der Vater Direktor bei der
Hofstilmöbelfabrik E. Glückert in Darmstadt.
Hermann machte am Ludwig-Georg-Gymnasiums Abitur. Danach begann er eine Ausbildung zum
kaufmännischen Angestellten bei der Firma E. Merck.
Ein Firmenausweis befindet sich noch heute im Archiv der Fa. Merck, leider jedoch keine
Personalakte mehr. Wegen besonderer Leistungen konnte er seine
Ausbildung zum Kaufmann bereits nach 2 ½ Jahren beenden. Wegen seiner
vielfältigen Sprachkenntnisse war er bei Merck auch in der Abteilung
für Portugiesisch sprechende Länder eingesetzt – er beherrschte die
englische, portugiesische spanische, französische, lateinische,
griechische, hebräische und italienische Sprache – und wurde nach
seiner Einberufung zur Wehrmacht im Februar 1940 nach einer
militärischen Ausbildung in Wreschen (damals im sog. Warthegau) zu
einer Dolmetschereinheit der Wehrmacht nach Laon/Frankreich versetzt.
Hermanns Erfahrungen im Krieg machten ihn immer nachdenklicher, er war
immer empörter über das, was er als Dolmetscher in Frankreich aus
nächster Nähe miterleben musste. Dies alles hielt er in einem Tagebuch
fest. Am 8. September 1942 wurde Hermann verhaftet. Er war von einem
Kameraden denunziert worden. Am 16. Januar 1943 wurde er durch ein
Reichskriegsgericht in Berlin aufgrund pazifistischer Einträge in
seinem Tagebuch wegen "Wehrkraftzersetzung" zum Tode verurteilt und am
9. April im Zuchthaus Brandenburg (Havel)-Görden, Winterfeldallee 22
hingerichtet. Der "Sterbefall" wurde am 10. April 1943 unter der Nummer 769
beim Standesamt Brandenburg/Havel beurkundet. Eine der Quellen nennt
Tegel als Hinrichtungsort, was aber von der Deutschen Dienststelle [2] nicht bestätigt
wurde.
Der evangelische Pfarrer des Zuchthauses,
Pfarrer Bartz, übermittelte den Eltern in einem Schreiben vom 9. April 1943
die letzten Grüße von Hermann. Das Gericht der Wehrmachtskommandantur
Berlin, Lehrter Straße 58, teilte den Eltern am 5. Mai 1943 mit, dass
"die Freigabe der Leiche Ihres Sohnes zur Beerdigung erst dann
erfolgen (könne), wenn Sie sich verpflichten, die Bestattung ohne
Feierlichkeiten, wie Aufbahrung, Predigt, Glockenläuten,
Ministrantendienst, sowie alle sonstigen kirchlichen Ehrungen
durchführen zu wollen." Das Schreiben ist unterzeichnet von Dietz,
Heeresjustizinspektor und Doenicke, Hauptmann, Heeresrichter kr. A ..
Da Hermanns Vater diese Versicherung abgegeben hatte, wurde die Leiche
mit Schreiben vom 12. Mai freigegeben. Gleichzeitig wurde mitgeteilt,
dass die Polizeiverwaltungen in Darmstadt und Brandenburg mit der
Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen beauftragt wurden.
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- Vorankündigung für ein Theaterstück im Darmstädter
Staatstheater über Hermann Falck aus dem Jahr 1981
Falck wurde auf dem Alten
Friedhof in Darmstadt beerdigt. Unmittelbar nach dem Krieg hat
seine Schwester Friedlis Schack, geborene Falck, bei der Darmstädter
Justiz "ein Verfahren in Gang gesetzt, das eingestellt wurde, weil das
Gericht den Hauptdenunzianten nicht aufzufinden bereit war." Friedlis
Schack hat "diesen Denunzianten und Hauptbelastungszeugen im Verfahren
gegen ihren Bruder gefunden, und das obwohl er den Allerweltsnamen
Müller hat." In der Darmstädter Presse wurde 1965 berichtet, dass die
Staatsanwaltschaft Berlin gegen einen Martin Müller aus Glehn und gegen
einen Mann namens Heubach wegen Beihilfe zum Mord an Hermann Falck
ermittele. Über den Ausgang des Verfahrens ist leider nichts bekannt.
Wenn man die justizielle Aufarbeitung von Nazikriegsverbrechen kennt,
kann man das Ergebnis aber vermuten.
Das Darmstädter Echo vom 9. 4.1965 [5]
berichtete, dass Oberbürgermeister Dr. Ludwig Engel am 9. April
mit Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung
einen Kranz an Hermanns Grab niederlegen werde. Das Darmstädter Echo
berichtete am 10.4.1965 [6],
dass Stadtrat Heinz-Winfried
Sabais einen Kranz am Grab Hermann Falcks niedergelegt habe.
