DFG-VK Darmstadt "Von Adelung bis Zwangsarbeit - Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt"
Kasernen und US-Wohnsiedlungen (außer Starkenburg-Kaserne) in Darmstadt bis ca. 2005
Kasernen und US-Wohnsiedlungen (außer Starkenburg-Kaserne)
in Darmstadt bis ca. 2005 [17] (vergrößerte Darstellung hier)
US-Army in Darmstadt Am 25. März 1945 war mit dem Einmarsch der US-Amerikaner nach Darmstadt der Zweite Weltkrieg für die Darmstädter beendet. Zu der Zeit lebten noch etwa 50.000 von ehemals 115.000 Menschen in der Stadt. Die US-Amerikaner ernannten den Rechtsanwalt Ludwig Metzger nach Empfehlung durch den evangelischen Pfarrer Wilhelm Weiberger und den katholischen Pfarrer Wilhelm Michel zum Oberbürgermeister.

Die US-Army zog in die von den Nationalsozialisten in den Jahren 1937/1938 errichtete Cambrai-Fritsch-Kaserne auf der Ludwigshöhe. Auf dem Gelände wurden auch die einschlägigen Infrastruktureinrichtungen wie z.B. Banken, Post, Läden, Kinos geschaffen. Sie beschlagnahmten das Hochschulstadion, das sog. "Yankee-Stadion", bis 1955. Die Diesterwegschule wurde ebenfalls bis 1950 von der US-Army beschlagnahmt und unter anderem zeitweise als "Amerikahaus" genutzt. Gleiches gilt für den Griesheimer Flughafen. Den US-Club "Stork Club" gab es in der Goldenen Krone, einen weiteren "schwarzen" Club im Heinrichwingertsweg und von 1945 bis 1950 im Oberwaldhaus.

Zu Beginn der 1950er Jahre wurden die Lincoln-Siedlung (ca. 588 Wohnungen) und die Jefferson-Siedlung (ca. 124 Wohnungen), kurz danach die St. Barbara-Siedlung, für die Angehörigen der Army errichtet. Beschlagnahmt waren auch viele Villen in der Villensiedlung zwischen Darmstadt und Eberstadt und in der Kernstadt. Mit der Fertigstellung der Siedlungen wurde die Beschlagnahme wieder beendet. In Eberstadt betraf es mindestens 63 Häuser, die "von der Besatzungsmacht belegt" waren, was wohl realistisch heißen müsste "besetzt". In der Carlo-Mierendorff-Straße waren es mindestens 6 Häuser, in der damaligen Darmstädter Straße mindestens 22, in der Straße Am Elfengrund mindestens 21, in der Karl-Ulrich-Straße mindestens 7, in der Von-Ketteler-Straße mindestens 1, in der Leo-Tolstoi-Straße mindestens 3 und im Löfflerweg ebenfalls mindestens 3 Häuser.

Auch in der Kernstadt gab es diese "Besetzungen", zum Beispiel in der Dieburger Straße mindestens 2 Häuser, im Heinrichwingertsweg mindestens 3, im Heinz-Heim-Weg mindestens 1, im Rodinghweg mindestens 6, im Rosenhöhweg 1 und im Voglerweg ebenfalls mindestens 1 Haus. In der Ludwigshöhstraße 146 und 147 wurden die Kasernen besetzt.

Das erste vollständige Adressbuch der Stadt Darmstadt von 1952 enthält den Eintrag "Amerikanische Dienststellen":

Auch das Adressbuch 1954/55 enthält den Eintrag "Amerikanische Dienststellen": Das Adressbuch 1956/57 enthält differenziertere Angaben zu "Amerikanischen Dienststellen": In Darmstädter US-Kasernen gab es offensichtlich auch Konflikte zwischen weißen und schwarzen Soldaten. "Der Spiegel" berichtete im Dezember 1967 von "schwarzen-feindlichen Vorkommnissen":
"In Darmstadt setzten sich 16 weiße Offiziere zu einer Rassen-Runde zusammen. Im Stil der negerfeindlichen US-Organisation Ku-Klux-Klan hüllten sich die US-Offiziere in weiße Laken, tafelten unter einem brennenden Kreuz und ließen sich von verängstigten Neger-Soldaten bedienen".

Hier erinnern wir daran, dass schon in den frühen 1960er Jahren Martin Luther King gegen den Rassismus in Amerika kämpfte! Mit welchen Erfolg fragt man sich.

