DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Petersen, Waldemar (10.6.1880 Athen - 27.2.1946 Darmstadt) war ein deutscher Professor für Elektrotechnik.

Ausweis Petersen
Waldemar Petersens Ausweis als Wehrwirtschaftsführer [8]

Waldemar Petersen stammt ab von dem Theologen Waldemar Petersen (22.6.1850 Norder Brarup - 19.1.1940 Darmstadt), der 1876 heiratete und aus dessen Ehe mit Theodore Saggau fünf Kinder hervorgingen (Elisabeth, geb 1977; Theodor, geb. 1884; Hans, geb. 1885; Wilhelm, geb 1880, Waldemar, geb 1890). Hans Petersen wurde später NSDAP-Politiker, Wilhelm Petersen Komponist.

Zwei Kinder aus dem Theologenhaushalt, Hans Petersen und Waldemar Petersen, wurden überzeugte Nationalsozialisten. Wilhelm Petersen war wohl kein überzeugter Nationalsozialist, aber vermutlich doch NS-affin. Dies ist der Grund, einen kurzen Blick auf die Biografie des Vaters zu werfen:

Nun zu Waldemar Petersen.

Er legte 1899 das Abitur am Landgraf-Georgs-Gymnasium (LGG) in Darmstadt ab und begann das Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Mit Studienbeginn schloss sich Petersen der schlagenden Verbindung Corps Rhenania Darmstadt an, die am 12.6.1872 gegründet wurde.

1903 beendete er erfolgreich das Studium, wurde ein Jahr später Assistent bei Professor Kittler und schloss 1907 seine Promotion und Habilitation ab.

1907 heiratete er Auguste Kichler (13.9.1885 Darmstadt - 13.3.1974 Darmstadt) aus der Familie des Buchdruckereibesitzers Ludwig Kichler, der schon Ende der 1920er Jahre Druckaufträge der Nationalsozialisten ausführte.

Petersen setzte seine Kariere an der TH Darmstadt fort:

1907 Privatdozent
1911 außerordentlicher Professor
1917/1918 Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Erasmus Kittler

Als Professor der Elektrotechnik war er als Lehrer und Forscher außerordentlich erfolgreich und erhielt durch zahlreiche bedeutende Forschungen auch internationale Reputation.

Petersen engagierte sich auch in politischen Fragen. So gehörte er zu den Hochschullehrern, die im Oktober 1914 eine "Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches" unterzeichneten:

Erklärung
Erklärung von 1914, die auch Waldemar Petersen unterzeichnete [8]

So ist es nicht überraschend, wenn Efinger konstatiert, dass "Petersen ... in der Zeit von 1914 bis 1918 - wie viele andere auch - nicht nur zivile Forschung betrieben (habe), sondern auch in die Kriegsforschung des Deutschen Reiches involviert gewesen" sei.

Wie schon die Erklärung von 1914 zeigt ("... das Heil an dem Siege hängt, den der deutsche "Militarismus" erkämpfen wird ..."), war Petersen eher kein Freund des sich nach dem Krieg entwickelnden Weimarer Demokratie.

Petersen übernahm 1921 das Rektorat der Technischen Hochschule. Er engagiert sich auch stark für die Etablierung des Faches Sport an der Hochschule und gewinnt dafür den Sportlehrer Ernst Söllinger. Auch der Bau des Hochschulstadions konnte 1922 abgeschlossen werden. Er unterstützte auch tatkräftig den Bau des später nach ihm benannten "Waldemar-Petersen-Haus" (heutiger Name: "Darmstädter Haus") im Klein-Walsertal.

1926 wechselt Petersen in den Vorstand der Allgemeinen Elektrizitäts Gesellschaft (AEG) in Berlin und lässt sich zunächst von der TH beurlauben, hält aber noch Vorlesungen an der Hochschule. Bei der AEG widmete er sich zunächst dem Aufbau eines Forschungsinstitutes, das im Rahmen der kriegsvorbereitenden Aufrüstungspolitik eine herausragende Aufgabe in der Rüstungsforschung für sich sah und entsprechend rasant wuchs. Petersen unterstützte damit tatkräftig die Kriegspolitik der Nationalsozialisten.

Auch persönlich bezog er klar Position:

1933 Eintritt in die SA
1937 nach Aufhebung der Eintrittssperre NSDAP-Mitglied

Seine Bedeutung für die Kriegspolitik der Nazis wird auch darin deutlich, dass er 1938 zum Wehrwirtschafts-Führer ernannt wurde. Am 7. August 1944 wurde ihm sogar vom "Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion" ein Ausweis ausgestellt, in dem ihm bescheinigt wurde, dass er in dessen Geschäftsbereich tätig sei (siehe Foto oben).

Seine herausragende Unterstützung der Nationalsozialisten hinderte die Universitätsleitung 1956 nicht, bei der Stadt Darmstadt eine Straßenbenennung nach Petersen vorzuschlagen. Die Stadtregierung folgte diesem Vorschlag und nannte die Straße zwischen Landgraf-Georg-Straße und Alexanderstraße nunmehr Petersenstraße (heute Merckstraße). 1968 wurde eine Umbenennung vorgenommen, wonach auf dem Hochschulcampus Lichtwiese die Straße von der Heinrichstraße zum Campus den Namen "Petersenstraße" erhielt. Erst 2013 wurde die Straße in zwei Abschnitte geteilt und nach Eugen Kogon und Franziska Braun umbenannt.

Das einst von Petersen geförderte "Waldemar-Petersen-Haus" im Kleinen Walsertal wurde ebenfalls umbenannt und trägt seit 2015 den Namen "Darmstädter Haus".

Die Universität selbst würdigte noch 1980 Petersen in einem akademischen Festakt als Wissenschaftler und Wirtschaftsführer, ohne seine unermüdliche Unterstützung der nationalsozialistischen Kriegspolitik auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Erst die Arbeit Efingers arbeitete diesen bedeutsamen Aspekt in Petersens Lebenswerk akribisch heraus.

Im Dezember 1944 und im August 1945 erlitt Petersen Schlaganfälle. Er starb am 27.2.1946 und ist auf dem Darmstädter Waldfriedhof begraben.


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