"Eine ganze Stadt ehrt heute das Andenken an Hermann Falck" sagte der spätere
Oberbürgermeister. Er nahm in seiner Ansprache bezug auf die Inschrift
des Grabsteins "Menschsein heißt Kämpfer sein" und wies auf den Mut
dieses Menschen hin, "den man in die Reihe der Tapferen des 20. Juli
1944 zählen könne."
Presseberichten zufolge habe
der Dramatiker und Schriftsteller Rolf Hochhuth beabsichtigt, das
Schicksal Hermann Falcks anlässlich des Stadtjubiläums zu einem Drama
zu verarbeiten [8].
Am 12. Januar konnte man im
Darmstädter Tagblatt [11]
lesen, dass das Stück "Falck -
einer von 16.000"
heißen solle, aber noch nicht fertig sei. Ursprünglich sollte das Stück
im Sommer 1980 Premiere haben. Nach Recherchen der Autoren dieses Lexikons kam das Stück
trotz Vorankündigung im Heft des Staatstheaters "Spieljahr 1981" leider nie zur Aufführung (siehe Abbildung).
Hermann Falcks Grab auf dem Alten
Friedhof, an dem höchste Repräsentanten der Stadt
Darmstadt, wie z. B. Heinz Winfried Sabais, Kränze wiederholt
niedergelegt haben und ehrenvolle Reden gehalten wurden, ihn in die
Reihe der Männer des 20. Juli gestellt haben, wurde
inzwischen beseitigt.
In einem Schreiben an den Magistrat vom
17. April 2011 bat die Darmstädter Gruppe der DFG-VK (Deutsche
Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) um Auskunft darüber, wann und
warum dieses Grab aufgelöst wurde. Mit Schreiben vom 16. Mai 2011
teilte das Grünflächenamt folgendes mit:
"…
dass gemäß unseren Recherchen auf der Grabstätte 02 / 4 F 155 b auf dem
Alten Friedhof ein Herr Hermann Falck am 12.6.1943 als Urne beigesetzt
wurde. Die genannte Asche kam aus Brandenburg. Des Weiteren wurde ein
Herr Hermann Falck (der Vater) am 27.7.1953 auf der Grabstätte
erdbestattet.
Wie
Sie uns bereits ebenfalls mitteilten, wurde die Grabstätte mit Wirkung
zum 16.3.2001 an die Stadt Darmstadt zurückgegeben und existiert heute
nicht mehr. Das Grab wurde zurückgegeben, da die Ruhefristen auf der
Grabstätte abgelaufen waren und somit eine Rückgabe möglich war."
Dieses Verhalten zeigt ein völlig unhistorisches Bewusstsein. Ein Grab, in dem
ein Opfer des Naziregimes liegt, das von städtischen Repräsentanten in
eine Reihe mit Männern des 20. Juli gestellt wurde, wird beseitigt, "da
die Ruhefristen auf der Grabstätte abgelaufen waren ...". Eine
Ehrengrabwürdigkeit war offenbar nicht
gegeben. Diese ist eher "verdienstvollen" NSDAP-Mitgliedern
wie Hans
Simon vorbehalten.
Nach dem Krieg wohnte Vater
Hermann Falck, der 1953 verstarb, im Spessartring 6. Hermanns
Mutter war beim Bombenangriff
auf Darmstadt in der Nacht vom 11. auf
12. September
1944 ums Leben gekommen.
Ein Appell der DFG-VK an Oberbürgermeister Jochen Partsch,
durch Setzen eines Gedenksteines bzw. Anbringen einer Gedenktafel auf
dem Alten Friedhof Hermann Falck angemessen zu würdigen, fand bei ihm
Unterstützung. Er teilte mit, dass er die Errichtung einer Tafel auf
dem Alten Friedhof befürworte, die anstelle des verschwundenen Grabes
an Hermann Falck erinnern solle. Ein Prüfauftrag an
die Friedhofsverwaltung sei erteilt. Darüber hinaus teilte der
Oberbürgermeister mit, dass er die Bildung einer Kommission zur Prüfung
von Anträgen auf Ehrengräber veranlasst habe.[14]
Am 8. Januar 2014 wurde die Zusage
von Oberbürgermeister Partsch vom 24. August 2011
umgesetzt: Direkt am Haupteingang des Alten Friedhofes an der linken Seite ist ein Gedenkstein
gesetzt, der an Hermann erinnert. Ein Beitrag zur Erinnerungskultur in Darmstadt!
Bereits am 2. Juni 2011 wurde ein "Stolperstein"
für Herrmann Falck in der Karlstraße 20 verlegt (Foto).
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Abbildungen: [3] und Autoren
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