1971 waren in Darmstadt etwa 5.000 US-Soldaten stationiert. Etwa 12 Prozent von ihnen hatten schwarze Hautfarbe. Offensichtich kam es 1971 erneut zu rassistischem Verhalten in US-Kasernen. Das Darmstädter Echo berichtete am 16. Oktober 1971 von einer Schlägerei in einer US-Kaserne Darmstadts. Hintergrund der Schlägerei war ganz wohl rassistisches Verhalten weißer Soldaten gegenüber ihren schwarzen Kameraden. Die Auseinandersetzung in Darmstadt fand sogar in den USA Resonanz. Der Beauftragte des amerikanischen Kongresses für Rassenfragen unternahm eine Informationsreise durch Europa und stellte danach fest, "dass die Benachteiligung der farbigen Soldaten in Deutschland größer sei als in den übrigen NATO-Ländern". Er hatte auch den Darmstädter Fall aufgegriffen.

1990 nutzte die US-Armee auf Darmstädter Gemarkung knapp 300 Hektar für Kasernen, Wohnsiedlungen und Übungsplätze. Es handelte sich um (in den Quellen finden sich teilweise unterschiedliche Größenangaben):

Nach Rückgang der Ost-West-Konfrontationen ab den 1990er Jahren stand auch eine Reduzierung bzw. ein Abzug der US-Soldaten aus Darmstadt auf der Tagesordnung, der sich in mehreren Schritten vollzog.

Mitte 1996 gab die US-Armee die Ernst-Ludwig-Kaserne an das Bundesvermögensamt zurück, allerdings nur 60 Prozent des Geländes, weil sie das "Performing Arts Center" (Abriss im Jahr 2011) noch behalten wollte.

Im Februar 1997 waren in Darmstadt noch etwa 2.400 US-Soldaten mit 4.400 Familienangehörigen stationiert und rund 1.000 US-Zivilangestellte beschäftigt. Ab September 1998 waren es nur noch etwa 4.650 Soldaten, Zivilangestellte und Familienangehörige.

Im Mai 1998 wurde die in der Kelly-Barracks stationierte 94. Luftabwehr-Artilleriebrigade, bestehend aus zwei Bataillonen mit jeweils 200 Soldaten, aufgelöst. Die Soldaten wurden auf andere Einheiten verteilt. Diese Einheit hatte 1991 am Golf-Krieg teilgenommen und war in Israel stationiert, um dort die Raketenangriffe des Irak abzuwehren - schrieb das Darmstädter Echo.

Im Frühjahr 2005 hat die Zeitung "Stars an Stripes" die eigene Druckerei auf dem August-Euler-Flugplatz aufgegeben. Dies bedeutete auch die Entlassung von 40 Mitarbeitern.

Im Jahr 2006 umfassten die in Hessen stationierten US-Streitkräfte 12.522 US-Soldaten mit 3.149 zivilem Gefolge. Zwei Jahre später waren in Hessen noch 2.841 US-Soldaten mit 982 zivilem Gefolge stationiert. Im April 2007 wurde bekannt, dass im nächsten Jahr 590 US-Soldaten und 1.260 Angehörige ihre Koffer packen und Darmstadt verlassen würden. Betroffen hiervon waren noch 550 US-amerikanische Zivilangestellte und 190 örtliche Mitarbeiter. Die Mitarbeiter des Heeresnachrichtendienst wurden nach Wiesbaden, das "Nordeuropa-Hauptquartier für tierärztliche Behandlung" nach Kaiserslautern verlegt, die Tierklinik in Griesheim geschlossen. Auch das Gesundheitszentrum und die Zahnklinik schlossen. In Darmstadt waren dann noch 690 US-Soldaten und 550 Zivilbeschäftigte verblieben.

Im August 2008 verließen alle US-Soldaten nach 63 Jahren die Stadt Darmstadt. Durch diese Veränderungen wurden Ende 2008 die von ihnen bislang genutzten Areale frei für andere Nutzungen.

Das Verhältnis der friedensbewegten Darmstädter zu ihren ehemaligen Befreiern war verständlicher Weise nicht immer spannungsfrei, besonders zu Zeiten der vielen Kriege, die die USA angeblich für Freiheit und Demokratie zum Beispiel gegen das vietnamesische Volk führte oder des Putsches gegen die demokratische gewählte Regierung Chiles im Jahr 1973.


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