Wilhelm Goebel übernahm um 1919/1920 die Leitung der Firma.
1927 erfolgte die Überführung des Werkes in die GOEBEL AG und Dr. med. Köhler wurde
zum alleinigen Vorstand bestellt. 1939 erfolgte nach vorübergehenden
Einschränkungen fast mit Kriegsbeginn der Umzug in das neue
Verwaltungs- und Bürogebäude in der Otto-Wolfskehl-Straße, heute
Goebelstraße. Der Umzug führte zu einer Drosselung der Produktion. Auch
seien "Kriegsdienstleistungen" zu erbringen gewesen, also Rüstungsgüter
produziert worden.
1944 wurde das Werk durch
Bomberangriffe
schwer getroffen und beschädigt, im Verhältnis zur weitgehend
zerstörten Innenstadt jedoch relativ gering.
Durch
die
Einberufung zum Militärdienst entstandener Fachkräftemangel wurde mit
dem Einsatz der Zwangsarbeiter ausgeglichen. Zwischen dem 27.10.1941
und dem 23.3.1945 waren bei der Firma Goebel insgesamt 129
Kriegsgefangene (55 Franzosen und 74 Russen) und 99 Zwangsarbeiter (10
Belgier, 14 Russen, 17 Jugoslawen, 4 Italiener, 10 Niederländer, 44
Franzosen) beschäftigt. [1]
Auf eine
schriftliche Anfrage der Autoren nach Unterlagen über Zwangsarbeit in
der Fa. Goebel wurde folgendes mitgeteilt:
"Leider
müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir keine Unterlagen oder
weitergehende Kenntnisse zu dem von Ihnen angesprochenen Thema
'Zwangsarbeit in Darmstadt während des 2. Weltkrieges' haben. " [2]
Im
Stadtarchiv Darmstadt sind allerdings namentliche Listen von insgesamt 144
russischen Zwangsarbeitern, am 8. August 1947 von der Fa. Goebel AG
vorgelegt, vorhanden.
Die Liste endet mit der
Versicherung:
"Ich
bestätige nach besten Wissen und Gewissen, dass dies eine treue und
vollständige Wiedergabe der verlangten Informationen ist."
und
ist mit zwei Unterschriften, eine davon ppa., unterzeichnet.
Weiterhin
existiert eine Liste mit 99 französischen Zwangsarbeitern, ebenfalls
mit Datum vom 8. August 1947.
Die
Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter waren auf verschiedene Lager
verteilt. Während die Kriegsgefangenen in einem Lager in Hetzbach bei
Erbach im Odenwald untergebracht waren, wohnten die Zwangsarbeiter in
Darmstadt. Die Lager befanden sich in der Obergasse 38 (ehemalige
Altstadt) und der Mühlstraße 5. Die Zwangsarbeiter aus dem Lager in der
Mühlstraße wurden später zum Marktplatz 5 und nach dem 11.9.1944 in die
Otto-Wolfskehl-Straße (heutige Goebelstraße) verlegt.
In
einer Broschüre [4] der Tochter von Wilhelm Köhler
(Leiter von 1924-1956) heißt es,
er habe versucht, die Firma so weit wie möglich dem Einfluss der
Nationalsozialisten zu entziehen. In der derselben Broschüre wird in
Aufzeichnungen von Wilhelm Köhler selber ein Vorfall geschildert, wo er
durch Denunziation mit der Gestapo in einen ersten Konflikt geraten war.
Bei
Goebel existierte aber auch eine sogenannte Betriebsgruppe um den
Kommunisten Hans
Otto Fillsack. Diese Gruppe versuchte u. a., durch
heimliche Zuteilung von Essens- und Tabakrationen den Zwangsarbeitern
und Kriegsgefangenen die Lage etwas zu erleichtern. Hauptaufgabe der
Gruppe aber war die Drosselung der Rüstungsproduktion. Durch
absichtliche Fehlbedienung der Maschinen zum Beispiel wurden
zeitraubende Reparaturen verursacht. Außerdem sammelte man Geld, um
andere Gruppen und Verfolgte des Naziregimes zu unterstützen.
In
der bereits oben zitierte Broschüre ist von dieser Betriebsgruppe auch
die Rede:
"In
eine heikle Situation kam der Betriebsangehörige (Schlosser Hans)
Fillsack, dies aber nicht im Zusammenhang mit der Betriebsgemeinschaft
sondern durch seine Zugehörige zu einer Tarnorganisation der KPD, deren
gemeinsamer Stammtisch aufflog. Es darf angenommen werden, daß die von
uns über Fillsack erteilten Auskünfte ihm das Leben gerettet haben." In
einer Fußnote ist noch vermerkt: "Fillsack war 1933 als
"Schutzhäftling" im Konzentrationslager
Osthofen".
Nachdem die
Firma 1986 den besten Auftragseingang, den das Unternehmen je zu
verzeichnen hatte, erzielte und 1988 die beiden Werke in Darmstadt und
Münster fast 1.350 Mitarbeiter beschäftigte und über 100 Jugendliche
ausgebildet hatte, geriet das bedeutende Darmstädter Unternehmen in
große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Über Kurzarbeit und
Personalabbau 1993 verringerte sich die Zahl der Mitarbeiter weiter,
bis es im Jahr 2000 Insolvenz anmelden musste. Es wurde erfolgreich
saniert und in die "Goebel Schneid- und Wickeltechnik GmbH" und
die "Goebel Graphic Machines GmbH" aufgeteilt.
Im Dezember 2020 wurde mitgeteilt [9],
dass die "Goebel Schneid- und Wickeltechnik GmbH" ihre
Fertigung bis Jahresende von Darmstadt komplett nach Italien verlegt.
In Darmstadt verbleibe nur noch eine Konstruktionsabteilung.
Q:
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[9], Foto:
[8]